Scharfkantiger Ton, imposante Bühnenpräsenz – und ein Lebenslauf mit dramatischem Einschnitt: Der Trompeter, Komponist, Schauspieler und Sänger Johannes Faber, geboren 1952 in München, wird am 7. November siebzig.
Bildquelle: www.johannesfaber.info
Trompeter Johannes Faber zum 70. Geburtstag
Ein Kraftkerl des Jazz
Markante Glatze, scharfgeschnittene Nase über eindrucksvoll gekerbten Wangen: Ein Hüne mit einprägsamem Aussehen. So kannte ihn viele Jahre lang das Jazzpublikum. Wenn er in der Jazz-Reihe am Münchner Gärtnerplatztheater, die es von 2000 bis 2012 gab, die Bands ansagte, lässig im schwarzen Anzug und mit einer in prägnanten Tiefen knarzenden Stimme, war das stets eine ganz eigene Performance. Typisch für Johannes Faber: Trompeter mit prächtig leuchtendem Ton, Kraftkerl des Jazz – und kernig-kantiger Entertainer.
Beim Abschiedskonzert der Gärtnerplatz-Reihe 2012 rief er gleich zu Beginn dem Beleuchter des Theaters zu: "Mach amal’s Licht an bitte!" Und dann zum Publikum im damals vollen Haus: "Wow! – Uuuh! – Hallo! - Es erfüllt mein Herz. Das ist wirklich unglaublich. Das habe ich lange nicht mehr gesehen." Die Bühne und das Publikum liebt einer wie er gleichermaßen innig. Faber kann demnächst wieder neuen Kontakt zu beiden herstellen, mindestens in der intimen Atmosphäre von Clubs. Faber hat sich lange ziemlich rar gemacht. Seit Jahren lebt er eher zurückgezogen in Italien. Doch diesen Herbst gibt er wieder Konzerte, unter anderem beim 12. Birdland Radio Jazz Festival in Neuburg an der Donau, bei dem die BR-Klassik-Jazzredaktion mitschneidet.
Johannes Faber: Jazztrompeter, Schauspieler, gelegentlicher Opernsänger. Bandleader und Komponist. Und: ein Münchner. Zumindest ein gebürtiger. In der bayerischen Landeshauptstadt kam er am 7. November 1952 zur Welt. Nach einem (zunächst klassischen) Trompetenstudium in München, Graz und am renommierten Berklee College of Music in Boston fasste er schnell Fuß als Musiker. Zunächst - nach eigenen Angaben in einem Interview in einer BR-Klassik-Sendung - zwei Jahre lang in Spanien bei einer Tourneeproduktion des Musicals "Hair": als Trompeter, Keyboarder und Orchesterdirektor. "Ich hatte eine Mördergage mit Mitte zwanzig und war völlig frei, hatte keine Familie zu versorgen und eben zwei Jahre in Spanien unterwegs: Das war eine der schönsten und wildesten Zeiten meines Lebens." Danach kam er zurück nach Deutschland: "Alles Geld hatte ich in Spanien gelassen."
Johannes Faber hier zusammen mit Charlie Mariano, Konstantin Wecker und Wolfgang Dauner | Bildquelle: BR/Ralf Wilschewski Faber spielte von 1980 an zehn Jahre lang als Solotrompeter in der Big Band von Erwin Lehn in Stuttgart, für die er auch arrangierte und komponierte – und war anschließend acht Jahre bei der NDR-Big-Band in Hamburg angestellt, gleichzeitig auch Professor an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg. Seine Band Consortium, in der unter anderem der amerikanische Schlagzeug-Star Billy Cobham mitspielte, war eine der besonders spannenden in den 1980er-Jahren und darüber hinaus. Außerdem war Faber zusammen mit dem United Jazz & Rock Ensemble, Konstantin Wecker, Wolfgang Dauner, Dusko Goykovich, Mal Waldron und vielen anderen zu hören.
