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Nach den Angriffen in Israel Schockzustand an der Barenboim-Said Akademie

Es ist eine große Bewährungsprobe: Das Semester an der Barenboim-Said-Akademie beginnt in einer Woche. Von den knapp 80 Studierenden kommen 70 Prozent aus dem Nahen Osten – Israelis, Palästinenser, Syrer, Ägypter und Libanesen. Am Montag hat die "Student Union" zu einer Versammlung aufgerufen. Die Mehrheit ist gekommen.

Probe mit Studenten der Barenboim-Said Akademie | Bildquelle: Peter Adamik

Bildquelle: Peter Adamik

Am Montag gab es eine Versammlung der "Student Union Members". Direktorin Regula Rapp und Dekan Michael Barenboim haben den Rahmen für diese Veranstaltung gegeben: "Wir werden dies fortführen und selbstverständlich gehen wir auch in Einzelgespräche", so Regula Rapp. "Unsere Tür ist offen, das wissen unsere Studierenden. Hier kommen diejenigen, deren Familie und Freunde täglich betroffen sind und die unendliche Angst haben vor dem, was ist und kommen wird. Wir sind die Institution, in der sie sich hier treffen können und in der sie einen Raum haben, in dem sie sich auseinandersetzen können, in dem sie ihre Gefühle äußern können."

Ich würde sagen, im Moment werden wir ganz besonders gebraucht.
Regula Rapp, Direktorin der Barenboim-Said Akademie

Humanität, Gleichheit und Rücksicht aufeinander

Edward Said and Daniel Barenboim | Bildquelle: Fundación Barenboim-Said Edward Said und Daniel Barenboim, die Gründer der Akademie | Bildquelle: Fundación Barenboim-Said Michael Barenboim ist der Dekan der Akademie, die sein Vater zusammen mit Edward Said gegründet hatte – mit den Werten der Humanität, der Gleichheit, der Rücksicht aufeinander. Die Studierenden sollen hier die Konflikte der Heimat nicht vergessen, aber sie überbrücken. "Es sind ganz besondere Menschen, sie sind nämlich unendlich solidarisch miteinander, sie sind füreinander da, sie hören einander zu, sie reden miteinander und sind unterstützend füreinander da. Und ich glaube, sie sind das beste Beispiel dafür, dass es möglich ist, eine Alternative anbieten zu können zu dem, was wir in den Nachrichten sehen. Und ein besseres Zeichen als das Musikmachen zusammen in einem Streichquartett oder einem Orchester gibt es nicht. Wenn sie zusammenspielen, zeigen sie, dass es anders geht."

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Daniel Barenboim hat sein ganzes Leben für einen friedlichen Austausch zwischen Israelis und Palästinensern gekämpft. "Mit Schrecken und größtmöglicher Sorge verfolge ich die Situation in Israel", schreibt Barenboim auf der Website der Barenboim-Said-Akademie. Er sei bestürzt über dieses bisher unvorstellbare Ausmaß des Konflikts, der Tod und Zerstörung auf beiden Seiten bringe, was er aufs Heftigste verurteile.

Nur Utopie und Wunsch?

Aber ist das nicht angesichts der Tausenden von Toten ein Traum, eine Utopie, nur mehr ein Wusch? "Was wir hier machen, ist keine Träumerei. Sie spielen ja wirklich", sagt Michael Barenboim. Am Montag in einer Woche erlebt das Publikum im Pierre-Boulez-Saal in Berlin ein Orchester, zusammengesetzt aus Musikern aus dem Nahen Osten, aus Israel, aus Palästina, aus dem Iran, Ägypten und Libanon. "Sie spielen ein symphonisches Programm. Das ist Realität."

Konflikte schwinden nicht durchs Musizieren

Die Musik als allheilende Kraft? Sicher nicht. Psychologinnen und Mediatoren sollen in hoher Frequenz die Studierenden betreuen, denn die Konflikte verschwinden nicht, auch wenn man miteinander Mozart spielt. Natürlich gäbe es Animositäten. Doch Michael Barenboim gibt auch zu bedenken: "Ich habe auch Studierende gehört, die sagen: 'Ich kann heute mit niemanden sprechen, erst recht nicht mit jemanden aus einem anderen Land.' Das ist richtig. Aber dann ist es unsere Aufgabe zu sagen: Du machst jetzt das, wonach du dich fühlst. Wir müssen sie in dieser schwersten Krise unterstützen. Das ist nicht leicht. Trotzdem ist das die Utopie, an der wir festhalten. Dass die im Moment schwer zu erreichen ist, mit noch mehr Unterstützung und verstärktem Verständnis für die einzelnen Schicksale, das ist keine Frage."

Trotzdem ist das die Utopie, an der wir festhalten.
Michael Barenboim, Dekan der Barenboim-Said Akademie

Michael Barenboim ist besorgt, dass es für alle eine noch schwierigere Gefühlslage geben werde als eh schon. Trotzdem ist er überzeugt: "Je schlimmer die Situation wird, desto wichtiger ist es doch, dass wir spielen, dass wir uns zeigen und damit zeigen, dass es anders geht."

Sendung: "Allegro" am 13. Oktober 2023 um 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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