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Dialog der Kulturen – Aktuelle Projekte des Goethe-Instituts Eine Konzertreise durch Tansania

Neustart Klassik: Im Land des Kilimandscharo geht erstmals ein Klassikkonzert auf Tournee. Ein Chor, ein Streichquartett und ein Pianist besuchen Dar es Salaam, Sansibar und Arusha. Mit Musik, die es hier wohl noch nie zu hören gab: Mozarts Klavierkonzert Nr. 14, flankiert von einem bunten Programm internationaler Chormusik. Das Goethe-Institut Tansania hat die Tournee ermöglicht – inklusive Klaviertransport per Boot über den Indischen Ozean.

Chor der Tanzania Philharmonic Society | Bildquelle: © Dipesh Shapriya

Bildquelle: © Dipesh Shapriya

Aktuelles Projekte des Goethe-Instituts

"Symphonic Fusion" – Ein Konzertprojekt aus Tansania

Abenteuerlich war es schon, ein Klavier per Schiff vom tansanischen Festland nach Sansibar zu transportieren. Der Pianist Robert Aust jedenfalls beobachtete die Szenerie genau, denn er war derjenige, der am Abend auf Sansibar das 14. Klavierkonzert von Wolfgang Amadeus Mozart anstimmen sollte. Trotz hohem Seegang und sengender Hitze kam das Klavier gut an. Entspannung für Robert Aust und für alle Beteiligten – den Chor der "Tanzania Philharmonic Society" unter seinem Leiter Exavery Ngonayni und ein eigens zusammengestelltes Streichquartett aus kenianischen und tansanischen Musiker:innen. Die Mitwirkenden sind glücklich – noch nie waren sie auf Konzerttournee, denn: "So eine Tournee gibt es zum ersten Mal in Tansania", sagt Exavery Ngonyani, Dirigent und Gründer der "Tanzania Philharmonic Society".

Jeder bringt eigene Erfahrungen mit

Diese Konzertreise ermöglicht nicht nur vielen Menschen, die noch nie klassische Musik gehört haben, ein völlig neues Kulturerlebnis. Sie eröffnet auch den Musiker:innen etwas ganz Neues: eine Reise durchs eigene Land. Das schafft Freude, genauso wie das gemeinsame Musizieren. Besonders aufregend ist diese Tournee, weil hier Künstler:innen mit ganz unterschiedlichem kulturellen und sozialen Background zusammentreffen. Tansanische Laienmusiker:innen, die mit großer Leidenschaft im Chor singen, eine Cellistin, die als Tochter amerikanischer Missionare ins Land kam und blieb, ein kenianisch-tansanisches Streichquartett und ein deutscher Pianist. Jede und jeder bringt eigene Erfahrungen ein, man lernt miteinander und voneinander.

Mozart trifft auf Volkslieder und Popsongs

Pianist Robert Aust in Tansia. | Bildquelle: Dipesh Shapriya Robert Aust spielt in Tansania. | Bildquelle: Dipesh Shapriya Am Ende steht das Event: traditionelle tansanische Lieder, Mozarts Klavierkonzert Nr. 14 KV 449, bearbeitet für Klavier und Streichquartett, deutsche Volkslieder, eine Streichquartettimprovisation, Popsongs. "Symphonic Fusion" ist das Motto. Das Publikum lauscht aufmerksam, schließlich ist vieles hier überraschend. Mozart vor allem. "Was passiert eigentlich, wenn ich so ein Stück in einem kulturellen Umfeld spiele, wo noch nie jemand Mozart gehört hat?", fragt sich auch der Pianist Robert Aust.

Ziel: Klassische Musik in Tansania verankern

Das Publikum bei den Konzerten im Mai dieses Jahres in den drei tansanischen Städten Dar es Salaam, Sansibar und Arusha ist begeistert – auch von Mozart. Und der Dirigent Exavery Ngonyani ist dankbar für das gelungene Projekt. Schließlich ist es sein Herzensanliegen, klassische Musik in Tansania zu verankern. Bislang läuft in diesem Bereich fast nichts. An den Schulen fehlen Lehrkräfte für geregelten Musikunterricht. Es gibt zu wenig Ausbildungsmöglichkeiten für Profimusiker:innen, und klassische Konzerte finden selten statt – meist mit zu hohen Eintrittsgeldern, sodass weite Teile der Bevölkerung ausgeschlossen sind.

