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Jukka-Pekka Saraste dirigiert in Bamberg Reden ist Silber, Schweigen ist Gold

Finnische Dirigenten sind erfolgreich. Und reden wenig. Warum das so ist, das erzählt der finnische Dirigent Jukka-Pekka Saraste im Interview. Am Wochenende dirigiert er bei den Bamberger Symphonikern unter anderem eine Uraufführung.

Der Dirigent Jukka-Pekka Saraste | Bildquelle: Felix Broede

Bildquelle: Felix Broede

BR-KLASSIK: Jukka-Pekka Saraste, Sie sind seit dieser Saison Chefdirigent des Helsinki Philharmonic Orchestra. fällt es Ihnen leichter, ein heimisches Orchester zu dirigieren?

Jukka-Pekka Saraste: Ja, und nein. Ich kenne die finnische Mentalität und die Musiker auch persönlich sehr gut. Aber wenn man automatisch davon ausgeht, dass das ein Vorteil ist, dann kommt man in Schwierigkeiten. Es geht immer darum, dass man eine Atmosphäre herstellt, in der die Musiker das Konzept des Dirigenten annehmen können. Dann wird die gemeinsame Arbeit viel leichter. Und ich habe gemerkt, dass das mit dem Helsinki Philharmonic Orchestra der Fall ist. Wir gehen sozusagen den gleichen Weg.

Erfolgreiche Dirigenten aus Finnland

BR-KLASSIK: Warum gibt es so viele erfolreichen Dirigenten aus Finnland?

Jukka-Pekka Saraste: Ich glaube, das hat viel mit der Geschichte des Dirigierens in Finnland zu tun. Wir hatten ein sehr gutes Vorbild: Jorma Panula. Aber auch Paavo Berglund. Dann kamen in der nächsten Generation Esa-Pekka Salonen, Sakari Oramo, Hannu Lintu und jetzt der jungen Klaus Mäkelä. Wir geben die Tradition weiter. Dabei sind die Orchester in Finnland eine große Hilfe, weil sie junge talentierte Dirigenten einladen und ihnen so die Gelegenheit geben, zu dirigieren und aufzutreten. Das sind die beiden Hauptgründe, um den Erfolg finnischer Dirigenten zu erklären.

BR-KLASSIK: Ist es von Vorteil fürs Dirigieren, dass Finnen eher nicht so viel reden?

Jukka-Pekka Saraste | Bildquelle: picture alliance/Horst Galuschka/dpa/Horst Galuschka dpa Der finnische Dirigent Jukka-Pekka Saraste ist bei den Bamberger Symphonikern zu Gast. | Bildquelle: picture alliance/Horst Galuschka/dpa/Horst Galuschka dpa Jukka-Pekka Saraste: Ja (lacht). Wenn ich Meisterkurse gebe, sage ich manchmal zu meinen Schülern: Wenn was nicht funktioniert und ihr versucht, es mit Worten zu erklären, kann es besser oder schlechter werden. Und oft wird es schlechter. Wenn eure Worte nicht extrem hilfreich sind, dann stören sie nur. Das war auch Jorma Panulas Rezept fürs Dirigieren. Man muss mit Gesten, mit der Persönlichkeit und seinem Verhalten ausdrücken, wie das Resultat sein soll. Ich respektiere Dirigenten, die Musik gut mit Worten erklären können. Und wenn sie damit Erfolg haben, ist das auch toll. Aber oft ist das viele Reden für die Musiker sehr ermüdend.

Was ein erfolgreicher Dirigent braucht

BR-KLASSIK: Welche drei Dinge braucht ein erfolgreicher Dirigent unbedingt?

Jukka-Pekka Saraste: Wenn ich nur drei erwähnen soll, dann würde ich als erstes sagen, man muss selbst exzellent Musik spielen können. Dann kann man seine Erfahrungen auf das Orchester übertragen. Jorma Panula hat nur Dirigenten ausgebildet, die hervorragende Instrumentalisten waren. Außerdem braucht jeder Dirigent geistige Unabhängigkeit und muss zeigen wollen, wo es langgeht. Der dritte Punkt ist: Man muss körperlich in der Lage sein, seine Ideen rüberzubringen. Diese drei Dinge würde ich erwähnen.

Jukka-Pekka Saraste dirigiert die Bamberger Symphoniker

Programm:
Sauli Zinovjev: "Hit & Run" für Orchester (Uraufführung)
Wolfgang Amadeus Mozart: Konzert für Klarinette und Orchester A-Dur KV 622
Dmitrij Schostakowitsch Symphonie Nr. 8 in c-Moll op. 65

Jukka-Pekka Saraste Dirigent
Christoph Müller Klarinette

21. & 22. Oktober 2023
Bamberg, Konzerthalle, Joseph-Keilberth-Saal, Beginn: 20:00 Uhr

BR-KLASSIK: In Ihrer Freizeit gehen Sie gern fischen und wandern. Wandern Sie lieber in den Bergen oder in der Ebene?

Jukka-Pekka Saraste: Ich würde gern ein Element hinzufügen, dass extrem wichtig ist für mich: das Wasser, das Meer. Ich spüre die Kraft der Natur besonders am Meer. Und ich versuche immer, wenn ich in der Natur bin in der Nähe von Wasser zu sein.

BR-KLASSIK: Hören Sie in der Natur Musik?

Der Dirigent Jukka-Pekka Saraste | Bildquelle: Felix Broede Ist gerne in der Natur: der Dirigent Jukka-Pekka Saraste | Bildquelle: Felix Broede Jukka-Pekka Saraste: Mein Kopf spielt die ganze Zeit Musik, ganz egal, wo ich bin. Nur wenn es irgendwo Hintergrundmusik gibt, die nicht meine Musik ist, dann bringt mich das durcheinander. Darum ist ein ruhiger Ort am besten für mich, um mit meinen musikalischen Ideen weiterzukommen. Denn in meinem Kopf ist immer was los.

Zusammenarbeit mit den Bamberger Symphonikern

BR-KLASSIK: Mit den Bamberger Symphonikern führen Sie erstmals das Stück 'Hit & Run' von Sauli Zinovjev auf. Worum geht es darin?

Jukka-Pekka Saraste: Der Komponist könnte das natürlich viel besser erklären als ich. Als ich das Stück erarbeitet habe, fand ich, es setzt eine Menge Energie frei. Es ist ein schneller Lauf vom Anfang bis zum Ende. Das wäre meine Beschreibung.

BR-KLASSIK: Tauschen Sie sich mit dem Komponisten Sauli Zinovjev aus?

Jukka-Pekka Saraste: Ich habe ihn gerade vor zwei Tagen auf der Straße getroffen und gefragt: Gibt's irgendwas, das ich wissen sollte zum Stück? Sauli Zinovjev meinte, nein, er habe alles in sein Stück reingeschrieben. Das finde ich auch. Das Stück ist gut zu verstehen. Es hat diese große rhythmische Energie. Und ich glaube, wenn ich es genauso mache, wie es komponiert ist, dann ist der Effekt ziemlich klar.

Sendung: "Leporello" am 17. Oktober 2023, um 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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