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Harald Lesch im Interview Was Vivaldi mit dem Klimawandel zu tun hat

Musik trifft Klimaschutz - bei einem neuen Bühnenprogramm mit Harald Lesch. Der Astrophysiker und ZDF-Moderator verrät, warum Wissenschaft und Vivaldi so gut zusammenpassen. Und was er einen Außerirdischen gern mal fragen würde.

Harald Lesch | Bildquelle: picture alliance / SZ Photo | Alessandra Schellnegger

Bildquelle: picture alliance / SZ Photo | Alessandra Schellnegger

BR-KLASSIK: Herr Lesch, sind Sie gerade durch das Projekt mit dem Merlin Ensemble musikalisch voll in der Vivaldi-Welt unterwegs? Oder nehmen Sie sich auch Zeit und Muße für andere Musik?

Harald Lesch: Ich nehme mir auch Zeit für andere Musik, vor allen Dingen für Dave Brubeck. Er ist der Musiker, der mich am meisten begleitet. Meine normale Tagesmusik ist ziemlich viel Jazz.

BR-KLASSIK: Vivaldis "Vier Jahreszeiten" im Klimawandel: Auf welche Weise kommen Wissenschaft und Musik bei diesem Projekt zusammen?

Harald Lesch: Es ist das ideale Vehikel, um ein bisschen Wissenschaft im Rahmen einer ganz wundervollen Musik zu erzählen. Und wenn man einen Neurowissenschaftler oder eine Neurowissenschaftlerin heute fragt, wie man am besten lernt, dann natürlich mit der Möglichkeit, dass man sich zwischendurch entspannen kann. Das heißt, wir haben Vivaldi und die wissenschaftlichen Kommentare so gut aufeinander abgestimmt, dass das ein großes Ganzes gibt. Der letzte Satz meines ersten Textes lautet: "Am 21. März sind an allen Punkten dieses Planeten Tag und Nacht gleich lang und es beginnt der Frühling." Und dann fangen wir an. Ich erzähle am Anfang, wie die Erde entsteht, wie die Erde zu den bewohnbaren Planeten geworden ist. Und dann geht die Musik los.

Man lernt am besten, wenn man zwischendurch entspannen kann.
Harald Lesch

BR-KLASSIK: Also sind Wissenschaft und Musik eine gute Kombination.

Harald Lesch | Bildquelle: zb | Kirsten Nijhof Harald Lesch: Astrophysiker, Philosoph und Moderator | Bildquelle: zb | Kirsten Nijhof Harald Lesch: Ja, sie ist ideal. Das wissen natürlich auch viele. Gerade wenn sie versuchen, sagen wir mal, wissenschaftliche Ergebnisse auf höchst positive Weise in die Öffentlichkeit zu bringen, dann ist die Musik einfach der ideale Begleiter. Nicht nur, um zu entspannen, sondern auch, um dem Gehirn die Gelegenheit zu geben, sich mit dem positiv auseinanderzusetzen, was da gerade gehört worden ist. Auch dann, wenn es sich gar nicht um so positive Nachrichten handelt. Denn natürlich geht es bei dem, was ich dazu zu sagen habe, nicht nur darum, wie die Erde zu ihren vier Jahreszeiten gekommen ist, sondern auch, wie die vier Jahreszeiten sich durch den Klimawandel verändern. Und das sind dann nicht so schöne Nachrichten. Dafür ist die Musik aber der ideale Kontrapunkt.

"Die Vier Jahreszeiten im Klimawandel"

Das Merlin Ensemble Wien und der Astrophysiker Harald Lesch gehen mit ihrem Programm "Die Vier Jahreszeiten im Klimawandel" auf Tour. Musik trifft Wissenschaft: Harald Lesch als Erzähler verdeutlicht den Klimawandel anhand des Verlaufs der Jahreszeiten, das Merlin Ensemble spielt dazu Vivaldis berühmte Musik. Aufführungen u.a. am 11. Februar um 17 Uhr in der Stadthalle Gersthofen und am 12. Februar im Prinzregententheater München. Weitere Tour-Termine finden Sie hier.

