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Kritik Harry Potter in Concert Rauschende Hogwarts-Party zur Filmmusik

Seit einigen Jahren läuft das Projekt, alle Harry-Potter-Filme mit Live-Musik in die Konzertsäle zu bringen und sie immer wieder auf Tour zu schicken. Den ersten Teil, "Harry Potter und der Stein der Weisen", gab es jetzt in der Olympiahalle München. Trotz kritischer Akustik gabs vom Publikum mit Fanshirts und Zauberumhängen Standing Ovation für die Musik von John Williams und die Neue Philharmonie Westfalen.

"Harry Potter in Concert" in der Münchner Olympiahalle | Bildquelle: BR/Antonia Goldhammer

Bildquelle: BR/Antonia Goldhammer

Wenn man für einen Moment das Schwelgen in seligen Kindheitserinnerungen und die magische Nostalgie beiseiteschiebt, dann merkt man es doch: Wie körnig Backsteine aus der Wand fallen, um den Weg in die Winkelgasse freizumachen, wie Harry beim Quidditch übers arg computeranimierte Stadion saust – die fast 25 Jahre alte CGI (Computer Animated Imagery) hat mittlerweile doch einen gewissen, sagen wir, Retro-Charme. Aber wir Harry-Potter-Fans schieben die Nostalgie ja nicht beiseite. Im Gegenteil: Wir holen die Zauberstäbe und -umhänge, die Griffindor-Krawatten, Slytherin-Shirts, Hufflepuffsocken und Ravenclaw-Schals aus dem Schrank, um mit ein paar Tausend Gleichgesinnten, egal welcher Generation, gut zwei Stunden nach Hogwarts zu reisen. Unser Gleis 9 ¾: die Musik von John Williams.

Rauschende Feier der Harry-Potter-Gemeinschaft

"Harry Potter in Concert" in der Münchner Olympiahalle | Bildquelle: BR/Antonia Goldhammer Generationenübergreifende Begeisterung für Harry Potter | Bildquelle: BR/Antonia Goldhammer Nach den ersten drei, vier charakteristischen Celesta-Klängen aus dem zentralen Leitmotiv ("Hedwig‘s Theme") hat jeder von uns schon die Wand am Bahnhof King’s Cross schon durchbrochen. Dann gibt’s kein Halten mehr. Das Publikum nimmt die Einladung von Dirigent Timothy Henty, der bei seiner Begrüßung ausdrücklich erlaubt hat, zu applaudieren, zu schreien, lachen, weinen, sofort an. Schon die Katze, die im Ligusterweg sitzt und eigentlich Prof. McGonagall ist, wird stürmisch bejubelt. Auch wenn die Olympiahalle nur halb voll ist, die Begeisterung, die Gänsehaut, die Spannung sind spürbar – eine rauschende Feier der Gemeinschaft.  

Mäßiger Klang in der Olympiahalle trotz "Wagner-Besetzung"

Wie von John Williams verlangt, ist die Neue Philharmonie in "Wagner-Besetzung" auf der Bühne, und diese Wucht ist ein Genuss. Allein: Wie intensiv das Orchester tatsächlich spielt, wie gut Henty dirigiert oder phrasiert, lässt sich schwer sagen. Die Tempi sind durch den Film festgelegt, wie laut oder leise Instrumente und Instrumentengruppen klingen, ist vor allem durch die Beschallung in der Halle bedingt. Wenn es einen Kritikpunkt an diesem Abend gibt, dann ist es einmal mehr die Tatsache, dass die Olympiahalle akustisch für symphonische Musik einfach nicht geeignet ist. Im Vergleich zu Filmkonzerten in Konzertsälen (in denen freilich auch das eine oder andere Instrument verstärkt wird, aber eben nur das eine oder andere) bleibt durch die in der Olympiahalle durchweg notwendige Beschallung die Musik synthetisch, distanziert und unnatürlich – und das führt leider dazu, dass man mitunter vergisst, dass die Musik nicht einfach von der Tonspur des Films kommt, sondern live gespielt wird. Das aber ist für die meisten an diesem Abend genauso unerheblich wie die CGI der frühen Nuller-Jahre. Die Fans feiern eine ausgelassene Hogwarts-Party. Und wenn das Orchester Williams Leitmotive so richtig zum Dröhnen bringt, strahlt Freude auf den Gesichtern.   

Lernen, wie man zaubert

Und viele Momente gibt es dann doch, in denen der Blick von der Leinwand neugierig zum Orchester wandert. Um zum Beispiel endlich mal zu sehen, wie diese Celesta eigentlich gespielt wird, was für eine Arbeit die ersten Geigen während der aufwendigen Streicherparts leisten und wie viele Bläser für die bzw. für alle Soundtracks von John Williams‘ charakteristischen Fanfaren gebraucht werden. Und dann gibt es in "Harry Potter und der Stein der Weisen", ja tatsächlich eine Sequenz, in der ein Instrument praktisch die Hauptrolle spielt. Der gefährliche dreiköpfige Hund nämlich, der den Weg zum Stein der Weisen bewacht, schläft ein, wenn er Musik hört. Und dafür sorgt eine verzauberte Harfe. Auf der Leinwand spielt sie sich selbst. Und unter der Leinwand wird sie gespielt. Und genau dafür sind wir doch (einen Abend lang) nach Hogwarts gereist: um zu lernen, wie gezaubert wird.

Sendung: "Allegro" am 17. März 2025 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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