BR-KLASSIK

Inhalt

Menahem Pressler gestorben Ein Pianist mit Geist und Güte

Er war der älteste konzertierende Pianist der Welt: Menahem Pressler. Über ein halbes Jahrhundert war er das Herz und die Seele des legendären Beaux Arts Trios. Nun ist er im Alter von 99 Jahren gestorben.

Bildquelle: Marco Borggreve

Würdigung - Zum Tod von Menahem Pressler

Ein Pianist mit Geist und Güte

Wenn er Klavier spiele, fühlte er sich wie ein 50-Jähriger, beim Unterrichten wie 40. Nur beim Treppensteigen würde ihm sein wahres Alter bewusst, erzählte Menahem Pressler, damals schon weit über 90, einmal im Gespräch mit BR-KLASSIK. Über 6000 Konzerte hat der Pianist im Lauf seiner Karriere gegeben. "Es gab nicht ein einziges Konzert, in dem ich nicht gespielt habe. Krank oder mit gebrochenen Rippen, ich habe immer gespielt."

Flucht vor den Nationalsozialisten

Menahem Pressler war zeitlebens ein Getriebener. Einer, der im hohen Alter noch weltweit konzertierte, unermüdlich unterrichtete und in zahllosen Kammermusik-Jurys saß. Als Max Jacob Pressler wurde er 1923 in Magdeburg geboren. Den ersten Klavierunterricht bekam er bei einem Organisten vor Ort. Im Mai 1939 flüchtete er mit seiner Familie im letzten Moment vor den Nationalsozialisten nach Italien und von dort weiter nach Palästina. Seit den 1950er-Jahren lebte Pressler in den USA.

Gründer des Beaux Arts Trios

Mit dem aus Frankreich stammenden Geiger Daniel Guilet und dem Cellisten Bernard Greenhouse gründete er 1955 das Beaux Arts Trio, mit dem sein Name untrennbar verbunden bleibt. "Wenn wir drei zusammen spielten, geschah etwas, das ich bis dahin nie erfahren hatte", beschrieb Pressler die besondere Chemie zwischen den Triomitgliedern. "Drei Männer, die ganz verschieden denken, die ganz verschieden leben, aber sich dann in der Musik vereinigen können." Die Karriere des Beaux Arts Trio dauerte mehr als 50 Jahre. Die Streicherbesetzung wechselte mehrfach. Pressler blieb.

Erfolgreicher Pianist und leidenschaftlicher Lehrer

Der Pianist Menahem Pressler | Bildquelle: Lutz Sternstein Menahem Pressler war ein hervorragender Pianist - und unterrichtete leidenschaftlich gern. | Bildquelle: Lutz Sternstein In seinen letzten Lebensjahren absolvierte Pressler eine erfolgreiche internationale Solokarriere als Pianist. Mit 91 Jahren begann er mit seiner Gesamteinspielung der Mozart-Klaviersonaten. Sein Klavierspiel war durchweg beseelt, vollkommen unprätentiös und sachdienlich dem Notentext gegenüber. Gefühl und Verstand waren für ihn kein Gegensatzpaar, sondern immanent in der Musik verankert, vor allem in den Werken von Schubert, Beethoven oder Mendelssohn. Gerne sprach er vom "Geist in der Musik" als seinem großen Anliegen, das er als leidenschaftlicher Lehrer nachfolgenden Musikergenerationen weitergeben wollte: "Die Schüler sind für mich meine Geisteskinder. Ich bin nicht immer ein angenehmer Lehrer, nein, ich verlange von jedem sein Bestes."

Presslers Klavierspiel: innig und elegant

Mit Menahem Pressler ist einer der letzten Repräsentanten einer Musikergeneration gestorben, die trotz der Katastrophen des 20. Jahrhunderts überzeugt an der Aussagekraft der Musik abseits jeglicher Selbstdarstellung festhielten. 2015 wurde Menahem Pressler mit dem ECHO Klassik ausgezeichnet, in der Kategorie "Würdigung des Lebenswerkes". Er habe so viel Glück gehabt, sagte er mehrfach. Und wer ihm zuhören durfte, erlag dem Bann dieses kaum 1,50 Meter kleinen Herrn, der neben Charme vor allem Güte ausstrahlte.

Wie der Geiger Daniel Hope, Freund und Trio-Kollege von Pressler, auf Twitter bekanntgab, ist dieser kleine große Pianist und Jahrhundertmensch am Samstag im Alter von 99 Jahren verstorben. Die Welt habe heute einen neuen König bekommen, schreibt Hope in Anspielung auf die Krönung von Charles, "wir haben heute aber auch einen verloren".

