Sie hat eine Million Euro gesammelt, damit zum 150. Geburtstag der Festspiele im kommenden Jahr doch noch Richard Wagners populäre Werke "Tannhäuser" und "Lohengrin" aufgeführt werden können. Doch die finanzstarke Gesellschaft der Freunde von Bayreuth fühlt sich von Festspielchefin Katharina Wagner auf ruppige Art und Weise missverstanden.
Bildquelle: dpa-Bildfunk/Daniel Karmann
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Die Pläne waren großartig, doch letztlich nicht zu bezahlen: Eigentlich wollten die Bayreuther Festspiele zum halbrunden Jubiläum im kommenden Jahr alle zehn Wagner-Opern aufführen, die auf dem Grünen Hügel üblicherweise zur Auswahl stehen, ergänzt um das Frühwerk "Rienzi", das sonst nie zu sehen ist. Doch dieses Mammutprogramm erwies sich als zu ehrgeizig, wie sich Anfang Dezember letzten Jahres herausstellte. Katharina Wagner begründete das gegenüber dem BR jetzt so: "Wir haben uns gesagt, das Jubiläumsjahr 2026 kostet soundso viel, wenn wir da auf unsere Rücklagen zurückgreifen, brauchen wir eine verbindliche Zusage der Gesellschafter der Festspiele, dass die künftigen Tarifsteigerungen übernommen werden, denn bisher haben wir die aus dem eigenen Haushalt getragen. Das können wir nicht mehr, weil wir dann ab 2028 nicht mehr spielen könnten. Nachdem aktuell keine Zusagen (u. a. von Bund und Land) gegeben werden konnten, sind wir lieber vorsichtig und sorgen mittelfristig für die Spielsicherheit bei den Festspielen und hauen die Rücklagen nicht für die Jubiläumspielzeit auf den Kopf. Das ist ja ein logisches Vorgehen."
Folglich wurde erheblich gekürzt, und zwar, Katharina Wagner zufolge, sehr transparent und nachvollziehbar: "Wir haben den Spielplan, der auch gemeinschaftlich im Verwaltungsrat diskutiert wurde, nach dramaturgischen Kriterien gekürzt, nicht nach dem Zufallsprinzip. Der 'Fliegende Holländer' ist das erste Werk seines Schaffens, das Richard Wagner im Festspielhaus hören wollte. Der 'Parsifal' wurde eigens für das Haus komponiert. Mit dem 'Ring des Nibelungen' wurde das Haus eröffnet. Das hat eine gewisse Dramaturgie."
Daher zeigt sich Katharina Wagner befremdet, dass der Freundeskreis mit seiner Extra-Million ausgerechnet "Tannhäuser" und "Lohengrin" für die Jubiläumsspielzeit retten wollten. Georg von Waldenfels, der Vorsitzende der traditionsreichen Gesellschaft, begründet das gegenüber dem BR so: "Ende Dezember hat sich herausgestellt, dass die Spendensituation doch besser ist, als erwartet, und wir der Katharina Wagner helfen könnten, wenn sie in der Jubiläumsspielzeit den 'Lohengrin' und den 'Tannhäuser' spielt. Viele Mitglieder sagen, das sind die Werke von Wagner schlechthin, die uns interessieren und wir möchten alles unternehmen, dass die kommen." Daraufhin habe die Festspielchefin jedoch mit einem "abweisenden Brief ohne großen Inhalt" geantwortet. Das sei als "ziemlich rüde Ablehnung" verstanden worden.
"Das war dann doch ein bisschen unerfreulich, weil es auf einmal hieß, wir würden uns in die künstlerische Leitung einmischen, was gar nicht der Fall war. Wir haben nur gesagt, wir wollen das umsetzen, was Katharina Wagner ursprünglich wollte", so von Waldenfels. Er verwahrte sich gegen den Vorwurf, die Bayreuth-Fans hätten irgendwelche "teuflischen Absichten" gehabt und sich herausgenommen, bei der Spielplangestaltung mitzureden: "Keiner von uns will das, es war lediglich eine finanzielle Hilfe, die wir angeboten haben und eine Million ist ja was." So sei der Name des Star-Dirigenten Christian Thielemann, erklärter Liebling vieler Bayreuth-Fans, in diesem Zusammenhang auch nie gefallen. Der am Grünen Hügel regelmäßig umjubelte, aber wegen seines bisweilen sehr selbstbewussten Auftretens auch umstrittene Thielemann wird in diesem Jahr abermals den "Lohengrin" interpretieren.
