BR-KLASSIK

Ein Musikvideo voller Spezialeffekte: Draußen gewittert's, in einer Kirche spielt Angela Metzger im Disco-Look Bachs berühmte Toccata d-Moll. Aber braucht Bachs Musik überhaupt so viel Show? Ein Gespräch mit der Konzertorganistin.

Bildquelle: BR/Philippe Matic-Arnauld des Lions

Angela Metzger (Orgel)

J.S. Bach: Toccata d-Moll BWV 565

BR-KLASSIK: Frau Metzger, Ihr Video zu Bachs Toccata d-Moll ist richtig cool geworden: Draußen gewittert es, drinnen sitzen Sie im Discolook an der Orgel. Wie hat das denn mit dem Gewitter funktioniert?

Angela Metzger: Das Gewitter ist tatsächlich durch die Post-Produktion entstanden. Sonst hätten wir nicht mit der Drohne fliegen können. Aber für den Effekt hat ein Gewitter natürlich die richtige Dramatik.

BR-KLASSIK: Die Toccata ist etwa drei Minuten lang, das Video entsprechend auch. Aber wie lang waren die Dreharbeiten?

Angela Metzger: Wir haben zwei Abende beziehungsweise zwei Nächte lang gedreht. Denn die Idee war ja, Kunstlicht zu verwenden. Die Kirche ist ausgeleuchtet, der Außenraum ist ausgeleuchtet. Der Drohnenflug fand während der Dämmerung statt. Das ist im Mai entsprechend spät. Der zweite Drehtag ging bis nachts um 3 Uhr. Um Mitternacht gab's eine Pause mit Chili und von 1.30 Uhr bis 3.30 Uhr waren dann die Nahaufnahmen an der Orgel dran.

Musikvideo von BR-KLASSIK Franken produziert

BR-KLASSIK: Produziert wurde das Video von BR-KLASSIK Franken. Die Kirche St. Gumbertus in Ansbach wurde in Lilatönen ausgeleuchtet, die Farbe findet sich auch in Ihrem Outfit im Discolook, Sie haben Glitzerstaub in den Haaren, dramatisches Make-up. Puristinnen und Puristen könnten jetzt einwenden: Das braucht es doch gar nicht, da reicht die Musik doch alleine. Warum war der Look so wichtig für das Video?

Angela Metzger: Die Idee des Videos ist, ein bekanntes Stück ansprechend zu präsentieren, um ein jüngeres Publikum zu erreichen. Und ich finde das für die Toccata sehr gelungen. Es ist viel Dramatik und Show. Der Raum lässt es auch wirklich zu, ihn mit Farbe zu füllen. Und warum soll man es nicht tun? Die Klassik darf auch sowas machen. Und zum Oberteil: Es ist eigentlich silbrig, es schimmert aber, je nachdem, wie man es anleuchtet.

BR-KLASSIK: Im Video sieht man auch Nebel. Aber der ist wie das Gewitter erst bei der Post-Produktion entstanden, oder?

Angela Metzger: Richtig, künstlicher Nebel darf nicht an die Pfeifen, denn er enthält Glycerin. Es können Rückstände bleiben, das Metall der Pfeifen könnte reagieren.

Angela Metzger spielt beim Musikfest ION

BR-KLASSIK: Das Video kommt pünktlich zum Auftakt des diesjährigen Musikfests ION in Nürnberg. Sie werden auch dabei sein und spielen ein Konzert in der Lorenzkirche. Das Motto ist "Bruckner", anlässlich seines 200. Geburtstags, aber auf dem Programm steht gar keine Musik von Anton Bruckner, wie kommt's?

Angela Metzger: Bruckner war zwar Organist, hat uns aber keine Werke für die Orgel hinterlassen, mit Ausnahme einer Skizze für Pedal. Und Johannes Schachtner hat ausgehend von dieser Pedalskizze für mich ein Werk komponiert. Es steht in der Mitte des Programms. Darum gesellen sich Werke von Komponisten, die Bruckner beeinflusst haben, also Franz Liszt und Richard Wagner, oder die Bruckner unterrichtet hat, nämlich Mathilde Kralik und Friedrich Klose.

BR-KLASSIK: Herzlichen Dank für das Gespräch.

Sendung: "Allegro" am 27. Juni 2024 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK