Zwei Jahre musste Regisseur Jens-Daniel Herzog darauf warten, seine Sicht auf Mozarts "Le nozze di Figaro" dem Publikum zu präsentieren – wegen der Corona-Pandemie. Am 15. April feiert seine Neuinszenierung nun endlich Premiere in Nürnberg. Und wird damit zur Abschiedsarbeit von Generalmusikdirektorin Joana Mallwitz, die zur nächsten Saison nach Berlin wechselt.
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Die letzte Neuproduktion von Mozarts "Le nozze di Figaro" am Staatstheater Nürnberg war erst 2015. Dass es jetzt eine neue Inszenierung gibt, hat für den Nürnberger Staatsintendanten Jens-Daniel Herzog einen einfachen Grund. Während der Corona-Phase haben er und sein Team sich überlegt, einfach etwas Schönes zu machen: für das Ensemble, das Orchester und natürlich für das Publikum. Doch die Premiere konnte wegen des Lockdowns nur hausintern und nicht vor Publikum stattfinden. Nach zwei Jahren kommt diese Neuinszenierung am 15. April endlich auf den Spielplan.
Wir haben die Geschichte als einen Besessenheitsweg des Grafen erzählt.
Nach der coronabedingten Pause hat Staatsintendant und Regisseur Jens-Daniel Herzog dafür eine zweite Probenphase mit allen Mitwirkenden gemacht. Dadurch haben er und sein Ensemble sich der Komödie um die Intrige von Figaros Braut Susanna gegen den Grafen Almaviva noch einmal ganz anders genähert. "Wir sind ganz dicht an der Partitur, am Text, am Libretto geblieben und haben die Geschichte als einen Besessenheitsweg des Grafen erzählt. Er löst mit seiner Verliebtheit in eine Angestellte eine Tragödie aus und entfacht damit die ganze Dynamik des Spiels", erklärt Jens-Daniel Herzog. Das Ganze sollte aber nicht darin enden, eine MeToo-Geschichte zu erzählen, so Herzog weiter. Der Nürnberger "Figaro" erzähle die Geschichte eines Menschen, der sich schicksalhaft in jemanden verliebt, von dem er weiß, dass er damit nur Unglück auslösen kann. Nicht nur bei sich selbst, sondern in seinem gesamten sozialen Umfeld.
Szene aus der Neuproduktion "Le nozze di Figaro" am Staatstheater Nürnberg | Bildquelle: Bettina Stöss Bei seinen Inszenierungen von Mozarts großem Da-Ponte-Zyklus, zu dem "Don Giovanni" und "Così fan tutte" gehören, fehlte Regisseur Jens-Daniel Herzog nur noch "Le nozze di Figaro". Natürlich gibt’s im "tollen Tag" wie die Oper im Untertitel heißt, eine große Komödienmechanik, die auch Jens-Daniel Herzog gerne bedient. Doch der Regisseur legt auch die tiefen Geschichten in der Oper frei, die zwischen den einzelnen Charakteren ablaufen. Alle Figuren der Oper böten einen unglaublichen Reichtum für Entdeckungen, meint Herzog. Er inszeniert die Oper in einem offenen Bühnenbild mit versetzbaren Wänden: Es ist die große Villa einer heutigen betuchten Gesellschaft mit Räumen und Nischen zum Lauschen und zur Geheimniskrämerei.
Aus dieser ursprünglich kleinen, während der Corona-Zeit entstandenen anarchischen "Figaro"-Produktion ist die Abschiedsarbeit von Nürnberger Generalmusikdirektorin Joana Mallwitz geworden. Denn damit dirigiert sie die letzte Opernpremiere ihrer Nürnberger Amtszeit. Für sie hat Mozart mit dem "Figaro" die Gattung der Opera buffa auf eine ganz neue Ebene gehoben: "Es sind verschiedene Dinge, die zusammenkommen. Zum einen hat der 'Figaro' einen unglaublichen Drive. Ein Hit jagt den anderen", sagt Joana Mallwitz. Entspannungsmomente kenne die Oper nicht. Vielmehr flöge man geradezu durch die Partitur. Krönung des Ganzen sei der einmalige Ensemblegesang, den es in dieser Art einfach so noch nie gegeben habe. Für Mallwitz ist das höchst vollendete Kunst. Ebenso der Einsatz der unterschiedlichen Klangfarben im Orchester. Für die Dirigentin und noch amtierende Generalmusikdirektorin sei Mozart durch seinen "Figaro" noch mal ein ganz neuer geworden.
Der 'Figaro' hat einen unglaublichen Drive.
Julia Grüter als Susanna und Corinna Scheurle in der Hosenrolle des Cherubino | Bildquelle: Bettina Stöss Diese Vielfalt in der Musik und die der Charaktere in Mozarts "Le nozze di Figaro" faszinieren auch Mezzosopranistin Corinna Scheurle. In Nürnberg übernimmt sie die Hosenrolle des Cherubino. Der gefühlsbewegte Page des Grafen ist der pubertierende Amor vom Dienst. Corinna Scheurle hat die Partie andernorts schon einige Male gesungen. An der Nürnberger Neuproduktion gefällt ihr, dass die Vielfalt und Ambivalenz jeder Figur deutlich wird. Scheuerle deutet Mozarts Oper nicht schwarz-weiß, dass Figaro der gute Held ist und Conte der Böse, der Unheil über alle bringt. Für sie ist kein Mensch perfekt, sondern jeder und jede handle auch nach eigenen Interessen. Die Figuren sollen nicht in eine bestimmte Hülle gesteckt werden, sondern die verschiedenen Farben zeigen, auch wenn diese negativ sind: "Denn das ist einfach menschlich."
Premiere ist am 15. April 2023, BR-KLASSIK überträgt live und meldet sich bereits ab 18:30 Uhr mit interessanten Gesprächspartnern aus dem Foyer des Staatstheaters Nürnberg. Alle Termine sowie Infos zu den Tickets unter staatstheater-nuernberg.de
Sendung: "Allegro" am 13. April 2023 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK
Kommentare (1)
Freitag, 14.April, 21:38 Uhr
Carl Ott
Vielen Dank für den Vorbereicht.
[Achtung, Ironie]
Die "Abschiedsoper für Joana Mallwitz" kenne ich noch gar nicht - ist die auch von Mozart? Ich dachte es geht um "le Nozze di Figaro"?! ...bin etwas verwirrt.
Zur Premiere am Samstag werde ich aber auf jeden Fall mal den Sicherheitsgurt eng anlegen, um beim Drive von Hit zu Hit nicht irgenwann an der Decke zu landen.
Oder ganz ohne Ironie gefragt - was genau hat der Wechsel der Generamusikdirektorin nach Berlin mit der Operninszenierung zu tun?
Ich wünsche Frau Mallwitz alles Gute für Berlin. Mehr habe ich nicht mehr zu sagen.