Johannes Faber ist ein Freigeist mit viel Lust auf Szenenwechsel im Leben. Er sagt: "Die einzige Sicherheit im Leben ist die Veränderung": aus tiefer Überzeugung, aber auch aus schmerzhafter Erfahrung. 1996 riss ihn ein schwerer Unfall mitten aus dem musikalischen Schaffen. Zwei Jahre lang war das Trompete-Spielen daraufhin tabu: Denn er hatte einen Schädelbruch erlitten. "Da geht nix mehr, das ist einfach vorbei dann". Die "Axt Gottes" nannte er dieses Ereignis in einem Interview.
Johannes Faber musste umdenken. Und suchte wieder den Weg auf die Bühne, aber zunächst möglich unabhängig von der Trompete. Sein Comeback: die Rolle eines Wilderers in einem Melodram, das ab Herbst 1998 auf der Studiobühne des Gärtnerplatztheaters lief und von einem bajuwarischen Robin Hood handelte: "Hias". Von Fabers Mutter Anne Faber stammte der Text, Faber komponierte die Musik und spielte die Hauptrolle in der Inszenierung seines Schwagers, des österreichischen Schauspielers, Regisseurs und Kabarettisten Kurt Weinzierl. Ein Jahr später war Johannes Faber mit seinem kernigen Bass im Großen Haus des Theaters sogar als "Sprecher" in Mozarts "Zauberflöte" zu erleben - und auf Gut Immling im Chiemgau sogar in der bedeutenden Partie des Sarastro. Im Jahr 2000 folgte die über zehn Jahre existierende Jazzreihe im Theater unter seiner künstlerischen Leitung.
Bühne und Musik liegen ihm im Blut. Seine Schwester ist die Schauspielerin Veronika Faber, und auch sein Sohn, Künstlername Joachim Deutschland (inzwischen amerikanischer Staatsbürger), wurde Musiker: Rocksänger und Gitarrist. Johannes Faber entdeckte schon früh durch die Plattensammlung seines Vaters die afroamerikanische Musik: "Mein Vater war ein sehr guter Komponist und auch ein großer Jazzliebhaber. Und er war auch sehr fundiert in seiner Jazzkenntnis. Er hat auch viele Spiritual- und Blues-Scheiben gehabt. Bessie Smith gehörte da zum täglichen Brot. Und ich habe also schon als ganz kleiner Junge, wo andere ‚Hänschen klein‘ gelernt haben und andere wunderschöne deutsche Kinderlieder, Spirituals und Blues gelernt. Und wenn ich sage ‚als Kleiner‘, meine ich also wirklich so mit sechs, sieben Jahren ."
Der Blues hat es ihm besonders angetan. Eine Jubiläums-CD zum 10-jährigen Bestehen der Gärtnerplatz-Reihe stellte er nicht von ungefähr unter das Motto eines alten Songs von Harold Arlen und Ted Koehler: "I Gotta Right To Sing The Blues". The Blues, darauf bestand er damals, ist eine Mehrzahl-Form. Es gebe nicht nur den einen Blues, sondern ganz viele "Blüse", so klang das dann in seiner pointierten Aussprache in einem Interview mit BR-Klassik.
Ein markanter Typ mit Sinn für kantigen Humor. Lange Zeit hat man von ihm wenig gehört, er genoss die Zurückgezogenheit in seiner Wahlheimat. Doch diesen Herbst ist er wieder als Trompeter und Bandleader zu erleben - zum Beispiel am 17. November, 20.30 Uhr, beim Birdland Radio Jazz Festival in Neuburg an der Donau, mitgeschnitten von BR-Klassik. Davor feiert er Geburtstag. Herzlichen Glückwunsch zum Siebzigsten, Johannes Faber!
Sendungen: "Leporello" am 7. November 2022 ab 16.05 Uhr und "12. Birdland Radio Jazzfestival" am 19. November 2022 ab 22.05 Uhr auf BR-KLASSIK
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