Früher war er vor allem für die Gestaltung der Programmhefte zuständig, heute kommuniziert er in alle Richtungen: der Dramaturg. Er führt die Produktionsteams zusammen, Einführungsveranstaltungen und Publikumsgespräche sind wesentlicher Teil der Arbeit. Ein Besuch bei Rainer Karlitschek, Dramaturg an der Bayerischen Staatsoper.
Bildquelle: privat
Rainer Karlitschek, einer der fünf Dramaturgen an der Bayerischen Staatsoper, ist gerade mit Vorbereitungen für eine Produktion der Spielzeit 2016/2017 beschäftigt: Carl Maria von Webers "Oberon". Er hat den jungen österreichischen Regisseur Nikolaus Habjan, den Bühnenbildner Jakob Brossmann und den Dirigenten Ivor Bolton in sein Büro im Verwaltungstrakt am Marstallplatz eingeladen. Habjan und Brossmann kennen sich von verschiedenen Projekten her, es ist ihre erste Begegnung mit Ivor Bolton.
Charmant, unaufgeregt und souverän macht Rainer Karlitschek das zukünftige Produktionsteam von Webers "Oberon" miteinander bekannt. Wenn das erste Zusammentreffen so gelöst und entspannt abläuft wie hier, kann der Dramaturg schon mal davon ausgehen: Die Chemie stimmt. Und das ist die Grundvoraussetzung für jede Produktion. Bei "Oberon" ist Rainer Karlitschek der Produktionsdramaturg. "Man versucht im Vorfeld, die künstlerischen Teams so gut vorzubereiten, dass sie sich sicher fühlen", erläutert Karlitschek. "Wenn sie auf die Probe kommen und sagen können: Ja, ich bin in dem Stoff drin, ich kenne die Materie - in diesem Sinne versuche ich die Teams zu füttern. Es gibt die einen, die kommen weiter, wenn sie historische Abhandlungen lesen und noch fünf Aufsätze dazu. Es gibt aber andere, die wollen vielleicht lieber ein Gedicht - oder ein Buch oder einen Film - und lassen sich davon inspirieren und kommen damit weiter."
Auf was reagiert ein Regisseur, welche Fragen hat ein Dirigent - das ist ganz individuell und unterschiedlich zu lösen.
Rainer Karlitschek bei einer Einführungsveranstaltung | Bildquelle: privat Gespür für Situationen und viel Menschenkenntnis sind neben umfangreichem Wissen Grundvoraussetzungen für einen Dramaturgen. Früher stand vor allem die Gestaltung von Programmheften im Mittelpunkt. Inzwischen ist der Dramaturg Dialogpartner der Mitwirkenden bei der Erarbeitung der Interpretation und der Inszenierung. Vor allem ist aber die Kommunikation mit dem Publikum wichtig. Einführungsveranstaltungen vor den Vorstellungen, Publikums- und Künstlergespräche sind jetzt wesentlicher Teil der Arbeit. Der Beruf ist vielfältig und beinhaltet an ganz verschiedenen Orten unterschiedliche Aufgaben. Hohe Flexibilität ist unabdingbar, und die Arbeit oft auch am Abend und am Wochenende ist nicht gerade familienfreundlich.
"Wer glaubt, einen repräsentativen Job zu bekommen, der gut bezahlt ist, der sollte es am Theater nicht versuchen", sagt Karlitschek. "Aber ich glaube, wenn man sich durchhangelt, dann kann man schon wie ein Lehrer verdienen." Der Weg in die Operndramaturgie kann aus sehr unterschiedlichen Richtungen ans Ziel führen. Geisteswissenschaftliche Studienfächer sind jedoch eine ideale Voraussetzung: Rainer Karlitschek hat beispielsweise Theaterwissenschaft, Musikwissenschaft und Soziologie studiert.