Das mag so manchen Klassikfan überrascht haben: Nur moderne und zeitgenössische Stücke standen im zweiten Durchgang im Fach Posaune beim ARD-Wettbewerb zur Auswahl. Sperrig, jazzy, sogar clownesk. Kein Problem für die jungen Posaunistinnen und Posaunisten.
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Ächzen, Dröhnen, Singen, Röhren – und sogar ein paar Clowns tauchen auf der Bühne auf. Der 2. Durchgang im Fach Posaune beim ARD-Musikwettbewerb ist etwas für Experimentierfreudige. Die ältesten Werke, die gespielt werden, sind aus den 40er Jahren des 20. Jahrhunderts. Ein Großteil ist zeitgenössisch. Interpretatorisch ist das eine Herausforderung. Der Italiener Rocco Rescigno etwa spielt einen "Monolog für Posaune" von Martin Lichtfuss, komponiert im Jahr 2011. Rescigno muss sein Instrument durch eine Partitur zwischen Geräusch und Ton steuern. Dabei führt das Instrument eine Unterhaltung mit sich selbst – mindestens zwei Stimmen sprechen da. Eine Art Comic-Vertonung. Die Stimmen werden lebendig.
Inspiration für solche Stücke sucht sich Rocco Rescingo auch außerhalb des Übungsraums: "Ich war auch gestern zum Beispiel in der Pinakothek der Moderne und habe mich inspirieren lassen von den neuen Sachen, die es da gibt", erzählt er nach seinem Vorspiel. Rocco Rescingo ist in einem kleinen Dorf in Norditalien aufgewachsen und fand über die örtliche Blaskappelle zur Posaune. Er studierte dann in Berlin, war Akademist bei den Berliner Philharmonikern und ist jetzt Soloposaunist bei den Duisburger Philharmonikern.
Doch auch die jüngeren Posaunisten und Posaunistinnen brauchen Gespür für die Gegenwart um hier im 2. Durchgang bestehen zu können. Polina Tarasenko aus der Ukraine hat dieses doppelte Gesicht der Posaune von Anfang an kennengelernt. Eigentlich habe sie im Jazz begonnen, erzählt sie. Sie spielte zunächst Schlagzeug in einer Kinderjazz-Gruppe, begann dann mit Posaune.
Mehr vom ARD-Wettbewerb? Die Flöten sind den Posaunen eine Nasenlänge voraus. Wer am Finale teilnimmt, steht schon fest. Hier erfahren Sie die Namen der Finalisten - und, wie sich die Teilnehmenden beim Auftragswerk geschlagen haben.
Gerade hat die 21-Jährige ihren Bachelor an der Musikhochschule in Hannover abgeschlossen. Als sie jung war, habe sie sich zunächst für eine klassische Karriere entschieden – auch weil es in ihrem Umfeld in Cherson bessere klassische Lehrer und mehr Schulen gegeben habe. "Aber manchmal überlege ich mir, ob ich nicht doch noch Jazz studieren sollte. Der ist ganz tief in meiner Kindheit verwurzelt", sagt Tarasenko.
Im 2. Durchgang des ARD-Wettbewerbs im Fach Posaune wurde auch zu Clownsperücken gegriffen. | Bildquelle: BR Neben dem Jazz ist die Posaune aber auch noch in einem völlig anderen Musikstil präsent: Dem Zirkus. Und so überraschten etwa Lucas Ounissi oder Ann-Catharina Strehmel mit Pappnasen, grünen Perücken oder glitzernden Schuhen. Sie spielten Luciano Berios "Sequenza V" für Posaune Solo. Ein theatrales Stück, in dem mal singend oder sprechend ein Clown gemimt wird. Trotz Zirkus-Einlage ging Ann-Catherina Strehmel an dieses Stück aber ganz gelassen heran: "Für mich war jetzt zum Beispiel das sehr moderne Stück eher komfortabel zu spielen, weil ich das schon öfter gespielt habe und da fühlt man sich dann einfach ein bisschen wohler."
Während für Rocco Rescigno und Ann-Catharina Strehmel nach dem zweiten Durchgang Schluss ist, hat es Polina Tarasenko ins Semifinale geschafft. Als einzige Frau übrigens. Neben sechs weiteren Teilnehmern wird sie am Dienstag, den 6. September, von 16 Uhr an, im Studio 1 im Münchner Funkhaus um den Einzug ins Finale musizieren. Helfen könnte ihr dabei die Auftragskomposition. Denn eine der Etüden, die Mike Svoboda für den Wettbewerb komponiert hat, trägt als Untertitel: "Quasi Bebop". Eine Steilvorlage für die Jazzerin in ihr.
Sendung: "Leporello" am 5. September ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK
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