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Interview Lise Davidsen Ersehntes Isolde-Debüt beim BRSO

München, Bayreuth, New York: Lise Davidsen ist ein Star unter den jungen Wagner-Sängerinnen. Jetzt gibt sie ihr Rollendebüt als Isolde – in einer konzertanten Aufführung des 2. Aktes von "Tristan und Isolde". Gerade probt sie mit Sir Simon Rattle und dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks. Im Interview verrät sie, was sie an Isolde fasziniert, wie sie sich auf die Partie vorbereitet hat und warum sie die Opernbühne über alles liebt.

Lise Davidsen | Bildquelle: James Hole

Bildquelle: James Hole

BR-KLASSIK: Lise Davidsen, Sie singen die Isolde zum ersten Mal. Wie gehen Sie an die Rolle heran? Zuerst der Charakter, die Frau und dann die Rolle – oder andersherum?

Lise Davidsen: Wenn man sich einer solchen Rolle zum ersten Mal nähert, dann ist das ein Prozess, der all die genannten Elemente einschließt. Wir bringen dieses Mal ja nur den zweiten Akt zur Aufführung, aber dazu kommt natürlich trotzdem die Arbeit am ersten Akt. Man muss die ganze Partie studieren, um zu verstehen, woher Isolde kommt und was sie tut. In dieser Rolle wird sehr viel gesungen, oft mit Wiederholungen. Dabei ist es wichtig, sowohl technisch und stimmlich als auch inhaltlich gut vorbereitet zu sein.

Stimmlich fit für Wagners Isolde?

BR-KLASSIK: Und woran merken Sie, dass Sie stimmlich bereit sind?

Lise Davidsen probt mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks  | Bildquelle: BR/Severin Vogl Lise Davidsen bei den Proben mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks | Bildquelle: BR/Severin Vogl Lise Davidsen: (lacht) Das ist eigentlich ganz einfach: Es zeigt sich daran, dass ich weniger müde bin, wenn ich das Übezimmer verlasse. Am Anfang meiner Vorbereitungen, als ich die gesamte Partie studiert habe, war ich immer total erschöpft und habe mir Sorgen gemacht, wie ich das Ganze wieder von vorne beginnen sollte, was ich anders machen könnte. Aber die Stimme ist ein Muskel, der immer wieder trainiert werden muss. Mit der Zeit gewöhnt sich die Muskulatur daran, und man entwickelt Strategien, wie man die verschiedenen Teile der Rolle angeht. Irgendwann ist man dann bereit. Zum Glück habe ich ja noch ein paar Tage Zeit, und die Zusammenarbeit mit dem Orchester empfinde ich immer als äußerst inspirierend.

Konzert live im Radio

Lise Davidsen singt in einer konzertanten Aufführung des 2. Aufzugs von "Tristan und Isolde" beim BRSO unter der Leitung von Simon Rattle am 1. und 3. November 2024 in der Münchner Isarphilharmonie. BR-KLASSIK überträgt das Konzert am Freitag, den 1. November um 20.05 Uhr live.

Isolde hat ein großes Herz.
Lise Davidsen

BR-KLASSIK: Die Oper hat ja eine äußerst merkwürdige Vorgeschichte ... Wie wichtig ist Ihnen eine psychologische Herangehensweise an die Rolle?

Lise Davidsen: Ich finde, die Geschichte zeigt, dass Isolde ein großes Herz hat. Und macht verständlich, wie dringend sie weg will – nicht unbedingt aus ihrer Welt, aber aus der Beziehung zu ihrem Vater. Einerseits verhält sie sich sehr loyal, aber sie will auch einen Mann. Das macht das Ganze wiederum ganz plausibel für mich: Sie ist ein Mädchen, das sich in diesen wunderschönen Mann verliebt. Das beschäftigt sie so sehr, dass sie alles um sich herum vergisst. Erst später fällt es ihr dann wieder auf.

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Konzertant oder Opernbühne?

BR-KLASSIK: Fehlt Ihnen etwas, wenn Sie eine Opernrolle konzertant aufführen?

Lise Davidsen: Ich liebe die Bühne und alles, was eine Opernproduktion ausmacht. Das ist einer der Gründe, warum ich diesen Beruf ergriffen habe, diese Möglichkeit, voll in einer Rolle aufzugehen – mit Kostümen und allem Drum und Dran. Bei einer konzertanten Aufführung tritt die Musik mehr in den Vordergrund und spricht für sich selbst.

Die Musik spricht für sich selbst.
Lise Davidsen über konzertante Opernaufführungen

Lise Davidsen probt mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks  | Bildquelle: BR/Severin Vogl Lise Davidsen (Isolde) und Stuart Skelton (Tristan) mit Sir Simon Rattle und dem BRSO bei der Probenarbeit in der Isarphilharmonie | Bildquelle: BR/Severin Vogl Es ist ein anderes Gefühl, eine Rolle im Kostüm zu verkörpern. Im Konzert werden die Bewegungen nur angedeutet, was das Ganze reduzierter und intimer macht. Aber so kommt die Musik vielleicht stärker zur Geltung. Man kann sich zurücklehnen, die Augen schließen und einfach zuhören, was Wagner beabsichtigt hat und was wir Sängerinnen und Sänger daraus machen. Vielleicht nimmt man die Oper dann auch anders wahr, als wenn man sie bei einer Bühnenproduktion erlebt.

Sendung: "Allegro" am 31. Oktober 2024 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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