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Benjamin Appl im Interview "Ich habe das schönste Leben"

Der Bariton Benjamin Appl macht große Sprünge - von Franz Schubert zu Kurt Weill, von Klavierbegleitung zum Orchesterprojekt. Was seine Kunst mit der eines Malers zu tun hat und warum er überlegt eine Pop-Akademie in England zu besuchen.

Schubert Lieder with Orchestra
Benjamin Appl ©David Ruano | Bildquelle: BR/David Ruano

Bildquelle: BR/David Ruano

BR-KLASSIK: Benjamin Appl, Ihr neues Album mit dem Münchner Rundfunkorchester und Liedern von Franz Schubert erscheint jetzt. Ihr vorangegangenes heißt "Forbidden Fruit". Da geht es um den Apfel. Haben Sie eine Lieblings-Apfelsorte?

Benjamin Appl: Ich muss gestehen, dass ich eigentlich kein großer Apfel-Fan bin. Ich durfte lernen, in der Vorbereitung zu diesem Album, das die "Forbidden Fruit", die verbotene Frucht nicht nur Apfel war, sondern zuvor auch viele andere Früchte symbolisiert hat. Also da mag ich doch eine Feige zum Beispiel lieber.

Von Schubert-Liedern zu Popsongs

BR-KLASSIK: Stilistisch reisen Sie auf "Forbidden Fruit“ durch die Jahrhunderte - vom romantischen Lied bis zu Kurt Weill...

Benjamin Appl: Das ist eine Herausforderung. Und das macht auch einen auch anfechtbar. Da sind auch Lieder dabei, die von Marlene Dietrich gesungen wurden. Und da ist die Frage, versucht man, die Interpretin zu imitieren, in die Richtung zu gehen oder versucht man einen eigenen Weg zu finden? Oder versucht man es auch in der Art und Weise zu singen, wie man ein Kunstlied singt? Und da ist jeder Abend, an dem ich dieses Programm live aufführe, dann auch unterschiedlich. Aber wir wissen auch nicht, wie ein Michael Vogel zu Schuberts Zeiten das Lied gesungen hat. Also wir müssen uns davon auch loszusagen und unsere eigene Interpretation dieser Lieder finden. Ich habe mir jetzt zum Beispiel auch gedacht, dass ich in London in einer der besten Schulen für Popsänger ein paar Gesamtstunden nehme.

BR-KLASSIK: Warum das?

Benjamin Appl: Dieser Aspekt hat weniger was mit Crossover zu tun, sondern wirklich einfach um an meiner Stimme zu arbeiten, in alle Arten, in alle Richtungen, um eine bessere, größere Bandbreite zu haben, sich ausdrücken zu können.

BR-KLASSIK: Vom Kunstlied auf "Forbidden Fruit" sind Sie dann den Schritt zu einem großen Projekt mit dem Münchner Rundfunkorchester gegangen. Wie funktioniert das stimmlich?

Schubert Lieder with Orchestra - Oscar Jockel - Benjamin Appl
Oscar Jockel © Andreas Mangold | Bildquelle: BR Benjamin Appl bei den Aufnahmen im BR-Studio. | Bildquelle: BR Benjamin Appl: Eigentlich kann man das am besten mit einer Metapher ausdrücken: Kunstlied mit Klavier ist für mich häufig wie ein Maler, der ein kleines Aquarellbild malt, der sehr feine Pinsel benutzt und der in sehr pastelligen Tönen malt. Mit Orchester zu singen, genauso wie auf der Opernbühne ist eher ein Maler, der ganz große Leinwände vor sich hat, mit kräftigen Ölfarben und großen Pinseln mal. Das ist vergleichbar. Man benutzt die gleiche Ressource, also der Maler ist der gleiche, der Sänger ist der gleiche, die die Stimme ist die gleiche, die Emotionen bleiben mehr oder weniger die gleichen. Also ich versuche dann nicht mit einer anderen Stimme zu singen, sondern das ist vielleicht eine andere Einstellung, eine andere geistige Vorgehensweise des Singens. Da, glaube ich, ist der Unterschied.

Ich hätte lieber Schubert selbst kennengelernt.
Benjamin Appl

BR-KLASSIK: Hätten Sie gerne einen Michael Vogel kennengelernt, der eben Schubert anno dazumal gesungen hat?

Benjamin Appl: Ich hätte lieber den Schubert selbst kennengelernt, muss ich gestehen.

BR-KLASSIK: Und was würden Sie Schubert fragen?

