Das Danish String Quartet hat eine Leidenschaft für traditionelle Volksmusik aus dem Norden. Für ihr aktuelles Album "Keel Road" haben sie Lieder aus Skandinavien, Irland und England für Streichquartett bearbeitet und eingespielt. Bratschist Asbjørn Nørgaard erzählt im BR-KLASSIK-Interview, wie dabei auch mal ungewöhnliche Instrumente zum Einsatz kommen.
Bildquelle: © Marco Borggreve
BR-KLASSIK: Ihr jüngstes Album heißt "Keel Road". Ist das eine traditionelle Route, oder was ist das eigentlich?
Asbjørn Nørgaard: Grundlage ist der Kiel als traditioneller Bestandteil eines Schiffes. Meereswege waren früher ja sowas wie die Autobahnen von früher – man stieg ins Boot und segelte los, um sich auszutauschen. Also die „Keel Road“ ist wie ein Mix aus all den Routen und Plätzen, aus Traditionen und Farben, die wir auf dem Album haben wollten.
BR-KLASSIK: Für das Album sind Sie aber nicht extra mit dem Boot gefahren. Oder doch?
Asbjørn Nørgaard: Wir waren fast überall in Nordeuropa und immer mal wieder auf Booten. Es war aber nicht so, dass wir die Reise aus historischer Sicht im Schiff zurückgelegt haben. Vor Ort waren wir schon, denn wenn man wissen will, wie diese Stücke klingen, muss man sich das vor Ort anhören. In Irland etwa in einem Pub sitzen und einfach zuhören. Es sind viele Traditionsrichtungen, die jetzt nicht ur-dänisch sind, aber doch Melodien, mit denen wir uns seit langem gut auskennen.
BR-KLASSIK: Wie haben Sie die Stücke für das Album ausgesucht?
Asbjørn Nørgaard: Wir sind gut vernetzt in der nordeuropäischen Folk-Szene, sind oft auf Festivals und tauschen uns mit anderen Ensembles aus. Und überall, wo wir sind, machen wir uns eine Notiz, wenn uns was gefällt, damit wir dem später nachgehen können. Und dann gibt’s ja auch die vielen Melodie-Sammlungen vor Ort in jedem Land. Da ist mittlerweile ganz schön was zusammengekommen, wir mussten aus über 100 Melodien einige aussuchen für das Album. Und alle sind sie wunderbar, also das Schöne ist, dass da noch viel zu entdecken ist.
BR-KLASSIK: Es gibt ein Video zum Stück „Once a shoemaker“ in einem historisch anmutenden Atelier, mit alten Werkzeugen und Garn, und Leder. Spielt sich diese Musik da anders als in einem Studio?
Asbjørn Nørgaard: Definitiv. Für dieses Stück haben wir eine kleine Werkstatt im Industriegebiet von Kopenhagen gefunden, eher zufällig. Da arbeitet ein alter Mann noch ganz traditionell. Und es war so schön, wir haben dort auch unsere Release-Party gefeiert vor einer Woche, eine tolle Stimmung und sicherlich eine besondere Atmosphäre für diese Art Musik, anders als im Konzertsaal oder im Studio.
BR-KLASSIK: Sie spielen auch auf traditionellen Instrumenten – was können die?
Asbjørn Nørgaard, Bratschist beim Danish String Quartet | Bildquelle: Alescha Birkenholz Asbjørn Nørgaard: Der englische Name dafür ist „Clock-Fiddle“, und im Dänischen heißt es wörtlich übersetzt: „Holzschuh-Geige“ – ein ganz besonderes Instrument, das in Norddeutschland, Dänemark, vor allem aber in Schweden sehr populär war. Und es ist tatsächlich eine Art Holzschuh, auf den die Mechanik einer Geige gebaut wird. Ein Instrument, das in einem Umfeld entstand, in dem man eben nicht einfach so Zugang zu tollen italienischen Geigen hatte. Und es hat einen sehr überschaubaren Klangraum, man kann nicht besonders viel Kraft in die Saiten legen. Aber es hat einen wundervollen Klang. Und vor allem atmet diese Geige einfach die Geschichte, dass Menschen Musik machen wollten und einfach was gebaut haben, mit dem, was sie um sich rum so gefunden haben. Und es ist toll, dass wir das auch einem größeren Publikum zeigen zu können.
Danish String Quartet – "Keel Road"
Traditionelle Volksmusik aus Skandinavien, Irland und England
Danish String Quartet
Label: ECM
Lesen Sie hier den Artikel zum "Album der Woche".
Sendung: "Allegro" am 5. September 2024 ab 6.05 Uhr auf BR-KLASSIK
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