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Wagner-Festspiele Bayreuth Warum auf den Spielplan auch Meyerbeer gehört

Giacomo Meyerbeers Werke gehören ins Bayreuther Festspielhaus. Das fordert der Musikwissenschaftler Jascha Nemtsov. Er sagt: Meyerbeer war maßgeblich am Erfolg Richard Wagners beteiligt, hat ihn und seine Werke bekannt gemacht.

Giacomo Meyerbeer | Bildquelle: picture-alliance/dpa

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Ausgerechnet Giacomo Meyerbeer, jener Komponist, der Richard Wagner gefördert hat, der ihn materiell und ideell unterstützt hat, der ihn in Frankreich eingeführt hat, in die Komponistenszene, der so viel erfolgreicher war als Wagner: Seine Grands Opéras sollen auf dem Grünen Hügel von Bayreuth erklingen? Jascha Nemtsov, Musikwissenschaftler und Pianist russisch-jüdischer Abstammung, findet, es sei Zeit. Man wolle doch Wagner gewissermaßen modernisieren, seine menschenverachtende Ideologie hinterfragen, so Nemtsov. Festspielleiterin Katharina Wagner hatte ja auch schon Dimitri Schostakowitschs 13. Sinfonie geplant. Warum sollten also die Bayreuther Festspiele nicht die Opern von Wagners Förderer präsentieren?

Wir wollen doch Wagner nicht genauso akzeptieren wie vor 140 Jahren
Jascha Nemtsov

Wagner gegen Meyerbeer

Eine Plastik-Figur des Künstlers Ottmar Hörl, die den dirigierenden Komponisten Richard Wagner darstellt, steht 19.12.2014 auf seinem Betonsockel entlang des "Walk of Wagner" in Bayreuth (Bayern). Viele der Figuren wurden mittlerweile gestohlen oder durch Vandalismus zerstört. Foto: David Ebener/dpa | Bildquelle: picture alliance Richard Wagner aus Plastik vor dem Festspielhaus. | Bildquelle: picture alliance So dankbar Wagner in jungen Jahren hätte sein sollen gegenüber Meyerbeer – so sehr brodelte es in ihm. Meyerbeer hatte ihm die Kontakte nach Dresden vermittelt, Wagners "Rienzi" wurde dort gefeiert, er bekam eine Stelle als Kapellmeister und begann den, der ihn förderte zu hassen. "Meyerbeer selbst gegenüber hat er das nie geäußert. Er hat nie eine offene Auseinandersetzung gesucht, ganz im Gegenteil. Er hat das wirklich kaschiert", erzählt Musikwissenschaftler Jascha Nemtsov. Wagner habe sogar sehr unterwürfige Briefe an Meyerbeer verfasst, in denen er ihn überschwänglich lobte. "Allerdings hat er diese Schrift praktisch privat für Meyerbeer geschrieben, um sich bei ihm gewissermaßen anzubiedern."

Wagner begeht Rufmord

Und dann der Bruch. Richard Wagner verfasste seine fürchterliche Schrift über das Judentum in der Musik, die Abrechnung. "Er hat Meyerbeer darin auf eine übelste Weise verleumdet. Er hat gewissermaßen Rufmord an diesem herausragenden Komponisten begangen, weil er ihn als Juden diffamierte", sagt Jascha Nemtsov. Dass Wagner eine direkte Verbindung zwischen Meyerbeers jüdischer Abstammung und seinen Werke gezogen habe, sei damals in dieser Schärfe und mit dieser Konsequenz neu gewesen. Dass aufgrund seiner Abstammung Meyerbeers Kunst Kommerz sei – das sei nichts anderes als Rufmord.

Das Verschwinden von Meyerbeer

Davon erholten sich Meyerbeers Werke nicht mehr. Sie verschwanden. Vielleicht auch, weil Wagners revolutionäres Musiktheater mehr berauschte als eine Grand Opéra und damit schnell zum Kult wurde. In der Nazizeit war Meyerbeer wie alle jüdischen Komponisten verboten, seine Werke wurden auch in der Nachkriegszeit nur selten aufgeführt. Das hat sich erst mit erfolgreichen Produktionen wie an der Deutschen Oper Berlin in den letzten Jahren geändert.

