Die Fußballweltmeisterschaft 1990 in Rom sorgte neben dem Sieg der deutschen National-Elf auch für einen neuen Klassik-Trend. Denn der Auftritt der Tenöre Luciano Pavarotti, Placido Domingo und José Carreras in den römischen Caracalla-Thermen sollte der Beginn einer ganzen Serie von Stadionkonzerten werden. Mit ungeahnten Folgen.
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Der Jubel am 7. Juli 1990, dem Konzertabend vor dem großen Finale der Fußballweltmeisterschaft in Rom, war überwältigend. So überwältigend, dass Luciano Pavarotti und seine Tenor-Kollegen Plácido Domingo und José Carreras sich zu einer ganzen Reihe von Zugaben hinreißen ließen. Sie wiederholten vor allem die beiden größten Hits des Abends: "O sole mio" und "Nessun dorma".
"Die drei Tenöre", ein einzigartiges Event? Nein, dachte ein paar hundert Kilometer entfernt von Rom der Mannheimer Konzertveranstalter Matthias Hoffmann. Er sollte zum Impresario der berühmten Sänger werden bei ihren Auftritten in Deutschland. Die Marke "Die drei Tenöre" war geboren. Im Münchner Olympiastadion gaben sie schließlich im August 1996 vor rund 65.000 Zuschauern einen Querschnitt aus beliebten Opern-, Operetten- und Musicalmelodien zum Besten, bis hin zum Volkslied "O sole mio".
Ein Millionen-Geschäft für Veranstalter Matthias Hoffmann, bei Eintrittspreisen bis zu 750 D-Mark, die zu geschätzten 25 Millionen DM Gesamteinnahmen führten. Das Schöne dabei: Für die urheberrechtlich geschützen Werke bezahlte Hoffmann als Impresario des "Guten, Wahren und Schönen" herrlich günstige 40.000 Mark Gebühren an die GEMA. Doch zu seiner Überraschung gab sich die "Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte" damit nicht zufrieden.
GEMA-Streit um die drei Tenöre Placido Domingo, Luciano Pavarotti und José Carreras. | Bildquelle: picture-alliance/dpa Nach Auffassung der GEMA hatte Hoffmann statt der ermäßigten Gebühr für "Ernste Musik" den vollen Tarif für Großveranstaltungen zu zahlen, die rein kommerzielle Absichten verfolgen. Ähnlich dem Betrag von 1,5 Millionen Mark, der für Massenveranstaltungen aus dem Popbereich angesetzt würde. Hoffmann widersprach natürlich der Forderung. Aber ein Jahr nach dem Stadion-Auftritt der "Drei Tenöre" am 7. Juli 1997 konnte der damalige GEMA-Präsident Reinhold Kreile mit großer Zufriedenheit feststellen: "Es ist genauso gekommen, wie ich vorausgesagt habe." Die für strittige Urheberrechtsfragen zuständige Schiedstelle beim Deutschen Patentamt in München hatte zugunsten der GEMA ein Urteil mit 25-seitiger Begründung gefällt. Darin hieß es unter anderem, der Auftritt der Tenöre sei deshalb nicht als Konzert nach dem Tarif der "Ernsten Musik" einzustufen, weil in solchen Veranstaltungen normalerweise der Gedanke des Musikgenusses und der Musikverbreitung im Vordergrund stehe.
Es ist eben ein Unterschied, ob 'O sole mio' im Stripteaselokal oder von den drei weltbesten Tenören gesungen wird.
Konzertveranstalter Matthias Hoffmann legte natürlich auch gegen das Urteil der Schiedstelle Widerspruch ein. Sein Anwalt Karl Petry teilte als Begründung mit: "Es ist eben ein Unterschied, ob 'O sole mio' im Stripteaselokal oder von den drei weltbesten Tenören gesungen wird. Aus den Kehlen von Pavarotti, Domingo und Carreras sind solche Lieder hohe Kunst, also E-Musik."
Doch auch das Landgericht Mannheim als nächst höhere Instanz spielte bei der Argumentation seitens der Konzertveranstalter der "Drei Tenöre" nicht mit. Die Richter stellten fest: "Der günstige GEMA-Tarif E für Ernste Musik sei nicht auf Großveranstaltungen wie das Konzert der "Drei Tenöre" mit Preisen von bis zu 750 Mark pro Eintrittskarte zugeschnitten."
Der vor Gericht unterlegene und zur Nachzahlung verurteilte Konzertveranstalter Matthias Hoffmann hatte zwischenzeitlich wegen seiner Stadien-Konzerte mit den "Drei Tenören" noch andere Probleme bekommen. Nämlich mit den Finanzbehörden, weil Hoffmann den Tenören als ausländischen Sängern keine Umsatzsteuer in Rechnung gestellt hatte. Erst Jahre später sollte er in dieser Angelegenheit vor dem Europäischen Gerichtshof Recht bekommen.