Die Gattung Klavierquartett ist so ein bisschen ein Stiefkind der Kammermusik. Feste Ensembles gibt es kaum. Dabei ist die Literatur überreich. Wer das gut weiß, ist der polnische Pianist Krystian Zimerman. Er hegt eine stille Leidenschaft für das Klavierquartett und begann schon Anfang der 80er Jahre damit, Werke und Noten für die Besetzung zu sammeln. Inzwischen besitzt er hunderte davon. Zwei der schönsten Klavierquartette überhaupt hat Zimerman jetzt selbst produziert: das zweite und dritte Klavierquartett von Johannes Brahms.
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Der CD-Tipp zum Anhören
Krystian Zimerman gehört zu den großen Pianisten der Gegenwart – ein Star, der sich konsequent den Mechanismen des Musikgeschäfts entzieht. Mit Interviews ging er zurückhaltend um, Bühnenauftritte hat er nie inszeniert. Ein fantastischer Künstler ohne jeden Glamourfaktor. Dazu passt, dass er es wahrscheinlich mehr liebt, mit Freunden und Kolleginnen Kammermusik zu spielen, als solistisch zu glänzen und im Rampenlicht zu stehen. Dazu passt auch Zimermans herrlich unaufdringlicher, Kammermusikstil. Sein jüngstes Album mit dem zweiten und dritten Klavierquartett von Brahms bestätigt das ein weiteres Mal.
So wichtig der Klavierpart in den Brahms-Quartetten ist, so wenig sollte man das bemerken. Die Gefahr, die drei Streichinstrumente mit dem Steinway zuzudecken, ist beträchtlich und für einen Ausnahmepianisten vielleicht noch größer. Krystian Zimerman versteht sich konsequent als Teil des Ganzen, hält sich dynamisch vornehm zurück, lässt seinen beiden polnischen Partnerinnen Maria Nowak und Katarzyna Budnik sowie dem jungen japanischen Cellisten Yuya Okamoto klanglich allen Raum, den sie brauchen. So kann sich ein dynamisch perfekt austarierter Ensembleklang entwickeln. Nicht eine dieser 80 Minuten Musik wirkt überladen, bei Brahms keine Selbstverständlichkeit.
Der gestalterischen Intensität und der Freude am Musizieren tut das keinen Abbruch, im Gegenteil. Hier hat sich kein ad hoc-Ensemble zusammengetan, das mal eben Musik macht, hier haben sich vier gefunden, die hörbar von der gleichen Leidenschaft für gemeinsames Musizieren beseelt sind. Zimermans im Booklet formulierte Liebe besonders zur Kammermusik von Johannes Brahms sprüht aus jeder Note dieser wunderbar ausgeglichenen, entspannten und gleichzeitig tief berührenden Deutung. Die langsamen Sätze dieser beiden Quartette gehören zum Schönsten, was Brahms uns hinterlassen hat. Und diese Neueinspielung erinnert nachdrücklich daran.
Johannes Brahms:
Klavierquartett Nr. 2 A-Dur, op. 26
Klavierquartett Nr. 3 c-Moll, op. 60
Krystian Zimerman (Klavier)
Maria Nowak (Violine)
Katarzyna Budnik-Galazka (Violine)
Yuya Okamoto (Cello)
Label: Deutsche Grammophon
Sendung: "Piazza" am 12. April 2025 um 08:05 Uhr auf BR-KLASSIK
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