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Armida Quartett Spass mit Mozart-Urtext von der App

2012 gewann das Berliner Armida Quartett beim Internationalen Musikwettbewerb der ARD. Die vier Streicher*innen haben alle 23 Quartette Mozarts neu aufgenommen. Ein Projekt mit dem Münchner Henle Verlag und dessen neuer Urtext-App.

Zu Gast beim Henle-Verlag: Das Armida Quartett | Bildquelle: Armida Quartett/Henle-Verlag

Bildquelle: Armida Quartett/Henle-Verlag

Der Musikverleger Wolf-Dieter Seiffert ruft in seinem Büro die von ihm mitentwickelte App des Münchner Henle-Verlages auf seinem I-Pad auf. Er klickt auf die Noten des Mozart-Quartetts KV 499. "Also, ich lade mir jetzt eine Stimme, zum Beispiel Violine 2", sagt er. Zusammen zu musizieren mit digitalen Noten sei ja schon länger ein Trend. Doch mit der App betrete man Neuland, fügt Seiffert hinzu.

Beweglich zwischen eigenem Part un dem der Anderen

"Jetzt springen wir mal kurz hin und her", begeistert sich Seiffert. "Sie können auf eine bestimmte Stelle drücken, wo sie gerade in der Probe sind und fragen: Was spielen da eigentlich die Anderen?" Eine faszinierende Beweglichkeit zwischen eigenem Part und dem der anderen tut sich auf - nicht nur das. Mit weiteren Klicks können musikwissenschafliche Kommentare zu einzelnen Stellen aufgerufen werden. Denn Urtext ist nicht gleich Urtext, sagt der 61-Jährige geschäftsführende Verlagsleiter. Wie der von den Musikern ausgelegt werde, sei Interpretationssache. Und dann erzählt er von einem musikwissenschaftlich umstrittenen Fall.

Statt Piano vermeintliches Forte

In Mozarts Streichquartett KV 499 wechseln manche Ensembles beim Übergang zum Durchführungsteil gerne ins Forte. Und durch die App könne man sich, so Seiffert, rasch darüber informieren, dass dieses Forte nicht von Mozart stammen kann, weil es im Autograph nicht in seiner Handschrift notiert ist. Ein Kopist oder Bearbeiter Mozarts müsse den Eintrag gemacht haben. Mozart habe die Stelle wahrscheinlich eher im Piano gedacht, wie die Passage zuvor.

Musikwissenschaftlicher Blick auf die Musik

Das Armida Quartett bei der Aufnahme | Bildquelle: Armida Quartett Bildquelle: Armida Quartett Genauso hat es jetzt das Armida Quartett für seine neue Mozart-Edition aufgenommen. Das Berliner Ensemble hat mit dem Henle Verlag für die Urtext-App zusammengearbeitet. "Unsere Funktion war die des musikalischen Beraters", sagt Johanna Stemmler zur Zusammenarbeit mit dem Musikwissenschaftler Seiffert. Neben der Ausseinandersetzung mit Bezeichnungen in der Dynamik habe das Armida Quartett sich zum Beispiel gefragt, welche Phrasierungen zur Zeit Mozarts instrumentaltechnisch möglich gewesen sein könnten. All dies im engen kontinuierlichen Diskurs mit dem Henle Verlag, der so auf seine Weise auf die neuen Mozartaufnahmen des Armida-Quartetts eingewirkt habe.

Variantenreicher, flexibler und deshalb näher an Mozarts Autograph

"Wir haben verschiedene mögliche Varianten aufgenommen", so Stemmler. Wolf Dieter Seiffert habe das abgehört und mit seinem Know-how eine aktualisierte Urtext-Version mit diversen Anmerkungen herausgebracht. Diese sei "sehr viel variantenreicher, sehr viel flexibler. Und deshalb kommt sie dem Mozart sehr viel näher." 

 In eine Marktlücke getroffen  

Die neue Mozart-Urtext-App des Henleverlags schafft Abhilfe, wo gedruckte Noten und digitale pdfs aus editorischer Sicht zwangsweise zu starr bleiben. Die Musizierenden können sich rasch für eine Spielversion entscheiden, diese aber auch ebenso schnell verwerfen, um eine andere zu wählen. Eine Marktlücke, sagt Verleger Seiffert, Jüngere Leute gingen immer mehr auf digitale Angebote. Und da habe man "genau das Richtige".                                                                  

Sendung: "Piazza" am 5. März 2022 ab 8:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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