Sendung: "Allegro" am 8. Mai ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

Weitere Sendungen mit Menahem Pressler

Zum Tod von Menahem Pressler ändert BR-KLASSIK sein Programm und widmet dem Pianisten heute um 18:05 Uhr eine Sonderausgabe der Sendung "Klassik-Stars".
Am 14. Mai strahlt BR Fernsehen um 10:15 Uhr die Doku "Das Leben, das ich liebe - Der Pianist Menahem Pressler" aus dem Jahr 2015 aus.

Kommentare (7)

Kommentieren ist nicht mehr möglich.

Montag, 08.Mai, 23:44 Uhr

André Krellmann

Herzenswärme, Fleiss und die Liebe zur Musik

Als ich ein kleines Kind war, hat er für mich auf dem alten Blüthner meiner Großmutter "Guten Abend, gut' Nacht" gespielt, wenn er in unserem Hause zu Gast war. Als Jugendlicher klagte ich ihm mein Leid, dass ich nicht einen einzigen Ton auf dem Klavier improvisieren könne. Er hat mich mit seinem ganz besonderen Blick angesehen und mir gestanden, dass es ihm genauso ergehe. Texttreue und schnörkellose Klarheit und Perfektion waren seine Welt. Wenn ich mit dem Abstand von Jahrzehnten heute die Einspielungen der 60er bis 80er Jahre, der großen Zeit des Beaux Arts Trio, anhöre, wird mir immer von neuem bewusst, wie Musik klingen kann: leicht, beseelt und von höchster Innigkeit und Vollendung.

Montag, 08.Mai, 20:55 Uhr

Hans-Christian Boecker

Der wohl größte Klaviertrio-Pianist aller Zeiten

Sich glücklich schätzen darf, wer Menahem Pressler persönlich begegnete. In der HfM in Schloß Gottesaue in Karlsruhe hielt er am 10. Juli 2017 einen Meisterkurs und blieb sich auch vor Publikum als gestrenger Lehrer treu. Am Vorabend hatte Menahem in einer Art One-Man-Show vor zahlreichen neugierigen Gästen Ereignisse seiner Karriere Revue passieren lassen, z.T. anekdotenhaft, die oft viele Jahrzehnte zurücklagen. Zum Dank wies ich ihn via seiner weiblichen Begleitung auf Chopins postmortales Wirken hin [Leslie Flint]. Was ihn dann breit schmunzeln ließ, war meine Enthüllung, dass der "King of Rock'n Roll" den genuin selben Namen wie er trug. Denn Elvis' Ahnen väterlicherseits stammten aus dem Pfälzer Ort Hochstadt und hießen ... Pressler.
So war es nach dieser "Vorarbeit" für mich am Schluss ein Leichtes, sein Autogramm zu ergattern, 1x im New Grove, 1x im Harenberg Kammermusikführer, auf dessen Vorderumschlag er ja abgebildet ist. GUTE REISE, lieber, wunderbarer Menahem Pressler !!!

Montag, 08.Mai, 19:09 Uhr

Trio Toth

Menahem Pressler

Einer der letzten aus der Generation, als die Musik im Vordergrund stand, und nicht die Selbstvermarktung. Wir verneigen uns vor der grossen Seele und nehmen trauernd und dankbar Abschied.

Montag, 08.Mai, 14:59 Uhr

Gabriele Dorn

Danke, Menahem Pressler

Ein grossartiger Pianist und warmherziger Mensch ist gegangen.
Danke,Menahem Pressler, für Ihre Musik, für Ihre Konzerte und
für unsere kurze, unvergessliche Begegnung 2017.
Sie haben mich tief beeindruckt , ich habe Sie im Herzen.
Gute Reise.

Sonntag, 07.Mai, 12:50 Uhr

M. Träber

Menahem Pressler

Ich durfte diesen wunderbaren Pianisten im Opernhaus Magdeburg, in seiner Geburtsstadt, öfters erleben. Er hatte besonders die Mozart Sonaten, jede einzelne Note so verinnerlicht und seinem Publikum tief empfunden weitergegeben. Ein leidenschaftlicher Pinanist ein großesLebenswerk hinterlassen. DANKE

Sonntag, 07.Mai, 11:49 Uhr

Eberhard Streicher

Menahem Pressler

In verschiedenen Phasen meines Lebens habe ich das Beaux-Arts-Trio in Berlin erlebt und es war jedesmal das reine Glück. Wie besoffen, torkelte ich nach Hause. Es waren Lehrstunden, wo man die Einzigkeit der Komponisten begriff. Der König des Trios war der Mann am Klavier.bn

Sonntag, 07.Mai, 10:58 Uhr

Werner Haas

Zum Tode von einem großen Pianisten

Ein gewaltiges Lebenswerk! R.I.P.

    AV-Player