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Die Komponistin Ursula Mamlok wird geboren "Meine Heimat ist die Musik“

Berlin, 1. Februar 1923. Ursula Mamlok wird geboren. Wobei, stimmt gar nicht. Geboren wird sie als Ursula Meyer. Zur Mamlok wird sie erst mit Mitte 20. Vorher heißt sie auch noch Lewy, nach ihrem Ziehvater. So viele Namen, und noch mehr verschiedene Lebenswege. Gezwungenermaßen.

Bildquelle: Mamlok-Stiftung/Simon Pauly

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Was heute geschah: 1. Februar 1923

Zur Welt kommt Ursula Mamlok in Berlin, dort geht sie zur Schule, was für ein jüdisches Kind irgendwann ein Graus ist. An einem 1. Februar, Ursulas Geburtstag, kommt der Vater mit entsetztem Gesicht in ihr Zimmer: "Das weiß ich noch heute, weil am Geburtstag lag ich immer im Bett mit einer Grippe als Kind, und der kam also, um nach mir zu sehen, und da sagt er, um Gottes willen, Hitler ist an die Macht gekommen.“

Neustart in Ecuador

Und es wird schlimmer und schlimmer. Auch für die junge Ursula. Erst muss sie die weiterführende Schule verlassen, ihren Kompositionsunterricht abbrechen. Sie findet Unterschlupf in einer Berufsschule, wo sie lernt zu bügeln und einen Haushalt zu führen, aber auch das wird ihr als jüdisches Kind bald verboten. Mutter und Ziehvater fliehen mit ihr nach Ecuador ins Exil. Ein Neuanfang. Und endlich wieder Musik und Kompositionsunterricht. Denkt sie. Denn so richtig weiter kommt sie in Ecuador nicht. Also bewirbt sie sich bei Konservatorien in den USA. Mit 17 erhält sie tatsächlich ein Stipendium und reist mit dem Schiff allein nach Amerika, New York. Um das Ticket zu finanzieren, verkauft Ursula ihr Klavier.

Musikalische Heimat in den USA

Ihr Weg führt sie zu Ernst Krenek, George Szell und Stefan Wolpe. In den USA findet sie ihre musikalische Heimat. Nach Deutschland zieht sie nichts. Jedenfalls nicht die nächsten 66 Jahre. Ursula Mamlok studiert Komposition in San Francisco, dann in New York an der renommierten Manhattan School of Music. Sie macht sich fünf Jahre jünger, weil sie sich mit 33 zu alt fühlt für einen Master. Und dann? Feiert sie einen Erfolg nach dem anderen.

Ohne Kinder, und das war meine Entscheidung. Heute tut’s mir leid, aber ich musste komponieren und da wusste ich, die Energie habe ich nicht.
Ursula Mamlok

Ursula Mamlok wird zu einer der wichtigsten Komponistinnen ihrer Zeit, und zur Professorin berufen. Sie komponiert an die 80 Stücke, für Orchester, Chor, Solo-Instrumente, Ensembles. Ihr Fokus liegt dabei auf komplexen rhythmischen Strukturen.

Rückkehr nach Berlin

Und dann, mit 83, zieht sie nach fast 70 Jahren doch wieder nach Berlin. In ihre neue alte Heimat? „Meine Heimat ist die Musik“ hat Mamlok in einem Interview mal gesagt. Und ihre Rückkehr nach Berlin hat auch ein Happy End, denn dort lernt sie - nach eigenen Aussagen - den "größten Oboisten der Welt" kennen: den Schweizer Heinz Holliger. Ursula Mamlok schickt Holliger eigene Kompositionen, die er auf Platte eingespielt hat.

Heinz Holliger ist jetzt ein Freund von mir geworden, das war eigentlich das Beste, was ich hier erlebt habe.
Ursula Mamlok

Was heute geschah

Unsere Reihe "Was heute geschah" zu bemerkenswerten Ereignissen der Musikgeschichte können Sie auch um 7:40 Uhr, um 13:30 Uhr und um 16:40 Uhr auf BR-KLASSIK im Radio hören. Weitere Folgen zum Nachhören finden Sie hier.

Sendung: "Allegro" am 1. Februar 2023 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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