New York, 13. Dezember 1928: Bei der Uraufführung von George Gershwins "Amerikaner in Paris" in der Carnegie Hall übernimmt der Komponist persönlich den Klavierpart. Außerdem hat Gershwin für sein Werk extra vier verschieden tönende Pariser Taxihupen importieren lassen.
Bildquelle: picture alliance / akg
Das Kalenderblatt zum Nachhören
George Gershwins "Amerikaner in Paris" ist eine Skizze der Rush Hour auf der Champs Elysees, mit Motordröhnen und quäkenden Hupen: "Es ist meine Absicht, die Eindrücke eines amerikanischen Reisenden wiederzugeben, der durch Paris schlendert, den Straßenlärm hört und die französische Atmosphäre in sich aufnimmt", so der Komponist über sein Werk.
Als Tourist verbringt Gershwin zwei Monate in Paris. Er sitzt rauchend in Cafés, saugt die morbid-lüsterne Atmosphäre am Montmartre in sich auf, bestaunt den imposanten Eiffelturm. Das Stück ist trotzdem mehr als ein klingender Reiseführer: Es erzählt von Gershwins Heimweh nach New York.
Typisch amerikanische Rhythmen und Melodien ziehen sich wie ein roter Faden durch das Werk: Ein Ragtime porträtiert den Amerikaner. Ein Blues im Mittelteil steht im buchstäblichen Sinne für den Blues, den Gershwin in Paris schiebt, für seine Melancholie. Aber zum Glück trifft der Amerikaner auf einen Leidensgenossen und Landsmann. Die beiden pfeifen auf das Cancan-tanzende Paris mit einem lässig-coolen Charleston.
Die Uraufführung des "Amerikaner in Paris" durch die renommierten New Yorker Philharmoniker bedeutet für Gershwin eigentlich, dass er im Olymp der "Ernsten Musik" angekommen ist. Genau dort möchte der Uraufführungsdirigent und Auftraggeber des Werkes Walter Damrosch den 30-jährigen Gershwin etablieren. Der allerdings will weder ein zweiter Strawinsky noch ein zweiter Ravel werden. Gershwins Stärke liegt darin, den amerikanischen Lebensrhythmus aufzuspüren. Dazu braucht er nicht zwingend die New Yorker Philharmoniker, ihm genügt eine Jazz-Combo wie in seiner "Rhapsody in Blue".
Als Komponist etabliert sich Gershwin auch ohne Damrosch. Die neun Jahre Lebenszeit, die er nach dem "Amerikaner in Paris" noch vor sich hat, nutzt er, um am Broadway Karriere zu machen. Posthum erhält Gershwin 1952 einen Oscar für die Musik im Musical-Film "Ein Amerikaner in Paris".
YouTube-Vorschau - es werden keine Daten von YouTube geladen.
Gershwin: An American in Paris ∙ hr-Sinfonieorchester ∙ Andrés Orozco-Estrada
Unsere Reihe "Was heute geschah" zu bemerkenswerten Ereignissen der Musikgeschichte können Sie auch um 7:40 Uhr, um 12:30 Uhr und um 16:40 Uhr auf BR-KLASSIK im Radio hören. Weitere Folgen zum Nachhören finden Sie hier.
Sendung: "Allegro" am 13. Dezember 2023 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK
Kommentare (0)