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Album der Woche - Joe Hisaishi in Vienna Ein Japaner in Wien

Er gilt als der John Williams Japans. Dass das Joe Hisaishi nicht ganz gerecht wird, zeigt das Album "Joe Hisaishi in Vienna". Mit den Wiener Symphonikern bringt der Meister selbst dort sein symphonisches Werk zum Klingen.

Der japanische Komponist Joe Hisaishi | Bildquelle: Omar Cruz

Bildquelle: Omar Cruz

Von Anfang an vibriert die Luft in der zweiten Sinfonie von Joe Hisaishi: Das Orchester steigt zwar nicht gleich voll ein, aber es ist der unbedingte Drang spürbar, mehr zu erzählen als nur große atmosphärische Klangflächen. Es ist von Beginn an klar: Diese Musik will definitiv nicht nur Soundtrack oder Hintergrund sein!

Hisaishi eifert großen Vorbildern nach

Immer wieder überlagern sich einzelne Stimmgruppen mit ihren perkussiven Melodielinien, spielen fast gegeneinander, hervorragend umgesetzt von den Wiener Symphonikern, die sehr präzise agieren. Ein engmaschiges Netz aus Melodien und Rhythmen baut sich auf. Und wenn dann doch mal alle Instrumentengruppen zusammenkommen – Streicher, Holz- und Blechbläser, das präsente Schlagwerk, dann explodiert die Musik förmlich:

Hisaishi kennt die großen musikalischen Vorbilder aus Klassik und Romantik, er fühlt sich mit Beethoven, Brahms oder Mahler verbunden, aber auch mit den Großen der neueren Minimal Music wie Steve Reich oder Philip Glass. Sogar das Komponierhäuschen von Gustav Mahler am Attersee hat er sich nachbauen lassen, es steht eine Stunde entfernt von Tokyo. Dort sitzt er dann, ganz auf sich zurückgeworfen, und arbeitet an seinen Kompositionen. Zwei abendfüllende Sinfonien sind dort schon entstanden.

Vor allem sein Bratschen-Konzert überzeugt

“New Classical" nennt Joe Hisashi selbst seinen Stil, und der ist vielfältig: Mal jazzig, dann wieder japanisch inspiriert, plötzlich klingt‘s lateinamerikanisch, dann schiebt das tiefe Blech wie bei Bruckner oder Mahler, oder es tanzen die Geigen und Holzbläser ganz leicht wie im Barock. Klingt nach einem großen und bunten Gemischtwarenladen, aber der ist sehr klar strukturiert und vielfarbig.

Das emotionale Highlight des neuen Albums von Joe Hisaishi ist aber das Viola-Konzert mit dem Titel "Viola Saga". Das gut 20-minütige Werk in zwei Sätzen beginnt mit einer zarten Solo-Sequenz des Solisten, die aber sofort Fahrt aufnimmt, wenn das Orchester einsteigt. Alle Bratscher dieser Welt mit Solo-Ambitionen werden glücklich sein, wenn sie dieses Werk zusammen mit einem Orchester spielen dürfen: Dramatik und weiche Momente halten sich die Waage, ebenso wie solistische und unisono-Passagen.

Der französische Bratscher Antoine Tamestit mit seinem warmen Klang als Solist lässt sich voll auf dieses Wechselspiel der Stimmungen und Rhythmen ein und weiß sich gleichzeitig elegant in den Orchesterklang der Wiener Symphoniker einzufügen. Gemeinsam präsentieren sie eine Musik voller Brüche, Irritationen und Überraschungen. Das fordert die Hörerinnen und Hörer heraus – und führt sie in Klangwelten, in denen sie vielleicht noch nie waren.

Infos zum Album

Joe Hisaishi in Vienna

Symphony No. 2
Viola Saga

Antoine Tamestit (Bratsche)
Wiener Symphoniker
Joe Hisaishi (Leitung)

Label: Deutsche Grammophon

Sendung: "Piazza" am 6. Juli ab 9:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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