Friedenau, 2. Oktober 1920: Max Bruch stirbt – einsam und verbittert. Dabei hatte seine Karriere als Komponist so vielversprechend begonnen. Aber auch als Mensch eckte Max Bruch immer wieder an.
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Verbittert, einsam und enttäuscht hat Max Bruch seine letzten Lebensjahre verbracht. Und warum? Weil man die Neudeutschen feiert: Wagner und Liszt. "Diese Kuhzünftler!", so nannte Bruch sie gerne. Doch es ist Fakt: Die moderneren Zeitgenossen stehen im Rampenlicht. "Die grauenhaften Produkte der Herren Richard Strauss, Reger und Konsorten!"
Neben ihnen wirkt Bruchs Musik anachronistisch, bürgerlich. Sicher, er kennt das. Die Kritiker hatten es ihm schon immer vorgeworfen. Doch zunächst gab ihm der Erfolg recht. Seine großen weltlichen Oratorien, die virtuose Schottische Fantasie, Kol Nidrei und die Violinkonzerte wurden aufgeführt – vor allem das erste Violinkonzert. Bis heute ist es eines der beliebtesten überhaupt. "Ein entsetzlich populär gewordenes Werk", jammerte Bruch später.
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Bruch: 1. Violinkonzert ∙ hr-Sinfonieorchester ∙ Hilary Hahn ∙ Andrés Orozco-Estrada
Der große Geiger und Widmungsträger Joseph Joachim hatte es aus der Taufe gehoben. Seine Schottische Fantasie widmet Bruch dann trotzdem Joachims Konkurrenten Pablo de Sarasate. Doch auch mit dem entzweit er sich. Die Uraufführung spielt wieder Joachim. Aber: "Ohne Pietät, sehr nervös und mit ganz ungenügender Technik", urteilt Bruch verärgert: "Er hat es sozusagen vernichtet."
Wozu noch länger Perlen vor die Säue werfen?
Nein, Max Bruch war nicht einfach. Wohl deshalb wechselte er ständig die Stelle und schied meist im Streit. Erst als er 1891 eine Professur für Komposition in Berlin erhält, bleibt er fast zwanzig Jahre an einem Ort. Man überhäuft ihn mit Ehrungen und verliert schließlich das Interesse an seiner Musik. "Wozu noch länger Perlen vor die Säue werfen?", fragt sich Bruch. Er bleibt sich treu. Einst war er Schüler von Ferdinand Hiller, und er steht zu seiner Verehrung für Mendelssohn und Brahms. Und er liebt volkstümliche Melodien – ob schottische, hebräische, schwedische oder deutsche. Die Moderne lockte ihn nicht. "Ich hatte eine Familie zu ernähren und für die Ausbildung meiner Kinder zu sorgen", war sich Bruch im Klaren. "Ich musste mit meinen Kompositionen Geld verdienen und war deshalb gezwungen, gefällige und leicht verständliche Werke zu schreiben."
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Sendung: "Allegro" am 2. Oktober 2020 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK