Keine Oper ohne Bühnenbild. Die Ideen der Bühnenbildner muss aber natürlich auch jemand umsetzen und diese jeden Tag neu aufbauen. Denn das Programm wird täglich gewechselt und die Bühne gleich nach der Vorstellung wieder abgebaut. Dafür sind die Bühnentechniker und Bühnenmeister zuständig. BR-KLASSIK hat Cristo Twele am Theater Regensburg einen Besuch abgestattet.
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Serie Opernberufe
Der Bühnenmeister
Sonntagmorgen, 10 Uhr. Am Rand der Regensburger Fußgängerzone und gleich gegenüber von einem belebten Straßencafé parkt ein großer LKW eng an der Hauswand des Theaters am Bismarckplatz. Gerade wird der Container ausgeräumt. Drinnen im Theater ist schon ein bedruckter Hintergrund mit Säulen wie in einem alten Ballsaal aufgestellt. Sonst ist die Bühne noch leer. An der Wand zur Laderampe lehnen Bühnenteile. Heute Abend wird hier Rossinis "La Cenerentola" zu sehen sein.
Cristo Twele, Bühnenmeister am Theater Regensburg | Bildquelle: Martin Bürkl Gerade hat Cristo Twele noch einen riesigen Leuchter aufgehängt und an die Lichttechnik angeschlossen. Während dieser am Seilzug hochfährt, kommt er die Sprossen herunter. Vor 20 Jahren war Twele einer der ersten, die die Ausbildung zum Veranstaltungstechniker abgeschlossen haben - im kleinen Theater in Amberg. "Als ich die Ausbildung angefangen habe, war ich ganz und gar nicht auf Theater fixiert und wollte eigentlich in den Rock’n’Roll-Bereich", erzählt Cristo Twele. "Dann habe ich aber relativ schnell festgestellt, dass Theater eine ganz eigene Welt ist, in der man viel mehr Möglichkeiten hat und wesentlich besser künstlerisch arbeiten kann, auch als Techniker. Nachdem ich zwei Wochen in der Ausbildung war, stand für mich fest: Ich bleibe am Theater, und alles andere ist für mich uninteressant."
Und er ist am Theater geblieben. Nach Amberg kam Fürth und dann das Theater Regensburg. Hinzugekommen sind auch noch zwei Meistertitel, einmal Bühne und einmal Beleuchtung. Seine Position nennt sich Bühneninspektor oder Abteilungsleiter Bühnentechnik. Was aber nicht heißt, dass Cristo Twele nur noch am Schreibtisch sitzt und von seinen 26 Kollegen alles aufbauen lässt. "Der Bühnenbildner kommt oft mit Konzepten zu uns, die wir dann umsetzen sollen", erklärt Twele, "da die Bühnenbildner aber die Häuser nicht kennen und die technischen Gegebenheiten der einzelnen Theater sehr unterschiedlich sind, müssen wir dann versuchen, das auf unsere Möglichkeiten anzupassen." Das 200 Jahre alte Theater Regensburg unterliegt nämlich strengen Denkmalschutzauflagen und auch der Brandschutz stellt an ein altes Haus ganz klare Anforderungen.
Doch zurück zu "La Cenerentola": Jetzt steht mitten auf der Bühne ein Notenpult. Darauf ein dicker Ordner mit genauen Zeichnungen, wie 80 Bodenplatten verlegt werden sollen. Gespielt wird nicht auf der schwarzen Drehbühne, sondern auf einer Scheibe aus verschiedenfarbigen Keilen. Nachdem alle angeschraubt sind, sieht der Boden aus wie ein Roulette-Tisch.
Bühnentechnik am Theater Regensburg | Bildquelle: Martin Bürkl Fünf Bühnenhandwerker nutzen die elektrischen Seilzüge oberhalb der Bühne als Kran, um Holzstreben zu einem Gebilde zusammenzubauen, das wie ein riesiger Ventilator auf Stelzen aussieht. Ein Teil muss exakt zum anderen passen. Cristo Twele freut sich auf das komplexe Bühnenbild von Dorit Lievenbrück: "Es ist optisch ein tolles Stück, weil es hat ja diesen Roulette-Boden, und dann obendrauf verschiedene Tore, die ineinander fahren. Es sieht einfach von vorne wahnsinnig phänomenal aus, wie eine Spieluhr."
Es ist schön, wenn man ein Bühnenbild hat, wo man wirklich zeigen kann, was unsere Bühnentechnik kann.
Die Mechanik funktioniert fehlerfrei und fast lautlos. Jetzt fehlen nur noch ein paar Vorhänge und kleine Requisiten, dann wird es Zeit für den Schichtwechsel. Die Aufführung wird von der nächsten Schicht betreut: ein Bühnenmeister, zwei Maschinisten - einer für alles Hängende, der andere für Drehbühne und Podien - und vier Handwerker für die fliegenden Umbauten.
Zumindest für Cristo Twele gilt: "Natürlich ist es schon so, dass ich lieber mehr zu tun habe als zu wenig. Denn es gibt nichts Schlimmeres, als wenn man einen Vier-Stunden-Abend hat und man ständig nur auf Bereitschaft sitzt und wartet, dass man wieder abbauen kann. Viele Umbauten hingegen sind für uns schöner, weil wir dann mehr in den Abend integriert sind." Und das kommt oft vor - gerade in der Oper, wo jeder Akt eine neue Ausstattung benötigt. Für diesen Stress und Arbeitszeiten, bei denen man entweder der Erste oder der Letzte am Theater ist, gibt es laut Tarif für die Fachkraft für Veranstaltungstechnik beim Einstieg knapp 1.800 Euro brutto; ein Bühnenmeister verdient rund 2.600 Euro.