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Geigerin Christa Zecherle Pionierin im BRSO

1960 hat das BRSO mit Christa Zecherle die dritte Frau in seinen Reihen aufgenommen. 64 Jahre später sind wir mit der Geschlechterverteilung in deutschen Berufsorchestern glücklicherweise schon weiter – wenn auch nicht am Ziel.

Christa Zecherle | Bildquelle: BR

Bildquelle: BR

Man muss schon genau hinschauen, um in einer Konzertaufnahme aus den 1970ern Christa Zecherle zu erkennen. Aber ja, da sitzt sie inmitten der ersten Geigen, am zweiten Pult in schicker Konzertkleidung, den Blick konzentriert auf die Noten geheftet. Dvořáks 9. Sinfonie spielt das BRSO in dieser Archivaufnahme unter der Leitung von Rafael Kubelik. Ein Dirigent, den Christa Zecherle auch noch heute in bester Erinnerung hat: "Wir haben auf der Stuhlkante gesessen! Er kam mit ausgebreiteten Armen und hat uns begrüßt und gleich gesagt: 'Kinder, ich will mit euch ins Feuer.' Nicht durchs Feuer, sondern ins Feuer, hat er gesagt."

Geigerin Christa Zecherle ist 1960 die dritte Frau im BRSO

Während es noch dauert, bis Frauen am Dirigierpult den Taktstock übernehmen, ist Christa Zecherle die dritte Musikerin im BRSO. Die vielen Männer um sie herum ist sie schon gewohnt. Zuvor ist sie Konzertmeisterin in Saarbrücken - als einzige Frau im Orchester. Dort muss das Orchester erst einmal einen Antrag beim Kultusministerium stellen, damit sie als Frau überhaupt aufgenommen werden darf. Beim BRSO darf sie nur vorspielen, weil ihr Professor einen guten Draht zum damaligen Chefdirigenten Eugen Jochum hat. Das Probespiel gewinnt sie mit Bravour, ab 1960 spielt sie in den ersten Geigen – und muss sich da erstmal behaupten: "Nach ein paar Wochen, als ich da schon angestellt war, kam ein Kollege zu mir und sagte, es bedrücke ihn was. Er hätte damals gegen mich gestimmt." Spielerisch hätte Christa Zecherle ihn überzeugt, aber er möge die "Weiberleut" nicht im Orchester. Christa Zecherle nimmt's gelassen und freut sich, dass er überhaupt den Mut hat, das zuzugeben.

Frauenanteil im BRSO heute bei 35 Prozent

Christa Zecherle im BRSO | Bildquelle: picture alliance / Keystone / Röhnert Christa Zecherle war 1960 die dritte Frau im Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks. Heute gibt es im BRSO einen Frauenanteil von 35%. | Bildquelle: picture alliance / Keystone / Röhnert Es dauert noch Jahrzehnte, bis die Männerdomäne in Orchestern durchbrochen wird und Frauen an den Pulten sitzen. Christa Zecherle hat damals ihren Umgang mit dem ungleichen Geschlechterverhältnis im Orchester gefunden. Und sie hat den ersten Stein dafür gelegt, dass Frauen selbstverständlich im Orchester spielen. Heute gibt es im BRSO einen Frauenanteil von 35 Prozent. Damit liegt das Orchester unter der 2021 ermittelten Geschlechterverteilung in deutschen Berufsorchestern (ca. 40 Prozent). Es gibt also noch viel zu tun. Dabei liegt die Verantwortung nicht nur bei den Orchestern, eine gute Atmosphäre für verschiedene Bedürfnisse zu schaffen, sondern auch bei der Frühförderung und der musikalischen Bildung.

Frauen in der Klassik: Es tut sich was

Vor 50 Jahren saßen nur wenige Musikerinnen in Orchestern, kaum ein Konzert wurde von einer Dirigentin geleitet. Werke von Komponistinnen auf den Programmen? Fehlanzeige. Seitdem hat sich viel getan. Trotzdem sind Frauen in der Klassikwelt immer noch unterrepräsentiert, zeigen Studien. Vor allem in bestimmten Positionen. Lesen Sie hier den Artikel.

Deutsche Berufsorchester: Frauenanteil hängt von Stimmgruppe ab

Eine Umfrage des Musikinformationszentrums aus dem Jahr 2020 zeigt, dass die Geschlechterverteilung in deutschen Berufsorchestern nach Stimmgruppe variiert und in bestimmten Instrumentengruppen Frauen gut vertreten sind. In den hohen Streichern liegt der Frauenanteil bei über 50 Prozent, in den tieferen Streicherregistern werden es immer weniger. In der Bassgruppe liegt der Frauenanteil bei 15 Prozent unter den 129 befragten Orchestern. Eine deutliche Ungleichheit bezüglich des Geschlechterverhältnisses ist bei den Blasinstrumenten zu erkennen, vor allem bei den Blechbläsern. Trompeten-, Posaunen und Tubastellen werden nur zu 5 Prozent von Frauen belegt. Auf der anderen Seite sind von 126 Harfenist:innen nur acht männlich. Hier liegt ein umgekehrtes Geschlechterungleichverhältnis vor. Es zeigt sich also, dass bestimmte Instrumentengruppen immer noch spezifisch konnotiert sind und sie eher bei Männern beziehungsweise im Falle der Harfe bei Frauen Anklang finden. Dennoch ist die Orchesterlandschaft auf einem guten Weg.

Sendung: "Allegro" am 8. März 2024 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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