Herrliche Spielorte und große Namen: der Augsburger Jazzsommer 2023 bringt ein Mosaik aus hochkarätigen Konzerten mit Musikerinnen und Musikern, die weit über die Jazz-Hörerschaft hinaus interessant sind. Die Eröffnung mit der amerikanischen Saxophonistin Lakecia Benjamin dürfte gleich ein erstes Highlight werden.
Bildquelle: Elisabeth Leitzell
Einen so idyllischen Spielort gibt es nicht oft: der Rosenpavillon im Botanischen Garten in Augsburg ist schon für sich ein besonderes Erlebnis. Duftende Rosenblüten umgeben die Zuhörenden dort, und wenn man etwas Glück hat, mischen sich auch noch sanfte Vogelstimmen ins atmosphärische Geschehen. Auf diese Kulisse treffen dieses Jahr, ausgewählt von Schlagzeuger Tilman Herpichböhm, dem künstlerischen Leiter des Augsburger Jazzsommers, besonders aufregende internationale Stimmen des Jazz.
Gleich am ersten Festival-Abend, am Mittwoch, 5. Juli, ist die derzeit spektakulärste afroamerikanische Saxophon-Stimme zu erleben: die 1982 in New York City geborene Lakecia Benjamin. Im März 2023 gab sie bei der Internationalen Jazzwoche Burghausen ein fesselndes Konzert: Im goldglänzenden Anzug mit eckiger Riesenbrille spielte sie da, begleitet von einer hervorragend besetzten Band, Stücke ihres aktuellen, sehr erfolgreichen Albums "Phoenix" und Klassiker wie das geistliche Lied "Amazing Grace", das mit ihren scharfkonturierten Altsaxophon-Klängen besonders eindringlich wirkte. Eine Musikerin wie diese an einem Ort wie dem Augsburger Rosenpavillon zu erleben, dürfte einen ganz besonderen Reiz haben.
Zwei Wochen später wird Lakecia Benjamin übrigens auch in München auftreten, am 21. Juli im Nightclub des Hotels Bayerischer Hof. Das bietet die ungewöhnliche Chance, eine Jazz-Sensation des Jahres an völlig unterschiedlichen Spielorten zu erleben, einmal in – hoffentlich – lauer Abendluft open air und einmal in der Intimität eines Clubs. BR-KLASSIK-Tipp: Wenn's geht, unbedingt beide Abende einplanen.
Nduduzo Makhathini, Philosoph und Pianist aus Südafrika. | Bildquelle: Hugh Mdlalose
Die Konzerte im Rosenpavillon finden immer mittwochs statt – und auch an den fünf weiteren Abenden stehen ungewöhnliche internationale Größen auf dem Programm. So am 12. Juli das Quartett des einflussreichen amerikanischen Gitarristen Kurt Rosenwinkel (Jahrgang 1970), einem Meister von Sound und Phrasierung, der viele jüngere Musiker unterrichtet und inspiriert hat und auch auf Lucia Cadotsch' aktuellem Album "Aki" zu hören ist. Am 19. Juli folgt die junge dänische Pianistin und Bandleaderin Kathrine Windfeld mit ihrer Bigband, die mit außergewöhnlich farbenreichen Kompositionen international aufhorchen lässt und 2022 den bedeutenden dänischen "Ben Webster Prize" erhielt; dieses Konzert wird die Jazzredaktion des Bayerischen Rundfunks für BR-KLASSIK als Audio aufzeichnen. Am 26. Juli gibt es die "Groove Connection" des 22-jährigen deutschen Altsaxophonisten Jakob Manz, der Funk und Soul im Sound und Welthits von Whitney Houston oder Billie Eilish im Repertoire hat; in seiner Band spielen unter anderem der großartige aus Bayern stammende Pianist Roberto Di Gioia und die schwedische Posaunistin Karin Hammar mit. Ein Pianist und Philosoph aus Südafrika, der in den letzten Jahren besonders auf sich aufmerksam gemacht hat, kommt am 2. August: Nduduzo Makhathini. Bluesgetränkten Sound, kraftvoll hymnischen Duktus und die Gabe eines Geschichtenerzählers in den Bühnenansagen werden bei ihm zu erleben sein; er wird sein Programm mit Jazzgrößen der Augsburger Szene erarbeiten, darunter Festivalleiter Tilman Herpichböhm und dessen Bruder Jonas Herpichböhm, ein sehr guter Percussion-Spieler und selbst ebenfalls profilierter Bandleader. Am 9. August wird das Trio des kubanischen Klaviervirtuosen Alfredo Rodriguez den Jazzsommer Augsburg beschließen; der 1985 geborene Pianist begeisterte 2006 den großen Produzenten und Komponisten Quincy Jones derart, dass ihn Jones sofort unter seine Fittiche nahm, als Plattenproduzent und wichtiger Förderer.
Nuancenreiche Stimme: die deutsch-afghanische Sängerin Simin Tander. | Bildquelle: Matthis Kleeb
An fünf Samstagen gibt es weitere Gründe für Jazzfans, nach Augsburg zu reisen – oder, wenn sie bereits dort sind, sich aufzumachen zu einem Konzert. Denn an einem anderen, auch ausnehmend schönen Spielort gibt es weitere Jazz-Ausnahmekünstler. Dieser Ort ist der Brunnenhof des aus dem frühen 17. Jahrhundert stammenden Zeughauses – ein Spielort mitten in der Stadt mit vielgerühmter Akustik. Dort kann man folgende Konzerte erleben: am 7. Juli das Quintett des jungen französischen Saxophonisten Léon Phal und am 15. Juli das Quartett der deutsch-afghanischen Sängerin und Komponistin Simin Tander, einer besonders nuancenreichen und feinen Stimme, die sowohl auf Englisch als auch in Paschtu, der Sprache ihres afghanischen Vaters singt und eine Musik macht, die weit über gängige Jazz-Grenzen hinausgeht. Der 1978 in Bayern geborene Stimmkünstler, Songwriter und Multiinstumentalist Tobias Christl ist am 22. Juli zu erleben mit seinem Quartett "Tobias Christl Wildern" und Musik, die hochintelligent auf Inspirationen von Prince, Rio Reiser und anderen zu reagieren versteht, während am 29. Juli mit dem Quartett der Schweizer Harfenistin und Komponistin Julie Campiche eine faszinierende Kammermusik folgt: mit feinen Saiten-Sounds und groovenden Elektronik-Zutaten gehörte 2021 zu den Höhepunkten der Internationalen Jazzwoche Burghausen. Den Abschluss macht schließlich am 5. August das Trio des hervorragenden Münchner Pianisten, Bandleaders und Komponisten Matthias Bublath, der sich auch ein knappes Jahrzehnt als freischaffender Musiker in New York behauptet hat und Meister einer besonderen musikalischen Vielfalt ist.
Sendung: "Jazztime" am 7. Juli 2023 um 23:05 Uhr auf BR-KLASSIK
Kommentare (0)