27. Januar 1945. Der Komponist Gideon Klein stirbt im KZ Fürstengrube. Er war ein Frühreifer, der seine eigentliche Reife nicht mehr erleben durfte. Als Jude in Theresienstadt interniert, wird er später nach Auschwitz deportiert. Wenige Stunden vor der Befreiung wird er von der SS erschossen.
Bildquelle: Wikimedia Commons
Der Beitrag zum Anhören
(Bild: Stolpersteine für Gideon Klein und seine Mutter)
Ein Wunderkind aus der mährischen Kleinstadt Prerov kommt 11-jährig nach Prag: Fotografisches Gedächtnis, absolutes Gehör, herausragende Tastenvirtuosität – Gideon Klein absolviert die Klavierklasse am Konservatorium als Meisterschüler. Anschließend studiert er an der Prager Karlsuniversität und bei Avantgardemeister Alois Haba, tritt als Pianist auf und tut als Komponist die ersten Schritte auf einem ganz eigenen Weg, irgendwo zwischen Schönberg und Janáček, Neoklassizismus und mährischer Folklore.
Mit dem Einmarsch von Hitlers Truppen in die sogenannte "Rest-Tschechei" enden alle Karriereträume: Die Ausreise zum Antritt eines Stipendiums an der Royal Academy of Music in London wird ihm verweigert; gleichzeitig ist ihm als Jude jeder öffentliche Auftritt verboten, 1941 wird Gideon Klein nach Theresienstadt deportiert. Die in dieser alten Festungsstadt internierten Musiker, Maler und Dichter organisieren trotz erbärmlichster Lebensumstände eine reiche kulturelle Szene – durchaus unterstützt von der Lagerleitung, die den propagandistischen Wert solcher Aktivitäten erkennt. Terezin wird zum Vorzeigeghetto der Nazis, das von den Vernichtungslagern ablenken soll. Eine ganze Generation junger, hochtalentierter tschechischer Komponisten trifft hier zusammen, darunter Pavel Haas, Hans Krása und Viktor Ullmann, der über den jüngeren Kollegen schreibt: "Gideon Klein ist zweifellos ein sehr bedeutendes Talent. Sein Stil ist der kühle, sachliche der neuen Jugend; man darf sich über diese merkwürdig frühe, stilsichere Abklärung wundern."
YouTube-Vorschau - es werden keine Daten von YouTube geladen.
Israeli Chamber Project | Gideon Klein: String Trio
Klein wird zur zentralen Persönlichkeit der musikalischen "Freizeitgestaltung" des Lagers; er konzertiert unermüdlich, unterrichtet und komponiert für die Theresienstädter Musiker. Bis Oktober 1944: Neun Tage nach Vollendung seines Streichtrios besteigt er mit vielen anderen Künstlern den Transport nach Auschwitz. Im Außenlager Fürstengrube hält er trotz schwerster Zwangsarbeit bis Kriegsende durch. Doch wenige Stunden vor der Befreiung wird Gideon Klein von abziehenden SS-Wachen erschossen, im Alter von 25 Jahren.
Unsere Reihe "Was heute geschah" zu bemerkenswerten Ereignissen der Musikgeschichte können Sie auch 7:40 Uhr und um 16:40 Uhr auf BR-KLASSIK im Radio hören. Weitere Folgen zum Nachhören finden Sie hier.
Sendung: "Allegro" am 27. Januar 2021 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK