Die Konkurrenz ist groß, der Stress auch: Bei der Aufnahmeprüfung für ein Musikstudium hat man nur wenige Minuten, um eine Jury von sich zu überzeugen. BR-KLASSIK hat Kandidatinnen bei der Vorbereitung begleitet.
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Ein schlichter Kellerraum mit niedriger Decke, Tischkicker und Sofas in der Kapernaumkirche München. Mariia verwandelt ihn mit ihrem innigen Prélude aus der zweiten Cellosuite von Bach in eine klangschöne Kathedrale.
Wer einen Studienplatz an einer Musikhochschule ergattern will, muss technisch und musikalisch Höchstleistung bringen. | Bildquelle: picture alliance / Silvio Bürger/Shotshop
Mariia ist vor einem halben Jahr mit ihrem Lebenspartner nach München gekommen, um dem Krieg in ihrer Heimatstadt Dnipro im Südosten der Ukraine zu entfliehen. Nun bereitet sie sich mit einem Privatlehrer in München auf die Aufnahmeprüfung für ein Cellostudium vor. Vier bis fünf Stunden übt sie täglich. Ihr großes Ziel: "Ich möchte frei genug spielen können, um mich mit Musik auszudrücken." Das braucht viel Anstrengung, erzählt Mariia. Und den Mut, immer weiterzumachen, auch wenn etwas nicht klappt. Nach dem Studium möchte sie am liebsten Cellistin in einem Kammermusikensemble werden.
Ich möchte gerne studieren und unter Musikern sein.
Ein Studium an einer Musikhochschule ist für die Ukrainerin ein Traum: "Ich freue mich auf diesen nächsten Schritt. Ich möchte gerne studieren und unter Musikern sein." Die Musik gab ihr schon in der Ukraine Halt. Dort war sie Jungstudentin. "Musik war wirklich ein Zufluchtsort für mich. Manchmal war es kalt im Winter, da wir keinen Strom in der Hochschule hatten. Dann habe ich im Dunkeln geübt."
Einer der Wunschlehrer Mariias ist Hochschulprofessor Edward King am Leopold Mozart College of Music in Augsburg. Ihm hat sie bereits in einer Unterrichtsstunde vorgespielt – ein wichtiger Schritt innerhalb des Bewerbungsprozesses. So lernten sich beide in einer Unterrichtssituation kennen und konnten sehen, ob sie miteinander harmonieren. Ansonsten zählt natürlich das Vorspiel am Tag der Aufnahmeprüfung. 15 Minuten haben die Bewerberinnen Zeit, die Professoren-Jury zu überzeugen. "Es gibt viele junge Musiker, die in den Raum kommen, nervös sind und sich sorgen, einen Fehler zu machen", erzählt Edward King. "Für mich ist das niemals ein entscheidender Faktor. Ich denke, am Ende zählt die künstlerische Persönlichkeit. Man will einen kreativen Funken sehen."
Es gibt viele junge Musiker, die in den Raum kommen, nervös sind und sich sorgen, einen Fehler zu machen.
Bei Aufnahmeprüfungen im Fach Klavier ist die internationale Konkurenz sehr groß. | Bildquelle: picture alliance / Andreas Berheide/Shotshop
Natürlich gelingt so ein künstlerischer Eindruck erst, wenn man die technischen Schwierigkeiten der Stücke im Griff hat. Zudem ist die Konkurrenz groß. Es gibt viele internationale Bewerberinnen und Bewerber, gerade aus Asien. Beim Studiengang Klavier sind die Bewerberzahlen besonders hoch. An großen Hochschulen wie in München sind die wenigen Studienplätze hart umkämpft.
Eine, die es im Fach Klavier schaffen will, ist Fanli aus München. Sie bereitet sich schon seit eineinhalb Jahren auf die Aufnahmeprüfung vor, neben einem Masterstudium im Fach Maschinenbau. Das erfordert viel Disziplin und Durchhaltevermögen. Doch die Idee, es doch noch mit der Musik zu probieren, hat sie einfach nicht losgelassen. "Das Klavierspiel spielt schon immer eine wichtige Rolle in meinem Leben. Ich möchte das Studium nutzen, um danach die Freude an der Musik weiterzugeben."
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Um ihre Chancen auf einen Studienplatz zu erhöhen, bewirbt sich Fanli an insgesamt fünf Hochschulen. Im Unterricht mit ihrem jetzigen Lehrer Philipp Nitzl arbeitet sie vor allem am ersten Eindruck – dem Anfang der Beethoven-Sonate op. 111. Nur eines von fünf Stücken, aus denen die Jury beim 15-minütigen Vorspiel auswählt. Was sie sonst für diesen Weg braucht? Mut und Gelassenheit, eine gute Vorbereitung, den künstlerischen Funken und zu guter Letzt: eine Prise Glück. Das weiß Fanli: "Ich glaube, es bringt nicht so viel, sich da Stress zu machen. Man gibt einfach sein Bestes beim Vorspiel. Ich versuche, Schritt für Schritt voranzugehen."
Zusätzlich zum Vorspiel gibt es noch Prüfungen in Musiktheorie und Gehörbildung, die man ebenfalls bestehen muss. Die Ukrainerin Mariia muss außerdem ein Deutsch-Zertifikat ablegen. Sie übt also nicht nur Cello, sondern gerade auch fleißig Deutsch.
Sendung: "Leporello" am 19. März 2025 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK
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