Kopenhagen, 3. April 1869. Edvard Griegs Klavierkonzert in a-Moll erlebt seine Uraufführung. Das Werk wurde vom Publikum begeistert aufgenommen. Doch der Komponist selbst erlebte seinen großen Erfolg gar nicht mit: Vorsichtshalber war er in Oslo geblieben.
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Edward Grieg war mehr als glücklich – und ziemlich erstaunt. Bei einem Studienaufenthalt 1870 in Rom traf er seinen Freund und Förderer Franz Liszt – und legte ihm die Partitur seines im vergangenen Jahr uraufgeführten Klavierkonzerts vor. Liszt soll Grieg gefragt haben, ob er ihm das Werk vorspielen könne, worauf Edvard Grieg antwortete, er habe es nicht geübt. Daraufhin spielte Liszt Griegs Klavierkonzert a-Moll vom Blatt, nickte an den Stellen, die ihm besonders gut gefielen, und gab dem jungen Grieg Ratschläge zur Orchestrierung. Kurz vor dem Ende des dritten Satzes sprang Liszt begeistert auf, sang lauthals das Thema und rief: "G, G, nicht gis! Famos!"
Diese Wendung, dieser effektvolle harmonische Einfall ist nicht die einzige Finesse in Griegs Klavierkonzert. Der junge Komponist wollte einerseits der Volksmusik seiner Heimat Norwegen ein Denkmal setzen – und diese Volksmusik mit der Kunstmusik verbinden, die er während seines Studiums in Deutschland kennengelernt hatte. Schwarzbrot mit Austern und Kaviar, wie Grieg es selbst bezeichnet hatte.
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Khatia Buniatishvili plays Grieg's Piano Concerto
Tatsächlich verbindet Griegs Klavierkonzert nicht nur zahlreiche Einflüsse, es hat auch einige Väter und Mütter. Franz Liszt gehört dazu, auch der Pianist Edmund Neupert. Der gab Grieg Tipps beim Komponieren und hob das Werk auch am 3. April 1869 in Kopenhagen aus der Taufe. Auf dem Flügel von Anton Rubinstein, der zufällig gerade in Kopenhagen weilte. Im Gegensatz übrigens zum Komponisten selbst – Edward Grieg war in Oslo geblieben, ließ sich aber von Neupert vom überwältigenden Erfolg des Werks berichten.
Sie inspitierten Edvard Grieg zu seinem Klavierkonzert: Clara und Robert Schumann | Bildquelle: picture alliance / akg-images Zu den geistigen Eltern des Werks gehört aber auch das Ehepaar Schumann. Edvard Grieg studierte in Leipzig, 1858 hörte er dort Schumanns Klavierkonzert – mit Clara Schumann als Solistin. Dieser Abend hat einen bleibenden, nachhaltigen Eindruck beim jungen Grieg hinterlassen. Doch der von manchen Zeitgenossen erhobene Vorwurf, Griegs Opus 16 sei ein Abklatsch des Schumann'schen Konzerts, geht ins Leere. Allein schon deshalb, weil Griegs Klavierkonzert in kurzer Zeit zu einem der Grundsteine der norwegischen Musik, der europäischen Klavierliteratur überhaupt wird – und Grieg selbst zum Einfluss für zahlreiche Komponisten. Von Ravel bis hin zu Schostakowitsch, Bartók und – Gershwin, dessen "Rhapsody in Blue" manchmal deutlich an Griegs Klavierkonzert erinnert.
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