BR-KLASSIK: Ihr musikalisches Erweckungserlebnis waren die Brandenburgischen Konzerte von Johann Sebastian Bach. Hat diese Liebe auch mit der mathematischen Struktur von Bachs Musik zu tun?

Harald Lesch: Das kann ich Ihnen nicht sagen. Als ich die Konzerte zum ersten Mal gehört habe, war ich zwölf oder dreizehn Jahre alt. Es hat mich einfach nur die Musik fasziniert und nicht die Mathematik dahinter. Natürlich hat Musik ja eine ganz klare Struktur, und Mathematik hat eine Struktur. Insofern wird immer wieder gerne diese Parallelität von Musik und Mathematik hergenommen. Aber ich glaube, in Wirklichkeit geht es einfach darum: Wenn Musik schön ist, dann ist sie schön. Und die Frage, welche Musik einem gefällt, ist keine mathematische, sondern eine, die etwas mit der eigenen Geschichte zu tun hat, mit den eigenen Erlebnissen und so weiter. Da bin ich eigentlich ganz romantisch und gehe nach wie vor davon aus, dass Musik einer der großartigsten Ausdrucksformen ist, wie man sich mit Welt auseinandersetzt. Da muss ich gar keine Mathematik dazu haben, nur schöne Musik.

Musik ist eine der großartigsten Ausdrucksformen.
Harald Lesch

BR-KLASSIK: Das heißt, Sie lassen sich auch mal von Musik überwältigen, ohne dass Sie gleich wissen, warum Sie sie mögen?

Harald Lesch: Selbstverständlich. Eines der tollsten Musikstücke für mich ist das Klavierkonzert Nr. 23 von Mozart. Wenn das Lili Kraus spielt oder Vladimir Horowitz, dann ist das einfach nur wunderschön. Und wenn – ich sag das ja immer –wenn ich einen Außerirdischen treffen würde, würde ich ihn nie danach fragen, ob die Naturgesetze die gleichen sind wie bei uns. Ich würde ihn fragen: Welche Bilder malt ihr? Welche Märchen erzählt ihr euren Kindern? An welche Götter glaubt ihr? Und natürlich vor allen Dingen: Welche Musik macht ihr?

BR-KLASSIK: Sie haben mal gesagt, Sie hätten in der Schule einen guten Musikunterricht gehabt. Was hat der Lehrer oder die Lehrerin richtig gemacht?

Harald Lesch: Es ist ein sehr positiv besetztes Fach gewesen. Wir haben eine ganze Menge aus der Musikgeschichte gelernt und eine ganze Menge auch über die verschiedenen Phasen von Musik. Wir sind manchmal in Konzerte gegangen. In kleine Konzerte, zugegebenermaßen, auf dem Dorf. Aber es war trotzdem hilfreich. Es hat uns motiviert. Und das ist das Allertollste.

BR-KLASSIK: Sie haben auch mal Klavier gelernt. Spielen Sie noch?

Harald Lesch: Oh ja, natürlich. Ich habe mit 35 angefangen, Klavier zu lernen, und mein erster Doktorand in München war mein erster Klavierlehrer. Ich spiele immer noch und zwar leidenschaftlich und voller Inbrunst, im wahrsten Sinne des Wortes.

Ich spiele leidenschaftlich und voller Inbrunst Klavier.
Harald Lesch

BR-KLASSIK: Wenn wir schon in Raum und Zeit unterwegs sind: Welchen Komponisten, welche Komponistin hätten Sie denn gern mal getroffen?

Harald Lesch: Franz Liszt. Oder auch Franz Schubert. Schubert vielleicht noch mehr.

BR-KLASSIK: Was wäre Ihr Gesprächsthema gewesen?

