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Kritik - "Der Traumgörge" in Frankfurt Mit Büchern zur Traumfrau

Achtung, Spoiler! Zwei kriegen sich. Ganz am Ende. Wobei es in der Inszenierung Tilmann Köhlers ein klein wenig undeutlich bleibt, ob das Traumpaar forever happy sein wird. Klar ist jedoch: Mit Alexander Zemlinskys "Der Traumgörge" wurde ein veritabler Opernschatz gehoben.

Alexander Zemlinskys Oper "Der Traumgörge" an der Oper Frankfurt 2024 | Bildquelle: Barbara Aumüller/Oper Frankfurt

Bildquelle: Barbara Aumüller/Oper Frankfurt

Zwei kriegen sich. Ganz am Ende. Wobei es in der Inszenierung Tilmann Köhlers ein klein wenig undeutlich bleibt, ob alles wirklich pures Glück und das Traumpaar forever happy sein wird. Weil da nämlich auf der Bühne kräftig geträumt wird und die beiden derart lustvoll sinnlich sinnieren und agieren, dass man es vielleicht als bewusst überzogenes Regiezeichen verstehen könnte. Hoffen wir aber mal, Gertraud und der Görge bewahren sich ihr szenisches Herzflimmern! Wer sich jedoch nicht kriegt: die Prinzessin und der Görge, wobei, naja, dazu später mehr... Wer sich auch nicht bekommt: die Müllerstochter Grete und der Görge. Alles klar? Na gut, sorgen wir mal für Aufklärung.

Irrungen und Wirrungen

Unser Traumgörge liest sehr gerne Bücher und kann toll Geschichten erzählen. So genial, dass ihm ein Müller seine Mühle schenkt und ihm auch noch seine Tochter Grete zur Frau geben möchte. Klappt nicht, weil Grete lieber Hans will und umgekehrt. Außerdem findet eine dem Görgen im Traum erscheinende, durchaus erotische Prinzessin, diese Idee auch nicht gut. Görge flüchtet sich weiter in (s)eine Fantasiewelt, dazu säuft er nun und irrt durch die Welt. Bis er Gertraud trifft, die allerdings als Hexe gilt und fast auf dem Scheiterhaufen landet. Dann wird plötzlich alles gut, das alte Dorf begrüßt den verlorenen Sohn samt Frau mit Jubel und irgendwie scheint die erneut auftauchende Traum-Prinzessin damit auch einverstanden.

Zemlinsky verarbeitete eigenes Liebesleid in Klang

Alexander Zemlinskys Oper "Der Traumgörge" an der Oper Frankfurt 2024 | Bildquelle: Barbara Aumüller/Oper Frankfurt Bildquelle: Barbara Aumüller/Oper Frankfurt Regisseure wie Claus Guth oder Christof Loy würden aus diesem Stoff, in dem Alexander Zemlinsky auch seine gescheiterte Beziehung zur femme fatale Alma Mahler (damals hieß sie noch Schindler) verarbeitet, vielleicht eine tiefenpsychologische Sitzung machen. Nicht so Tilmann Köhler, der alles in holzgetäfelten Räumen spielen lässt, die Figuren vorwiegend schwarz/weiße Kostüme tragen lässt und alles Dörfliche, Bäuerliche, Volkstümliche und bisweilen auch völkisch Tümelnde sehr bodenständig und im Grunde vom Blatt inszeniert. Dagegen würde man gern so manches einwenden, nur versteht Köhler eben sein Handwerk und man spürt in jedem Moment seine Liebe zum kruden Stück und den teils nicht minder krummen Charakteren.

Die Sache funktioniert – im Wortsinne – einfach! Ein bisschen erinnert das Ganze freilich an Bauerntheater, vielleicht inspiriert vom Ambiente der Tiroler Festspiele Erl, die Frankfurts Intendant Bernd Loebe noch bis zum Sommer parallel zum "großen" Haus am Main leitet. Mit wenigen, simplen Umbauten (Bühne Karoly Risz) ergibt sich eine packende Umsetzung des schon 1906 komponierten Stücks, das nach einer langen Nicht-Rezeptionsgeschichte (NS-Zeit, Kollegenneid u.a.) erst 1980 in Nürnberg uraufgeführt wurde.

Süffigkeit und opulente Melodik überwiegen

Zemlinksy schwimmt oft und hörbar im Strom Richard Wagners, wobei es statt Leitmotiven eher so etwas wie "insistierende" musikalische Momente gibt, ein bewusstes Auf-der-Stelle-Treten und Wieder(hervor)holen bestimmter Klangfloskeln, die aus einem meist breiten und kräftigen Strom heraus schnellen. Mit Tuba, Harfe, Celesta und vor allem einer Gitarre gelingen Zemlinsky tolle, manchmal auch schräge Töne. Es überwiegen indes Süffigkeit und opulente, verschachtelte Melodik.

Alexander Zemlinskys Oper "Der Traumgörge" an der Oper Frankfurt 2024 | Bildquelle: Barbara Aumüller/Oper Frankfurt Bildquelle: Barbara Aumüller/Oper Frankfurt Markus Poschner dirigiert mit Hingabe und – durchaus nachvollziehbarem – Hang zur Lautstärke, was dem (für Frankfurt typisch) exzellenten Ensemble viel Durchschlagskraft abfordert. Vor allem AJ Glueckert, der die riesenhafte Titelpartie nach anfänglicher Nervosität mustergültig meistert. Zuzana Marková brilliert und irrlichtert als Prinzessin und Sehnsuchtsdame Gertraud gleichermaßen. Sinnvoll, hier eine Doppelbesetzung zu machen. Das bodenständige Paar Hans und Grete wird von Liviu Holender (im Publikum saß sein Vater, der langjährige Wiener Staatsopernintendant Ioan Holender, welcher momentan wieder mit sehr fragwürdigen, aggressiv unkritischen Interventionen pro Teodor Currentzis irritiert) und Magdalena Hinterdobler fulminant gesungen und gespielt. Tilman Michael sorgt für perfekte Chöre, bemerkenswert auch der von Álvaro Corral Matute einstudierte Kinderchor.

Intendanten-Görge Bernd Loebe hat wie so oft mit traumwandlerischer Sicherheit (und einer Portion Fortune) wieder mal einen Opernschatz gehoben!

Sendung: "Allegro" am 26. Februar ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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