Ein eigener Chor gegründet

Chor der "Tansania Philharmonic Society"  | Bildquelle: Dipesh Shapriya Bildquelle: Dipesh Shapriya Um diese Situation zu verändern, hat Exavery Ngonyani die "Tanzania Philharmonic Society" gegründet. Eine Gesellschaft, die sich auf vielen Ebenen für die Verbreitung klassischer Musik engagiert. Ngonyani hat seinen eigenen Chor ins Leben gerufen, der jetzt auf Tournee dabei war. Einmal wöchentlich wird geprobt – die Konzertreise war ein hohes Ziel und gleichzeitig, angestachelt durch den Erfolg, Ansporn, sich musikalisch weiterzubilden. Einige Chorsänger:innen, die bislang keine Noten lesen können, möchten das jetzt lernen. Manche planen auch, mit Instrumentalunterricht zu beginnen. "Die Chorarbeit ist sehr vorteilhaft für uns. Sie stärkt die sozialen Beziehungen", erklärt auch Chorsängerin Rosalina Daniel.

Im Chor spielen Herkunft und Geld keine Rolle

Das Chorsingen stärkt den Zusammenhalt und überbrückt soziale Unterschiede. Hier spielt es keine Rolle, ob jemand Weiß oder Schwarz ist, als Bankmanager oder Kellner arbeitet – alle sind gleich und arbeiten zusammen. Für viele bringe das Chorsingen auch Entspannung in einem sehr stressigen Alltag, erzählt Chorleiter Exavery Ngonyani, manchmal entfalte es sogar therapeutische Wirkung, ermögliche Heilung. "Eines unserer Vorhaben ist, Musikunterricht für Straßenkinder anzubieten", kündigt Ngonyani an. Im Wissen um die große Kraft klassischer Musik möchte er Klänge noch gezielter nutzen. Sein größter Wunsch: Musikunterricht für Straßenkinder, um sie so von Diebstahl und anderen kriminellen Handlungen fernzuhalten. Dafür benötigt seine "Tanzania Philharmonic Society" Geld und Instrumentenspenden.

Musik hilft auf vielfältige Weise

Die Cellistin Megan Ndale. | Bildquelle: Dipesh Shapriya Die Cellistin Megan Ndale(rechts). | Bildquelle: Dipesh Shapriya Klassische Musik könne viel geben, findet auch die Cellistin Megan Ndale, gebürtige Amerikanerin, die seit vielen Jahren in Tansania lebt. Sie lehre Disziplin und ermögliche beispielsweise über das Erlernen von Fertigkeiten wie Noten lesen oder Gehörbildung, mit wildfremden Menschen zu musizieren, auch über Sprachbarrieren hinweg. Ndale lebt schon lange in Tansania – sie unterrichtet an Schulen und ist als Songwriterin und Musikerin aktiv, oft verwendet sie traditionelle tansanische Lieder und singt in der Landessprache Swahili. Der Gefahr kultureller Aneignung ist sie sich bewusst. Deshalb geht sie achtsam mit dem um, was sie verwendet und tritt mit den Einheimischen in Dialog. Die Reaktion ist immer positiv, sagt sie. "Die Menschen freuen sich, wenn ihre Lieder für so gut gehalten werden, dass sie hinaus in die Welt gehen." So trägt die amerikanisch-stämmige Megan Ndale dazu bei, dass die tansanische Tradition bewahrt wird, was sie sehr wichtig findet: "Die Kultur steht an einem sehr heiklen Punkt, an dem die Ältesten sterben, ohne die traditionelle Musik oder die traditionellen Tänze weitergegeben zu haben."

Viel Wirkung: Die Konzerttournee "Symphonic Fusion"

Die Konzerttournee unter dem Motto "Symphonic Fusion" hat also in vielerlei Richtungen gewirkt: klassische Musik unter die Leute zu bringen, Musikbegeisterte aus verschiedenen Ländern zusammenzuführen, die eigene, traditionelle Musik weiterzutragen. Ein durchweg gelungenes Projekt, finanziell gefördert vom Goethe-Institut Tansania, das dadurch auch mehr Widerhall in der Bevölkerung findet. "Wir sind stolz darauf, dass wir durch diese Konzerttournee auch das Goethe-Institut bekannter machen können", sagt Exavery Ngonyani.

Sendung: "Musik der Welt" am 7. Juli 2024 ab 23:03 Uhr auf BR-KLASSIK

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