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Zum 175. Todestag Fanny Hensel – die stille Kämpferin

Musik als bloße Zierde – so haben es Vater und Bruder für Fanny Hensel vorgesehen. Typisch fürs 19. Jahrhundert. Die leidenschaftliche Musikerin fügt sich diesem Wunsch. Dennoch komponiert sie in insgesamt 41 Jahren mehr als 460 Werke. Und auch wenn ihre Stücke damals erst mal nur für den Hausgebrauch gedacht waren, sind sie heute unersetzlich. Ein Porträt.

Fanny Hensel, geborene Mendelssohn, Schwester von Felix Mendelssohn-Bartholdy | Bildquelle: picture-alliance / akg

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An einem Sonntag im Jahr 1844 in Berlin. In der Leipziger Straße Nummer 3 hat Fanny Hensel, geborene Mendelssohn, zu ihrer wöchentlichen Sonntagsmusik eingeladen. Das Programm hat sie selbst zusammengestellt: musikalische Raritäten und auch mal die ein oder andere Eigenkomposition. Die Mendelssohn'schen Sonntagsmusiken sind schon bekannt und auch an diesem Sonntag lässt sich wieder alles blicken, was Rang und Namen hat. Fanny Hensel schreibt ihrer Schwester Rebecca am 18. März 1844: "Vorigen Sonntag war auch bei uns die brillanteste Sonntagsmusik, die, glaube ich, noch jemals stattgefunden hat… sowohl was Ausführung als Publikum betraf. Wenn ich dir sage, dass 22 Equipagen auf dem Hof und Liszt und acht Prinzessinnen im Saal waren, wirst du mir die nähere Beschreibung des Glanzes in meiner Hütte wohl erlassen."

Trotz Kompositionsunterricht: eine Musikkarriere stand Fanny Mendelssohn nicht zu

Die Sonntagsmusiken der Familie Mendelssohn haben Tradition. Als Fanny gemeinsam mit ihrem Bruder Felix Klavier oder Kompositionsunterricht bekommen hat, boten sie die ideale Gelegenheit für die beiden, ihr Können zu zeigen. Dabei war von vornherein klar: Die Karriere als Komponist steht nur Felix Mendelssohn-Bartholdy zu und nicht seiner Schwester. 

Fanny Hensel reist nach Rom

Als schweigsam, still und zurückhaltend wird Fanny Hensel beschrieben. Keine Frau, die sich gegen die Wünsche ihrer Familie auflehnt. Und so ist es ein wahres Glück, dass sie mit gerade mal 17 Jahren ihren zukünftigen Mann Wilhelm Hensel kennenlernt. Er ist Maler und Illustrator in Berlin. Er unterstützt Fannys unauslöschliche Liebe zur Musik und nimmt sie mit auf seine nächste Reise nach Rom. Ein Jahr lang dauert der Aufenthalt – und die damals 35-jährige Fanny Hensel ist begeistert. Das weiß man dank ihrer Tagebücher, die auch Musikwissenschaftlerin Susanne Wosnitzka gelesen hat. Sie betont, dass die Reise nach Rom für Fanny Hensel ein Ausbruch aus der Enge des Berliner Mendelssohn-Hauses bedeutet hat. Ihr Bruder, der bedeutende Komponist Felix, reist durch Europa, sie hingegen bleibt in Berlin. So ist die Reise für sie ein wahrer Aufbruch, auf den sie sich gut vorbereitet hat: "Sie hat auch alles über Rom gelesen, kannte Goethes italienische Reise nahezu auswendig. Und hat dann auch die Lieblingsplätze abgeklappert, die er hatte."

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Fanny Mendelssohn: "Das Jahr", 12 Charakterstücke, Nr. 385 | Bildquelle: Playliszt (via YouTube)

Fanny Mendelssohn: "Das Jahr", 12 Charakterstücke, Nr. 385

Größtes Kompliment für Fanny Hensel von Komponist Charles Gounod

In Rom mischt Fanny Hensel ordentlich in der Musikszene mit. Sie wird zu musikalischen Zirkeln eingeladen, tritt in der Villa Medici auf. Und dann bekommt Fanny ein unvergessliches Kompliment. Ihr Musikerkollege Charles Gounod bezeichnet sie als "wahrer Komponist", erzählt Musikwissenschaftlerin Susanne Wosnitzka im Gespräch mit BR-KLASSIK: "Das war für sie unglaublich wichtig, dass sie ein Komponist ist und eben keine Komponistin, weil damals war das eben eine Herabstufung. Damals war der Mann das Nonplusultra und auf eine Ebene mit dem Mann gehoben zu werden, das war das höchste Kompliment, das man ner Frau zu der Zeit machen konnte."

Plötzliche Todesursache: Schlaganfall

Ganz beflügelt kehrt Fanny Hensel zurück nach Berlin. Komponiert sich ihre Musik von der Seele, immer mit dem Wissen, sie wohl nie zu veröffentlichen… bis ihr Bruder Felix schließlich doch zustimmt und sie einige ihrer Werke drucken lässt. Die Freude darüber währt aber nicht lang. Fanny Hensel erleidet während einer Probe für die wöchentliche Sonntagsmusik einen Schlaganfall, in der folgenden Nacht stirbt sie. Das war vor 175 Jahren: am 14. Mai 1847.

Sendung: "Piazza" am 14. Mai 2022 ab 8:05 Uhr auf BR-KLASSIK

Kommentare (2)

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Samstag, 14.Mai, 19:03 Uhr

Georg Meier

"unersetzlich"?

Die Stücke von Fanny Hensel haben sich -wie viele andere Musikwerke von Frauen und noch mehr von Männern- NICHT durchgesetzt. Ob das nun verdient ist oder nicht: da kann man sicherlich unterschiedlicher Meinung sein....aber das Faktum an sich ändert sich dadurch nicht.

Samstag, 14.Mai, 15:00 Uhr

Julia

Sie war aber trotzdem privilegiert

Man muss allerdings auch bedenken, dass Fanny durch ihre gesellschaftliche Stellung und vor allem durch ihre Sonntagsmusiken mehr Aufführungsmöglichkeiten (dadurch auch mehr Erfahrungen sammeln, wie man komponiert) und auch mehr Gäste (Kenner und Liebhaber) hatten als viele Neue Musik Komponisten heute.

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