Leonard Rosenman war Schüler von Arnold Schönberg und Klavierlehrer von James Dean - der brachte Rosenman 1955 auch zum Film. Mit seinen vom Jazz inspirierten Musiken für die beiden James Dean-Filme "Jenseits von Eden" und "… denn sie wissen nicht, was sie tun" galt er als Avantgardist in den Hollywood-Studios. Für die Musik zu Stanley Kubricks "Barry Lyndon" erhielt er einen Oscar. Am 7. September 2024 wäre der 2008 verstorbene Komponist 100 Jahre alt geworden.
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Eines Tages stand James Dean vor Leonard Rosenmans Apartment und fragte, ob er Klavierstunden bekommen könnte. Dean, ein junger Schauspieler – gerade auf dem Sprung zu seiner kurzen und heftigen Karriere als rebellisches Idol einer ganzen Generation. Avantgarde-Komponist Leonard Rosenman gab dem "jungen Wilden" Klavierstunden und stand wenige Monate später selbst im Rampenlicht – bei der Produktion des Films "Jenseits von Eden" – dem Vater-Sohn-Drama und Parade-Stück für James Dean.
Eigentlich waren die Hollywood-Studios nicht auf musikalische Experimente erpicht. Spätromantische Orchestermusik im Stil etwa von Max Steiner oder Dimitri Tiomkin war damals das Maß aller Dinge. Avantgarde-Klänge waren unerwünscht, höchstens Jazz oder Beat-Musik war gefragt, um das junge Publikum anzusprechen. Doch Regisseur Elia Kazan hatte ein Wörtchen mitzureden und engagierte Rosenman – der ursprünglich Maler werden wollte. Leonard Rosenman erinnert sich an Kazans zunächst misstrauische Frage, ob er ihm eine schöne Melodie schreiben könne. Auf die Antwort: "Ich werde es versuchen" kam Kazans Rückfrage: "Hast du eine Stoppuhr?" Das wiederum retournierte Rosenman damit, dass er ja einen Sekundenzeiger auf seiner Uhr habe.
Ich habe die Titel-Melodie von 'Jenseits von Eden' in sieben Minuten geschrieben.
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Leonard Rosenman - Main Theme - (East Of Eden, 1955)
Filmkomponist Leonard Rosenman bei der Arbeit am Flügel in seinem Haus in Malibu (1974) | Bildquelle: picture-alliance/dpa Rosenmans spektakulärste Filmmusik ist die zum Science-Fiction-Film "Die phantastische Reise", der eine irrwitzige Reise durch den Körper eines Menschen spektakulär in Szene setzt. Spektakulär an dieser Musik ist die Nähe zu Schönbergs kühn-modernistischer Tonsprache, die genau in die utopische Wunderwelt des Films passt. Doch zunächst wollten die Produzenten etwas ganz anderes, nämlich eine Jazzmusik – denn "Die Phantastische Reise" solle ein hipper Science-Fiction-Film werden. Rosenman konterte: "Das ist eine tolle Idee für eine Werbeagentur, aber sie passt nicht zum Film."
Leonard Rosenmans Musik für Richard Fleischers fantastische Höllenfahrt durch Arterien, Venen und Herzkammern war am Ende gegen jedes Klischee gebürstet. Atonale, schroffe Klänge, kantig-funkelnde Motive formierten sich inmitten knallbunter Nachbauten von Nervenzellen und Arterien zu einer "Symphonie der Venen" aus dem Geiste Schönbergs – wie Rosenman seinen unorthodoxen Soundrack ironisch taufte. Keine Spur von schönen oder griffigen Melodien – wie noch in den James-Dean-Filmen.
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Leonard Rosenman - The Proteus (Fantastic Voyage)
Parallel zu seiner Arbeit für das Independent-Kinos und immer wieder auch Blockbuster-Produktionen wie "Star Trek IV: The Voyage Home", arbeitete Rosenman an Kammermusik sowie Orchesterwerken und plante sogar eine Oper nach einem Libretto von Thomas Mann. Doch mit dem Stempel 'Filmkomponist' hatte es Rosenman nach seinen "James-Dean-Filmen" schwer im herkömmlichen Konzertleben.
Bevor ich meinen ersten Film drehte, hatte ich fünf große Konzertabende in New York. Danach für 20 Jahre keinen einzigen mehr.
In den späten 1990er-Jahren gab es eine Art Renaissance seiner Musik: Der Komponist und Dirigent John Adams nahm die beiden berühmten James-Dean-Filmmusiken Rosenmans mit der London Sinfonietta auf. Eine späte Hommage an einen Filmkomponisten, der es verstand, zwischen engen Hollywood-Konventionen und musikalischem Aufbruch einen ganz eigenen Weg zu finden: Jenseits von Hollywood wusste Rosenman genau, was er tat.
Sendung: "Cinema" - immer Sonntags ab 18:05 Uhr auf BR-KLASSIK
Kommentare (1)
Freitag, 06.September, 22:51 Uhr
Homo Oeconomicus
Artikel Leonard Rosenman
Bemerkenswert, dass BR-Klassik immer wieder über Filmmusik schreibt, eine leider nach wie vor unterschätzte Gattung. Schöne Fotos und ein wirklich aufschlussreicher Artikel von Herrn Ahnert über Leonard Rosenman. Vielen Dank!