Harald Lesch | Bildquelle: picture alliance/dpa | Sven Hoppe Harald Lesch steht beim Programm "Die Vier Jahreszeiten und der Klimawandel" als Erzähler auf der Bühne. | Bildquelle: picture alliance/dpa | Sven Hoppe Harald Lesch: Wie Musik in den Kopf kommt. Also wie Musik vom Kopf auf das Papier kommt, das weiß ich inzwischen. Aber wie kommt die Musik in den Kopf? Solche großartigen Werke? Wie entsteht das? Das interessiert mich auch naturwissenschaftlich, denn es gibt eine ganze Reihe von großartigen Persönlichkeiten in den Naturwissenschaften, die sich das ja auch gefragt haben. Wie bin ich denn eigentlich zu diesen Ideen gekommen? Genauso interessiert mich, wie man ein Orchester dirigieren kann. Also wirklich die gesamte Partitur im Kopf zu haben und genau zu wissen: Wann müssen die Streicher einsetzen, wann die Hörner? Und wie muss das sein mit der Triangel? Das finde ich eine unglaubliche Leistung! Wenn ich im Publikum sitze, genieße ich dann immer wieder aufs Neue, dass Menschen so etwas tun können. So was Tolles!

Das Gespräch führte Michael Atzinger für BR-KLASSIK.

Sendung: "Leporello" am 7. Februar 2024 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK

Kommentare (12)

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Montag, 12.Februar, 13:18 Uhr

sieglinde wiese

Außerirdische

Mit höchsten Zweifeln daran, ob wir überhaupt eine Verständigungsmöglichkeit hätten
(Sprache !) würde ich voraussetzen, dass sie intelligent sind, da sie sonst den Weg zu uns nicht gemeistert hätten. Danach würde ich mich sofort in die Büsche schlagen und zu Tode schämen,
da sie unweigerlich wahrnehmen werden wie die Gattung "homo sapiens" auf einem perfekten Planeten ihre eigenen Lebensgrundlagen und die alles Lebendigen getrieben von Gier, Machtstreben und Dummheit dauerhaft und nachhaltig zugrunde gerichtet hat.
big regrets and sorrow.
no excuse !

Sonntag, 11.Februar, 22:38 Uhr

Adolf Steiner

Ihre worte zur Musik

Hallo Herr Lesch, ich bin begeistert von der Klarheit ihrer worte. Auch ich kann von Musik hingerissen werden, ja sie bringt mich oft zu Tränen. Dies sage ich bei vollem Bewustsein meiner
84 Jahre. Dies ist etwas woran ich stolz bin. Ich glaube, diese Momente der besonderen Musikempfindungen haben mein Leben erst lebenswert gemacht.
Halt, ja auch schöne Bilder können mich begeistern. Meine liebsten Maler sind Ca. David Friedrich und van Goch. Ein Bild von C.D. Friedr. habe ich mal versucht zu kopieren.
Ich weis wovon ich rede. Grüsse von Adi, aus OWL

Sonntag, 11.Februar, 22:18 Uhr

Hermann Uschold

Leschb und Vivaldi

Harald Lesch hat Recht, absolut.
Auch für mich gehört Musik zu meinem Leben.
Ich besitze etwa 1500 CD's, Klassik, Rock, Folk, ..
sehr wenig Schlager, sorry.

Sonntag, 11.Februar, 22:00 Uhr

Maertes

Die Rache der Trappe

Die Trappe hat völlig recht, ich gehe sogar noch einen Schritt weiter: Man sollte den Zugang zu Partituren und Aufführungen von Musikwerken generell nur Leuten vom Fach gestatten. Denn viel zu oft missverstehen sie die wahre Absicht des Komponisten. Musik ist schließlich kein Spaß und soll auch keinen Spaß bereiten, zumindest nicht den sogenannten Musikliebhabern.
So wenig wie ein Musiker wie Trappe die Schrödinger'sche Wellengleichung verstehen kann, so wenig kann ein Physiker die Musik Bachs begreifen. *LOL*

Sonntag, 11.Februar, 18:49 Uhr

eulenpost

Vivaldi und die Jahreszeiten

Vivaldi ist ziemlich verbraucht. Für mich bedeutet der 1. Satz von Beethovens Frühlingssonate in seiner Überschwänglichkeit sehr viel mehr Frühling als der zu Tode zitierte Vivaldi.

