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Kultur und Corona Studien belegen geringe Infektionsgefahr

Die Saalauslastung von nur 25 Prozent stößt bei bayerischen Kulturbetrieben auf großes Unverständnis. Ist die Politik übers Ziel hinausgeschossen? Das legen zumindest zahlreiche wissenschaftliche Studien nahe. Die wichtigsten Erkenntnisse im Überblick.

Ein Paar sitzt in einem sonst leeren Konzertsaal. | Bildquelle: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Matthias Bein

Bildquelle: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Matthias Bein

Kein anderes deutsches Bundesland hat so strenge Corona-Regeln für Kulturbetriebe wie Bayern. Neben der Publikumsauslastung von nur 25 Prozent gilt eine 2G Plus-Regelung und FFP2-Maskenpflicht am Platz. Im Gegensatz dazu hat die Bayerische Staatsregierung am 11. Januar bekanntgegeben, in der Gastronomie die 2G-Regel nicht zu verschärfen. Hier dürfen alle Plätze ohne Maske belegt werden. Ein Ungleichgewicht, das sich zumindest wissenschaftlich nicht erklärt.

Infektionsgefahr in Konzert- und Theatersälen gering

Dummy Oleg mit Mund-Nasen-Schutz bei Studie im Zuschauerraum des Konzerthaus Dortmund | Bildquelle: Simeon Klein Der Zuschauer-Dummy "Oleg" kann menschliches Atmen simulieren und dabei Aerosole verbreiten. | Bildquelle: Simeon Klein Mehrere Studien haben das Infektionsrisiko mit Covid-19 in Konzert- und Theatersälen wissenschaftlich untersucht. Eine Studie des Fraunhofer Heinrich-Hertz-Instituts in Zusammenarbeit mit dem Umweltbundesamt, kam zu dem Ergebnis: Eine Maskenpflicht im Publikum und eine gute Belüftungsanlage im Saal – damit ist eine Infektion so gut wie ausgeschlossen. Drei Tage lang untersuchten die Wissenschaftler*innen die räumliche Ausbreitung von CO2 und Aerosolen im Zuschauerraum des Konzerthauses Dortmund, mithilfe eines Dummys. Die Forschenden empfehlen das "Schachbrettmuster" bei der Saalbelegung. Doch eigentlich könne laut Studie sogar jeder Platz besetzt werden, ohne das Infektionsrisiko in die Höhe zu treiben. Die Studie wurde im Januar 2021 veröffentlicht.

Studien in München und Berlin

Die Ergebnisse einer Pilotstudie an der Bayerischen Staatsoper zeigten: Bei 500 Personen im Zuschauersaal besteht kein erhöhtes Infektionsrisiko. Die Luft im Nationaltheater wurde alle 9,5 Minuten vollständig ausgetauscht. Die Testphase lief vom 1. September bis zum 25. Oktober 2020 und wurde von einem Ärzteteam des Klinikums rechts der Isar in München, der TUM sowie Vertreter*innen des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit begleitet und fachlich bewertet. Im Zuge dessen wurde ein individuelles Hygienekonzept für die Bayerische Staatsoper mit einer lockeren Form der "Schachbrettbestuhlung" ausgearbeitet.

Wenn nur jeder dritte Platz im Theater- oder Konzertsaal besetzt ist und Maskenpflicht gilt, ist das Risiko, sich durch Aerosole mit Covid-19 zu infizieren, bei weitem geringer als im halbvollen Restaurant. Das zeigen Modellberechnungen der Technischen Universität Berlin vom Februar 2021. Die Forscher des Hermann-Rietschel-Instituts haben für verschiedene Innenräume eine Ansteckungsrate berechnet und diese in einer Infografik aufgelistet.

Welche Rolle spielt Omikron?

Saal des-Gärtnerplatztheaters | Bildquelle: BR Maske, Schachbrettbestuhlung und eine gute Belüftung halten das Infektionsrisiko mit im Zuschauersaal gering – so das Ergebnis mehrerer Studien. | Bildquelle: BR Da die oben genannten Studien vor etwa einem Jahr durchgeführt wurden, gehen sie davon aus, dass das Publikum weder getestet noch geimpft ist. Eine 2G-Plus-Regel dürfte also das in den Studien errechnete Risiko einer Ansteckung noch einmal verringern. Inwiefern Omikron das Infektionsrisiko im Konzert- oder Theatersaal beeinflusst, ist wissenschaftlich noch nicht geklärt. Bayerns Kunstminister Bernd Sibler betont im Videointerview mit dem BR, man werde in den nächsten Tagen und Wochen mit den Experten die Auswirkungen der Omikron-Variante beobachten.

Bayerisches Kabinett will strenge Corona-Maßnahmen überdenken

Die derzeit geltenden 25-Prozent-Auslastung für die Kulturbetriebe in Bayern habe man beschlossen, als in weiten Teilen Ostbayerns die Inzidenz über 1.000 gelegen habe, so Sibler. Das Bayerische Kabinett hat angekündigt, die Corona-Maßnahmen für die Kultur zu überdenken.

Sendung: "Leporello" am 12. Januar 2022 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK

Kommentare (2)

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Montag, 17.Januar, 16:44 Uhr

Alexander Waldherr

Dunkelbayern

Der letzte Absatz sagt schon alles:
"als in weiten Teilen Ostbayerns die Inzidenz über 1.000 gelegen habe..."
deswegen wird das Kulturleben in Augsburg, München, Nürnberg, Bamberg u.a. teils zum Erliegen gebracht.
Ein jämmerlicher Aktionismus der bayerischen Landesregierung, die nur durch Härte überzeugen will und keinerlei Lösungsansätze zur Pandemiebehandlung vorgelegt hat.

Mittwoch, 12.Januar, 18:03 Uhr

Wilfried Schneider

DAS SAGT DIE WISSENSCHAFT

Wenn es um die Kultur geht, sind Söder, dem sogenannten "Kulturminister" und ähnlichen kulturfernen Menschen Studien jeder Art, die nicht ihrer Ansicht entsprechen oder die sie nicht verstehen können oder wollen, ziemlich egal. Das betrifft übrigens auch die Probleme der Studenten, die größtenteils seit 3 Semestern keinen Hörsaal mehr von innen gesehen haben. Warum allerdings die Kirchen mit 3G (Geimpfte, Genesene und Ungeimpfte getestet) bis auf den letzten Platz ohne Abstand gefüllt werden dürfen, erschließt sich dem normal denkenden Menschen nicht. Jetzt wird mit großem Getöse ein "runder Tisch" angekündigt, viel wird dabei nicht herauskommen. Dass sich im Kulturbereich von Seiten der Regierung überhaupt etwas tut, ist mitnichten das Verdienst des Herrn Sibler, sondern das des Herrn Aiwanger, hinter dem sich der Sibler nun aus Angst vor seinem Herrn und Meister Söder verstecken kann. Ich sage nur: Gastro und 2G!

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