Auch wenn sie oft schlecht sichtbar in einem schummrigen Graben vor der Bühne sitzen - sie sind unverzichtbar für das Gesamtkunstwerk Oper: Die Orchestermusiker. BR-KLASSIK hat ein Mitglied der Nürnberger Staatsphilharmonie bei der Arbeit begleitet.
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"Sie ist immer für mich da, darüber denke ich gar nicht mehr groß nach. Das ist wie eine Beziehung, die funktioniert." Wenn Ewald Laube derart ins Schwärmen gerät, dann geht es nicht etwa um eine Frau, sondern um seine Geige. Mit ihr im Arm sitzt Laube bei einer Probe auf der Bühne der Meistersingerhalle. Seit 37 Jahren sind er und sein Instrument unzertrennlich: So lange ist Ewald Laube schon Mitglied des Orchesters. "Der typische Tag eines Musikers besteht aus frühen Proben in denen ein neues Werk einstudiert wird und einer abendlichen Vorstellung aus dem laufenden Repertoire", erzählt Ewald Laube, "dazwischen findet das Leben statt."
Im Philharmonischen Konzert, für das in der Meistersingerhalle geprobt wird, stehen Werke von Antonín Dvorák auf dem Programm. Als Solist sitzt Florian Krumpöck am Klavier. Während er sich voll seinem Instrument hingeben darf, seiner Virtuosität Ausdruck verleihen kann, müssen sich die Orchestermusiker unterordnen: eins werden mit dem Gesamtklang, bei der Oper mit den Sängern auf der Bühne, beim Musical mit den Tänzern und den Sängern. Das ist ein Prozess, der Ewald Laube immer gefallen hat, sei es in der Oper oder im Konzert. Auch wenn er, wie die meisten seiner Kollegen, ab und an in andere Gefilde ausbricht: "Viele machen Kammermusik oder unterrichten teilweise auch. Ich glaube, das Ausüben beider Tätigkeiten hilft dabei, sich immer wieder mit Begeisterung in eine größere Gruppierung einordnen zu können."
Orchestermusiker leben im Wettbewerb.
Nicht nur das Musizieren im Kollektiv ist für den Orchestermusiker wichtig, sondern auch die Zusammenarbeit mit dem Dirigenten; bei der Staatsphilharmonie Nürnberg ist das Generalmusikdirektor Marcus Bosch. Ihn fasziniert immer wieder, was für verschiedene Typen in einem solchen Klangkörper zusammenkommen; einer der Musiker etwa macht gerade parallel seinen Doktor in Physik. Dabei sind gerade die ersten Jahre als Musiker eine harte Zeit. Nichts, was man einfach so nebenbei schultern kann, findet Marcus Bosch: "Orchestermusiker leben im Wettbewerb, von dem Moment an, wo man sich vielleicht für 'Jugend musiziert' entscheidet, bis zu dem Tag, an dem man die Stelle bekommt. Dann gibt es noch das Probejahr, und erst ab diesem Probejahr ist die Wettbewerbssituation ausgeschaltet." Wer einen Platz in einem A-Orchester wie der Staatsphilharmonie Nürnberg ergattert, startet mit einem Bruttogehalt von 3.200 Euro und kann sich im Lauf der Zeit verbessern, bis auf 4.500 Euro monatlich - wie Ewald Laube.
Ewald Laube, Orchestermusiker (Violine) | Bildquelle: © Ludwig Olah Auch nach 37 Jahren und kurz vor der Pensionierung ist Laube mit viel Hingabe bei der Sache. Schmunzeln muss er aber immer wieder über so manches musikalisches Déjà-vu. Viele Opern und Orchesterwerke liegen immer wieder auf seinem Notenständer: die "Meistersinger", die "Zauberflöte", Wagners "Ring" - trotzdem bleibt die Arbeit an den Stücken für ihn immer spannend: "Die Interpretation verändert sich permanent. Wir spielen die Werke heute anders als damals, da kommt immer etwas Neues dazu. Nächste Woche proben wir zum Beispiel den 'Rigoletto'. Vor 37 Jahren war das meine erste Oper, und dies ist jetzt bereits die vierte 'Rigoletto'-Inszenierung, bei der ich mitspiele."
Auf manches wird Ewald Laube gern verzichten im Ruhestand, etwa den Frack, die schwarz-weiße Berufskleidung. Eine Liebe wird ihm aber bleiben, und das hat er mit seinen Orchesterkollegen gemein: die Liebe zu seinem Instrument, in seinem Fall - zu seiner Violine.