Runde Geburtstage und Gedenkjahre mögen vorbereitet werden. Das hat sich vermutlich Ammiel Bushakevitz gedacht mit Blick auf Franz Schubert. Denn im Jahr 2028 steht dessen 200. Todestag im Kalender. Den israelischen Pianisten kennt die internationale Musikwelt bisher vor allem als Pianisten an der Seite herausragender Sängerinnen und Sänger. Aber mit Blick auf das Schubertjahr hat sich Bushakevitz nicht nur fünf Liederalben mit dem Bariton Samuel Hasselhorn vorgenommen, sondern die Aufnahme aller Solowerke für Klavier. Nun ist die zweite CD mit dem Titel "Fantasies" erschienen.
Bildquelle: Hänssler Classic
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Das ist kein romantischer Schubert, den Ammiel Bushakevitz hörbar macht. Er spielt schnörkellos, präzise und recht grade heraus. Da wirkt nichts süßlich, bedeutungsschwanger oder verklärt, auch wenn der Albumtitel "Fantasies" das nahelegen mag. Eher mit der Musik von Haydn und Mozart im Nacken, also mit klassischer Perspektive, nähert sich der israelische Pianist hier Schuberts musikalischem Kosmos.
Ausgewählt für diese CD hat Ammiel Bushakevitz die Wanderer-Fantasie und die späte G-Dur-Sonate. Die groß angelegte Sonate bezeichnete der Komponistenkollege Robert Schumann in einer Tagebuchnotiz als "Fantasie", allerdings allein mit Blick auf den Charakter des Werks. Auch in der Erstausgabe trägt die Sonate den Titel "Fantasie". Der stammt aber vom Verleger, nicht von Schubert. Ammiel Bushakevitz thematisiert diese Frage zwar im Booklet, will sie für sich aber nicht final beantworten und lieber offen lassen. Er weist jedoch auf den "improvisatorischen Charakter" des ersten Satzes hin, der ungewöhnlich lang ist und fragend beginnt.
Bushakevitz spielt diesen Kopfsatz mit fein abgestuften Farben, agiert innerlich frei, aber doch streng im formalen Rahmen. Da fällt nichts auseinander. Linien lassen sich wunderbar nachvollziehen. Sein Spiel hört sich dabei trotz horrender spieltechnischer Anforderungen recht leicht und immer authentisch gestaltet an. Die vielen Erfahrungen, die Bushakevitz als Begleiter von Schubert-Liedern sammeln konnte, mögen hier sehr konstruktiv wirksam werden. Denn auch bei der Wanderer-Fantasie steht nie virtuoses Auftrumpfen im Vordergrund, sondern vor allem musikalischer Sinnzusammenhang, der mit natürlichem Atem gestaltet und zusammengefügt wird.
Ammiel Bushakevitz interpretiert Schubert auf einem modernen Konzertflügel. Auf diesem Instrument könnte man viele Details schärfer, kantiger, extremer hervorheben. Darum geht es Bushakevitz nicht. Er erinnert mit seinem Spiel eher an die Ausdrucksmöglichkeiten historischer Instrumente, mit seinem kernigen, niemals forcierten Anschlag vor allem aber an das Lied. Das ist modern, überzeugend und wunderschön!
Franz Schubert:
Wandererfantasie D.760
Klaviersonate G-Dur D. 894 "Sonate-Fantasie"
Ammiel Bushakevitz, Klavier
Label: Hänssler
Sendung: "Piazza" am 1. Februar 2025 ab 8:05 Uhr auf BR-KLASSIK
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