Benjamin Appl: Die Antwort ist eigentlich eine Atmosphäre. In diesen Begegnungen sind es oft nicht einzelne Worte, einzelne Sätze, sondern es ist diese Atmosphäre, die man einfängt, die einen umhüllt, die spannend ist, die einen formt. Und das würde ich auch wahrscheinlich sagen von einer Begegnung mit Schubert.

Es ist dieses Zusammensein vielleicht im Heurigenlokal, ihn kennenzulernen, welch ein Kauz er war, wie er reagiert, wie er dasitzt, wie er komponiert, wie er aufgeht, vielleicht auch, während er seine Musik spielt oder hört. Das sind wohl diese Momente, die ich als sehr kostbar empfinden würde.

BR-KLASSIK: Wie bereiten Sie sich auf so eine Aufnahme vor?

Benjamin Appl: Die Vorarbeit ist wie eine Hausarbeit in der Schule, also wirklich auch einzutauchen in die Noten, in die Musik, in die Harmonie. Wir müssen diese Hausarbeit machen, aber letztendlich in der Aufführung oder bei der Aufnahme fokussiere ich mich auf meine eigenen Erfahrungen auf die Erlebnisse des Tages gut wie wie negativ, die eine Interpretation am Tag beeinflussen und verändern.

Verschiedene Wege zur Interpretation

BR-KLASSIK: Als Künstler ist man da ja dann mehrmals am Scheideweg sozusagen. Sie beschäftigen sich mit dem Werk, aber Sie haben ja auch noch ihr eigenes Leben zu stemmen. Also Wie kriegt man das alles unter einen Hut, die vielen Wege, die einem das Leben und die Musik zeigen?

Benjamin Appl: Das ist das spannende am Lied und das ist es auch, warum ich das Lied so sehr liebe. Ich stelle mir immer ein Dreieck vor. Am einen Eck ist die Aussage des Textdichters. Der Text, der am Anfang stand. Dann kommt der Komponist, der sich von diesem Text inspiriert fühlte und der den Text in Musik fasste, andere Emotionen hineinbringt. Und dann kommen wir als Interpreten am dritten Eck. Wir bewegen uns ständig in diesem Dreieck, und wir können vielleicht zwei Ecken näherkommen und entfernen uns dann gleichzeitig von einem. Und es endet dann jedes mal ganz woanders. Das ist auch das schöne, worum es so viele Aufnahmen, so viele verschiedene Interpretationen gibt und warum sich manche Menschen im Publikum eher zu diesem oder zu jenem Künstler hingezogen fühlen. Da gibt es eben ganz unterschiedliche Wege. Und die sind nicht falsch oder richtig, sondern sie berühren uns mehr oder weniger.

BR-KLASSIK: Wir haben mit der verbotenen Frucht begonnen. Wir werden mit der verbotenen Frucht enden, also dem Süßlichen am Leben. Was bedeutet für Sie Lebenssüße oder Dolce Vita?

Benjamin Appl: Die große Herausforderung ist, im Moment zu leben. Wir arbeiten immer auf ein nächstes Projekt zu. Wir bereiten uns vor, auf das nächste Konzert, auf die nächste Opernaufführung. Und dann ist diese Aufführung und dieser Moment ist das Gefühl. Zwei, drei Sekunden. Es ist wie eine Konservendose, wo alles ganz zusammengepresst wird. Und dann gehen wir von der Bühne und denken schon wieder ans nächste. Ich habe das schönste Leben. Ich will mit niemandem tauschen. Das sage ich immer, weil ich wirklich sehr, sehr dankbar bin für das, was ich machen darf. Aber diese Süße, das Leben im Moment zu leben, zu genießen, das ist etwas, wo ich momentan sehr auf der Suche bin. Und davon kann man dann oft nicht genug haben.

Sendung: "Leporello" am 06. Oktober 2023 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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Samstag, 07.Oktober, 21:36 Uhr

Zdenek Hölke

Benjamin Appl BR Interview

Ich habe Benjamin Appl bisher nur einmal erlebt. Auch bei diesem Abend "Heinrich Heine in Paris " geht er eigene Wege. Die Idee so einen Abend zu gestalten hat mich interessiert und es hat sich gelohnt. Leider bot die Bühnegestaltung des Potsdamer Nikolai Saal (wo ich auch zum ersten Mal war) kein schönes Bild. Im Vergleich zu seinen CD Aufnahmen verstand man auch die gesungenen Texte nicht gut . Akustik? Wie auch, ich konnte mich aber von seiner Bühnenpräsenz überzeugen und freue mich auf seine nächste Auftritte in Berlin. Daß ihn seine künstlerische Tätigkeit erfüllt und glücklich macht glaube ich. Er nutzt seine Gabe auf besondere Art und Weise. Danke!

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