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Rückkehr der Namen Sichtbar ein Zeichen setzen

Mit dem Projekt "Die Rückkehr der Namen" erinnert der Bayerische Rundfunk mit Unterstützung des Kulturreferats München an über 1.000 Todesopfer des Nationalsozialismus mit Verbindung nach München und Bayern. Rund 80 Partnereinrichtungen haben mitgemacht und Patenschaften übernommen, darunter auch die Hochschule für Musik und Theater München (HMTM). Mit deren Präsidentin Lydia Grün hat BR-KLASSIK gesprochen.

Plakate der Opfer an einer Wand. | Bildquelle: BR/Raphael Kast

Bildquelle: BR/Raphael Kast

BR-KLASSIK: Warum hat sich die Hochschule entschlossen, bei diesem Projekt mitzumachen?

Lydia Grün: Es war für uns eine Selbstverständlichkeit, da Teil von zu werden, weil es eine Initiative ist, die verfolgten und ermordeten Künstlerinnen und Künstlern eine Stimme gibt. Und Stimme geben – das ist unsere Aufgabe auch als Musikhochschule, gerade auch mit Blick auf unsere jungen Kulturschaffenden, die wir hier ausbilden. Wir wollen sichtbar machen.

BR-KLASSIK: Wie hat sich die Hochschule denn auf diesen Gedenktag und das Projekt vorbereitet?

Lydia Grün: Auf der einen Seite wollen wir sichtbar ein Zeichen setzen, gerade auch mit unserer historischen Verantwortung, was mit unserem Hauptstandort zu tun hat. Im Herzen von München, im sogenannten "Führerbau", ergibt sich für uns die Verantwortung, sich mit dem Thema Rechtsextremismus und Antisemitismus immer aktiv auseinanderzusetzen. Drei Patenschaften werden wir übernehmen für Melanie Katz, Otto Manasse und Ernst Mosbacher, die in irgendeiner Verbindung zu unserer Hochschule gestanden haben. Aber ich finde auch immer ganz wichtig, dass das ein Impuls nach innen bei uns ist. Und wir das Thema innerhalb unserer Hochschulgemeinschaft hochhalten, immer wieder Anregungen geben, sich künstlerisch mit dem Thema Antisemitismus auseinanderzusetzen und sich klar gegen Rechtsextremismus zu positionieren. Nicht nur kommunikativ zu leben als sichtbares Zeichen, sondern eben auch künstlerisch, musikalisch, pädagogisch, und wissenschaftlich, mit unserem Ben-Haim-Forschungszentrum.

"Die Rückkehr der Namen"

Mit dem Projekttag unter dem Titel "Die Rückkehr der Namen" wird am 11. April in München an die Opfer des nationalsozialistischen Terros erinnert. Dafür stehen Patinnen und Paten aus den Opfergruppen, anderen Organisationen, der Münchner Zivilgesellschaft und der breiten Öffentlichkeit mit Gedenktafeln ab 15 Uhr an vielen Punkten der Innenstadt. Um 17 Uhr treffen sich alle Interessierten auf dem Münchner Königsplatz und ziehen dann auf dem "Weg der Erinnerung" durch das ehemalige "braune Viertel" zum Odeonsplatz. Dort wird eine Abschlussveranstaltung mit Interviews, Filmen, Musik und Performances stattfinden. "Die Rückkehr der Namen" ist ein Erinnerungs- und Demokratieprojekt des Bayerischen Rundfunks mit Unterstützung der Landeshauptstadt München. Mehr Informationen finden Sie hier

BR-KLASSIK: Die drei genannten Namen, Melanie Katz, Otto Manasse und Ernst Mosbacher – was bedeuten diese Geschichten für die Hochschule und vor allem für die jungen Studierenden?

Lydia Grün, neue Präsidentin der Hochschule für Musik und Theater München | Bildquelle: Oliver Röckle Lydia Grün | Bildquelle: Oliver Röckle Lydia Grün: Für die Hochschule bedeutet das natürlich ein Blick in die Historie, die sichtbar gemacht werden muss. Auch auf einer wissenschaftlichen Art und Weise: Wir sind zum Beispiel auch beteiligt am Lexikon der verfolgten Musikerinnen und Musiker in der NS-Zeit. Das heißt auch ganz praktisch: Welche Werke werden heute aufgeführt, mit welchen Werken beschäftigen sich Studierende und Lehrende heute? Also ganz bewusst eine Erweiterung unseres künstlerischen Kanons. Wenn man sich diese Biografien näher anschaut, wird einem aber auch auf erschreckende Art und Weise deutlich, was das für eine einen brutalen Bruch eines Lebensfadens bedeutet. Wenn man auf einer solchen Liste steht und verfolgt und ermordet wird. Was das für eine große Zäsur im künstlerischen Leben und im Kulturleben Deutschlands durch den Terrorismus bedeutet. Das müssen wir uns heute bewusst machen und gleichzeitig dadurch wach sein, dass das eben nie wieder passiert. Und von daher ist das für mich sozusagen auch ein Signal an Kulturschaffende beziehungsweise an Einrichtungen wie unsere hier, ganz besonders sensibel zu sein und auf antidemokratische Tendenzen sehr dezidiert und explizit hinzuweisen.

BR-KLASSIK: Wie sehen diese Patenschaften ganz konkret aus, also wer an der Hochschule hat was übernommen? Und was passiert im Rahmen von so einer Patenschaft?

Lydia Grün: In erster Linie ist das ein Erzählen der Biografie. Melanie Katz hat zum Beispiel im 19. Jahrhundert bei der Vorgängerinstitution der Hochschule studiert. Ernst Mosbacher war Dozent, auch bei uns am Haus. Und uns war wichtig, dass die Patenschafen Menschen aus verschiedenen Bereichen der Hochschule übernehmen, also auch jemand aus der Verwaltung zum Beispiel. Aber mit dem Ben-Haim-Forschungszentrum und seinem Leiter Herrn Reichhart haben wir natürlich auch jemanden aus der Lehre, der dieses Thema nicht nur an diesem Tag verkörpert. Und dann ist es für uns auch Anlass, zu überlegen, ob man beim eigenen Konzert im nächsten Klassenabend mal ein Werk integriert und somit Impulse schafft, die eine weitere Wirkung haben über den Tag hinaus. Und wir treffen uns mit denjenigen, die an dem Weg der Erinnerung teilnehmen möchten.

BR-KLASSIK: Wie genau sieht dieser Weg aus?

Lydia Grün: Es wird ja an den Wohnorten und Wirkungsstätten an die Menschen und ihre Geschichten erinnert. Das heißt: Wir werden hier von der Hochschule rübergehen zum Königsplatz, das liegt ja in unmittelbarer Nähe. Und anschließend zum Odeonsplatz, wo dann eine größere Veranstaltung stattfinden wird mit unterschiedlichen Interviews und Performances, um den Menschen und Namen auf unterschiedliche Art eine Stimme, eine Bühne zu geben. Und dann bin ich gespannt, inwiefern die Erfahrungen in weiteren Konzerten und Projekten gewissen Widerhall finden. Wir werden jedenfalls schon dieses Jahr dafür ein eigenes Label fassen unter dem Titel "Sounds of democracy".

Sendung: "Allegro" am 11. April 2024 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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