Katharina Wagner argumentiert, die Million aus dem Freundeskreis sei zu spät angeboten worden: "Wir hatten die Sänger natürlich nicht engagiert, sondern nur optioniert, weil wir um die finanzielle Problematik wussten. Dann haben wir diese Optionen am 3. Dezember aufgelöst, damit keine Kosten entstehen." Jetzt sei es nicht mehr möglich, festspielwürdige Künstler aus der ersten Reihe anzuheuern, in dieser Liga hätten die Beteiligten noch am Nachmittag einer Absage neue Angebote. Die Festspielchefin hatte der Gesellschaft der Freunde angeboten, die zusätzlichen Gelder ersatzweise für das Rahmenprogramm im Jubiläumsjahr aufzuwenden, doch Georg von Waldenfels zeigt sich wenig erfreut: "Ich will das ja nicht eskalieren. Wir kennen das Konzept für das Rahmenprogramm nicht, werden uns aber alles anschauen. Aber eigentlich ist unsere Spende zweckgebunden für die beliebtesten Werke von Wagner."
Derweil richten sich alle Augen auf das Auswahlverfahren für einen "General Manager", der für die Festspiele gesucht wird. Er soll sich um sämtliche nichtkünstlerischen Verwaltungsabläufe kümmern und die dringend nötigen Reformen anpacken, u. a. ein zeitgemäßes Marketing auf den Weg bringen, denn auch auf dem Grünen Hügel verkaufen sich nicht mehr alle Karten von selbst. Es gilt, ein Image zu schaffen, ein Alleinstellungsmerkmal, das international wirksam ist. So gab es auch der bayerische Kunstminister Markus Blume vor. In den nächsten Wochen sollen Bewerber eingeladen werden.
Dem BR liegt der Brief, den Katharina Wagner und Geschäftsführer Ulrich Jagels an Georg von Waldenfels geschrieben haben, im Wortlaut vor. Dort heißt es, die Anfragen bei den meisten angefragten Künstlern und Künstlerinnen seien nach dem Vorliegen der Millionenspende negativ beschieden worden: "Es ist bedauerlich, dass wir von diesem Angebot am 3. Dezember 2024, am Tag der Verwaltungsratssitzung keinen Gebrauch machen konnten. Hier wäre die Planung mit allen Werken noch möglich gewesen, da wir die Künstler und Künstlerinnen (zwar mit großem Aufwand und mit Unmut der Agenturen) bis zu diesem Tag reserviert hatten." Weiter sei das Zusatzprogramm für 2026 noch nicht "ausreichend finanziert", so dass ein "Teil der Mittel" für das Kinderprogramm, das Open Air und einen "Wagnerpfad" eingeplant werden könnte.
Sendung: "Leporello" am 29. Januar 2025 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK
Kommentare (2)
Mittwoch, 29.Januar, 23:31 Uhr
marion ammann
Inszenierung
Würde man einigermassen Wagneradäquate Inszenierungen ansetzen, wären die Kontingente im Nu ausverkauft. In Dornach mit Parsifal dauert es jeweils 23min und die 1000 Billette sind weg… und so geht es auch andernorts. Man könnte sich alle die Marketingausgaben sparen. Man stelle sich vor, es käme ein Revival des Chereau Rings, es ginge wohl keine 23 Minuten…
Mittwoch, 29.Januar, 20:13 Uhr
Elke
Was muss eigentlich noch passieren, dass die Verantwortlichen endlich mal aufwachen? Und Herr Blume applaudiert noch.