Die Jazzszene blickt nach Bremen: zum dritten Mal wird der Deutsche Jazzpreis in 31 Kategorien vergeben, und auch bayerische Musiker:innen können auf die Auszeichnung hoffen. Am 27. April ist die Preisverleihung.
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Wenn Menschen diesen Preis verdient haben, dann die zwei: die Brüder Kühn. Die beiden einzigartigen Musiker, Klarinettist Rolf und Pianist Joachim, haben den Jazz in diesem Land und international über Jahrzehnte hinweg entscheidend geprägt und tun es - zumindest im Fall von Joachim Kühn - immer noch. Rolf Kühn erhält den Deutsche Jazzpreis für das Lebenswerk leider posthum, der große Jazzer ist im letzten August im Alter von 92 Jahren gestorben. Trotzdem ist dieser Preis eine längst verdiente Auszeichnung und ein wichtiges Zeichen: Der deutsche Jazzpreis blickt auf die Jazzgeschichte, er blickt aber auch in die Zukunft, denn Joachim und Rolf Kühn waren und sind immer neugierig geblieben mit starkem Interesse an der jungen Szene.
"Queer Cheer - Community for 'Jazz' and Improvised Music" mit Julia Kadel, Friede Merz, Laura Winkler und Erik Leuthäuser | Bildquelle: Miriam Kadel Junge und neue Akteur:innen der Jazzszene werden ganz aktiv durch den zweiten schon feststehenden Preis unterstützt: Der Sonderpreis der Jury geht in diesem Jahr an "Queer Cheer - Community for 'Jazz' and Improvised Music". Julia Kadel, Laura Winkler, Friede Merz und Erik Leuthäuser, allesamt Musiker:innen der deutschen Jazzszene, haben diese Community als eine der ersten queeren in Deutschland gegründet, um "ihre eigenen Erfahrungen von Ablehnung in der sonst so offenen Jazzszene zu thematisieren, sich gegenseitig als Betroffene zu unterstützen und gegen Diskriminierung jeder Art einzusetzen", so heißt es in der Beschreibung.
Seit 2021 wird der Deutsche Jazzpreis in insgesamt 31 Kategorien von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (damals Monika Grütters, heute Claudia Roth) vergebenen. Fachjurys entscheiden, welche Musiker:innen, Bands oder Produktionen mit dem Preis ausgezeichnet werden und die 10.000 Preisgeld pro Kategorie erhalten.
Trompeter Matthias Lindermayr und Pianistin Masako Ohta | Bildquelle: Hannes Rohrer
Nur der Preis für das Lebenswerk und der Sonderpreis der Jury sind schon bekannt, in 29 weiteren Kategorien müssen die Nominierten noch zittern, auch einige bayerische Musiker:innen sind unter ihnen:
Die aus Japan stammende Pianistin Masako Ohta und der Münchner Trompeter Matthias Lindermayr sind für ihre Album "MMMMH" in der Kategorie "Album instrumental" nominiert, der Allgäuer Anarcho-Trompeter Matthias Schriefl, der im Grunde alles spielt, was ein Kesselmundstück hat, steht in der Kategorie "Blechblasinstrumente" auf der Nominierten-Liste und unter "Schlagzeug" ist die Aschaffenburgerin Anika Nilles nominiert. Ihre Fähigkeiten an ihrem Instrument werden nicht nur in der Jazzszene geschätzt, der kürzlich verstorbenen Rock-Gitarristen Jeff Beck holte Nilles 2022 in seine Live-Band.
Eine breite Zielgruppe spricht der Priener Trompeter Martin Auer mit seiner "Rundfunkproduktion des Jahres" an. Er hat zusammen mit seinem "Wilden Jazzorchester" sehr aufwändig und aufregend Musik zum Hörspiel "Die Ballade von Robin Hood" beigesteuert. Gesprochen wird das Hörspiel von Christian Brückner, der seine Stimme als Synchronsprecher Hollywood-Stars wie Robert de Niro oder Robert Redford geliehen hat.
Einige Musiker:innen unter den Nominierten sind nicht nur herausragend an ihren Instrumenten oder mit ihren Stimmen, sie transportieren mit ihrer Musik auch starke Botschaften, etwa die aus dem Iran stammende und in Wien lebende Sängerin Golnar Shayar. Sie ist eine Kämpferin für die Rechte von unterdrückten Menschen im Iran und ihr Album "GolNar" ist als "Debut-Album des Jahres international" nominiert.
Volker Holly Schlott nominiert in der Kategorie "Saxophon". | Bildquelle: David Beecroft Volker Holly Schlott ist in der Kategorie "Saxophon" nominiert und als Trans*-Mensch ein Vorbild für die gelebte Diversität in der Jazzszene. Ebenso ist die Schlagzeugerin Terri Lyne Carrington seit Jahren engagiert in Sachen Gleichberechtigung im Jazz. Sie ist Leiterin des "Institute of Jazz and Gender Justice" am Berklee College of Music in Boston und sicher zu den bedeutendsten Menschen am Schlagzeug in den letzten 20 Jahren zu zählen. Sie ist in der Kategorie "Schlagzeug international" nominiert.
Die Preisverleihung des Deutschen Jazzpreises findet am 27. April 2023 im Metropol-Theater in Bremen statt, auf br-klassik/concert können Sie ab 17 Uhr live dabei sein. Moderiert wird der Abend von Hadnet Tesfai und Max Mutzke.
Sendung: Allegro am 28. April 2023 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK