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21. Juni 1824 - Franz Liszt debütiert in London "Master Liszt"

Das Publikum ist gespannt und verstummt, als der zwölfjährige Wunderknabe die Bühne betritt. "Master Liszts" erstes Konzert in London vor der gesamten Pianistenprominenz wird ein voller Erfolg - nicht nur wegen seines Spiels.

Bildquelle: picture-alliance/dpa

"Master Liszt"

Er soll ein Wunderkind aus Ungarn sein, tuscheln die Konzertbesucher. Und er soll auf einem neuen Wunderflügel aus Paris mit der modernsten Mechanik spielen. Das Londoner Publikum ist gespannt und verstummt, als ein schlanker, zwölfjähriger Junge die Bühne betritt: Franz Liszt - oder vielmehr "Master Liszt", wie er den Engländern vorgestellt wird: "Der unvergleichliche Master Liszt hat sich aufs Freundlichste dazu bereit erklärt, seine unnachahmliche Kunst auf dem von Sébastien Érard erfundenen und neu patentierten Grand Piano-Forte vorzuführen."

Perfektes Marketing

Das Londoner Debüt des jungen Liszt wird begleitet von einem perfekten Marketing - angezettelt von Pierre Érard, dem Neffen des Klavierbauers. Érard trägt die Kosten, Franz macht Werbung für Érards neue Instrumente. Der Saal ist voll. Die gesamte Pianistenprominenz ist vertreten: Clementi, Cramer, Ries und Kalkbrenner. Franz spielt erst ein Klavierkonzert von Hummel, dann improvisiert er über ein vom Publikum zugerufenes Thema.

Sie waren alle von dem jungen Liszt überrascht, der wirklich wunderbar spielte.
(Pierre Érard)

Das berichtet Pierre Érard später seinem Onkel. Auch Vater Adam Liszt ist zufrieden. Dieses eine Konzert hat der Familie mehr Geld eingebracht, als er selbst früher in dreieinhalb Jahren verdiente. Überschwänglich schreibt er an Franz' ehemaligen Klavierlehrer Carl Czerny: "Die Folgen von diesem Conzert waren nicht nur bedeutend für den Ruhm des Franzi, sondern auch in pecuniärer Hinsicht, denn wir bekamen Hals über Kopf zu thun."

In den folgenden Wochen tritt Liszt bei allen möglichen Abendgesellschaften auf. Jeder will ihn spielen hören - auch die königliche Familie. Franz wird mit Geld und Geschenken überhäuft. Kein Wunder, dass Vater und Sohn im nächsten Jahr wieder nach England reisen. Und Érard? Dank seiner neuen Repetitionsmechanik steigt er zum weltweit führenden Klavierbauern auf. Und Liszt, sein klingendes Aushängeschild, soll ihm ein Leben lang treu bleiben.

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