Sonntag, 11.Februar, 15:53 Uhr

Franz Fiz

Hinweis

Auch in der heutigen Welt gibt es geniale Komponisten.Schauen Sie sich doch mal Arvo Pärt an: Spiegel im Spiegel. Wäre sinnvoll, diese Musik weiterzugeben. Und ich finde gut, wenn jemand mit einen klangvollen Namen über den Tellerrand schaut.

Sonntag, 11.Februar, 14:34 Uhr

Islandklaus

Lesch und Vivaldi

Dem Kommentator, der Kommentareuse ist wohl nicht klar, wozu Musik geschaffen wurde und wird. Wenn ihnen die Ansicht von H. Lesch nicht wissenschaftlich genug erscheint, sollten sie Mathematik oder Physik studieren. Beethoven und Schubert würden sich im Grab umdrehen, wenn sie von einer derart überheblichen Einstellung erführen. "Boulevardesk" ist unverschämt. Damit werden alle Liebhaber von Musik für ungebildet erklärt.

Sonntag, 11.Februar, 12:24 Uhr

Schnepf

Trappe "Boulevardesk"

Dieser Kommentar ist wirklich das Allerletzte, was man an Arroganz aufbieten kann. Woher will man wissen, wer was von Klassik versteht? Wer "versteht" überhaupt was von Klassik? Was ist Klassik? Warum gibt es diese Einteilungen und Klassifizierungen? Dieses Feld wird beackert von Leuten, die sich an der Musiktheorie ergötzen und nicht an der Musik. Die Entwicklung der Musik ist fließend und "Sparten"-übergreifend. Wenn die Komponisten so denken würden, wären wir arm dran. Immer wieder versuchen Menschen, die Musik"sprache" in Worte zu übersetzen, das wird nie funktionieren. Ich habe regelrecht Mitleid mit diesen Theoretikern, da ihnen das Wesentliche entgeht.

Sonntag, 11.Februar, 11:56 Uhr

Merula Turdus

@Trappe

Ich finde die Idee zumindest interessant, und das passt schon.
Aber wichtiger: Wenn Ihnen der Artikel nicht gefällt, dann lesen Sie doch einfach geschmeidig drüber hinweg!

Sonntag, 11.Februar, 11:06 Uhr

Kommentar gegen Dummschwätzer

Prominent =! Prominent

Lesch ist prominent und das im Positiven Sinne auch zu Recht.
1) weil er intelligent ist und Intelligenz Mangelware ist.
2) viel wichtiger: Weil er Intelligenz mit subtilem Charme & Witz vereint und anderen Leuten auf positive Art und Weise diese Intelligenz ansatzweise vermitteln kann, als Wissen.
Für mich der Inbegriff eines sehr guten Lehrers.

Sonntag, 11.Februar, 09:58 Uhr

Karl-Ludwig

An Trappe

Sie sind ein Miesepröppeliger Gniffelkopp. Die Fragen sind eng an unsere Menschlichkeit gebunden: Wo kommt Inspiration her? Was ist Kunst? Hat es gar etwas mit Liebe zu tun?

Wer nicht mehr staunen kann ist wahrlich arm dran.

Lesch hingegen fragt und sucht und findet Schönheit.

Das ist unerhört, hat er doch keine Ahnzng.

Ich auch nicht, obwohl Musik als Musiker mein Leben ist.

Donnerstag, 08.Februar, 07:22 Uhr

Trappe

Boulevardesk

Jetzt führt man wohl mit jedem ein Interview, der nicht bei drei auf den Bäumen ist? Was ist der Mehrwert? Nichts. Ich muss schon sagen, dass die Qualität der Seite derart abbaut.
Von Klassik versteht er nicht allzu viel, aber weil er „prominent“ ist, führt man ein Interview. Fragen wir doch demnächst D. Bohlen oder einen Fernsehkoch. Die haben zur Klassik die gleiche Qualifikation wie Lesch…
Wollen wir auf dieser journalistischen Ebene ernsthaft agieren?

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