Das Beharren auf diesem Überbleibsel aus einer ganz anderen Epoche ist heute nicht mehr zu rechtfertigen.
Jascha Nemtsov

Forderung an die Bayreuther Festspiele: Meyerbeer auf den Spielplan

Das Bayreuther Festspielhaus | Bildquelle: dpa-Bildfunk/Daniel Karmann Das Festspielhaus in Bayreuth. | Bildquelle: dpa-Bildfunk/Daniel Karmann Musikwissenschaftler Jascha Nemtsov hat seine Forderung kürzlich in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ausgeführt. Die Wagnerianer schrieben daraufhin böse Briefe. Bayreuth hat sich dazu noch nicht geäußert, aber Jascha Nemtsov ist optimistisch. Als Erstes würde er gern Meyerbeers "Le Prophète" in Bayreuth hören und sehen. Einfach, um das egozentrische Selbstbild Wagners, diese Unfähigkeit, andere Werke als seine eigenen zu achten, in Frage zu stellen. "Er wollte keine Konkurrenz, weil er tatsächlich ein einmaliger Künstler sein wollte. Er wollte keine Kritik, er wollte keinen Diskurs, er wollte keinen Vergleich. Und dazu sollten eben die Bayreuther Festspiele dienen." Wir aber lebten heute in einer anderen Zeit. Diese sei kritik- und diskursfreudig, multikulturell. Daher, so Jascha Nemtsov: "Das Beharren auf diesem Überbleibsel aus einer ganz anderen Epoche ist heute nicht mehr zu rechtfertigen."

Kommentare (8)

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Mittwoch, 03.August, 15:50 Uhr

Ingrid Gaksch

Meyerbeer

Ja, auf jeden Fall gehört Meyerbeer auf die Spielpläne der Opernhäuser dieser Welt - ab nicht nach Bayreuth! Sosehr ich seit jeher gespalten bin zwischen dem Menschen Wagner und seiner genialen Musik: Es sind Wagner-Festspiele und so soll es bleiben.

Dienstag, 02.August, 13:53 Uhr

Gerald Bast

Es sind Richard Wagner Festspiele

Irgendwann sind es dann beliebige Festspiele wie sonstwo.

@Monika Weiss
Jeden Freund der Musik Wagners in die Antisemetismusecke oder Naziecke zu stellen, ist absurd. Dann müssten Sie jedes Mitglied der evangelisch lutherischen Kirche ebenso stigmatisieren, denn der Antisemetismus Luthers war ausgeprägt.

Sonntag, 31.Juli, 17:44 Uhr

Monika Weiss

Mayerbeer

Absolut richtig. Wer heute Wagner noch huldigt,hat Antisemitismus
Nicht begriffen.

Samstag, 30.Juli, 17:25 Uhr

Erika Zeitlinger

Mayerbeer

Ich mag die Opern von
Mayerbeer sehr.Sie werden
viel zu selten gespielt.
Aber auf dem GRÜNEN
HÜGEl bitte nur Richard
Wagner

Donnerstag, 28.Juli, 23:10 Uhr

Werner Häußner

Meyerbeer in Bayreuth

Ich mag Meyerbeer sehr und freue mich über jede Neuinszenierung einer seiner Opern. Aber wozu Meyerbeer in Bayreuth? Das halte ich für nicht sinnvoll. Bayreuth sollte Wagner vorbehalten bleiben, sonst wird es ein beliebiges Opernfestival wie Verona oder Aix. Wichtiger wäre, endlich alle 13 Opern Wagners im Festspielhaus zu geben. Der ganze Wagner sollte es sein.

Donnerstag, 28.Juli, 22:39 Uhr

Volkmar Heller

Meyerbeer

Absurde Idee.Wenn heute Meyerbeer gespielt wird,dann werden erhebliche Kürzungen notwendig,da als Ganzes nicht zu ertragen.Wenn WAGNER am Vergessensein von M eine Aktie hatte dann nicht durch Polemik ,sondern durch sein eigenes geniales musikdramatisches Schaffen.Kommt demnächst der Vorschlag,in Bayreuth den ESC stattfinden zu lassen? Oder Events mit Silbereisen,Bohlen und Kiewel?
Wie weit wird der kulturelle Verfall in diesem Land noch gehen.Ich habe zum Glück die Gnade der frühen Geburt.

Donnerstag, 28.Juli, 22:13 Uhr

Hübsch

Meyerbeer in Bayreuth

Meyerbeer in Bayreuth-warum nicht! Aber Grand Opera gehört dann ins Markgräfliche Opernhaus und nicht ins Festspielhaus!

Donnerstag, 28.Juli, 15:03 Uhr

Bernd Vielitz

Meyerbeer auf den Spielplan von Bayreuth?

Solche Ideen gibt es immer wieder mal. Der praktischen Umsetzung steht jedoch der Stiftungszweck der Richard-Wagner Stiftung von 1973 in Verbindung mit dem Testament von Siegfried und Winifred Wagner entgegen.

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