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Musikerin, Managerin, Mutter: Ohne Alice Harnoncourt wäre für ihren Mann Nikolaus vieles schwieriger gewesen. Sie kümmerte sich um die Kinder, organisierte Konzertreisen und Interviews - und brillierte als Solistin im gemeinsamen Ensemble "Concentus Musicus". Nun ist die Barockgeigerin in Wien verstorben.

Ihr Name ist von dem ihres Mannes nicht zu trennen: Alice Harnoncourt, die Frau des 2016 verstorbenen Dirigenten Nikolaus Harnoncourt. Während Nikolaus die Bühne liebte und das Rampenlicht suchte, hielt Alice sich eher zurück. Und stand dennoch ganz vorne: Immerhin war sie die erste Geigerin des gemeinsamen  Ensembles "Concentus Musicus Wien".

Als Musikerin stand die in Wien geborene Alice ihrem Mann nicht nach. Er hatte sich für das Cello entschieden, sie für die Geige. Über die Musik fanden sie zusammen und bauten sich gemeinsam eine einzigartige Karriere auf. Sie wurden zu wegweisenden Pionieren der historischen Aufführungspraxis im 20. Jahrhundert.

Alice Harnoncourt - Musikerin, Managerin, Mutter

Alice und Nikolaus Harnoncourt im Jahr 2002 | Bildquelle: SZ-Archiv Als Studentin sei sie überzeugt davon gewesen, eine große Solistin zu werden, erzählte Alice Harnoncourt einmal im Interview mit BR-KLASSIK. Dann jedoch entdeckte sie die Barockgeige für sich. Zusammen mit Nikolaus, den sie während des Studiums kennenlernte, nahm sie Unterricht bei Josef Mertin, einem frühen Spezialisten für historische Aufführungsweisen. Beide seien sie fasziniert gewesen vom Klang der alten Barockinstrumente, sagte sie noch Jahrzehnte später.

Bis 1985 war Alice Harnoncourt die führende Kraft des "Concentus Musicus", als Konzertmeisterin, aber auch als Solistin. Aber sie war noch viel mehr als das: Während Nikolaus Harnoncourt immer neue Musikgebiete eroberte, hielt Alice ihm den Rücken frei. Und nicht nur, indem sie sich um den Haushalt mit den vier gemeinsamen Kindern und einer stetig wachsenden Zahl von historischen Instrumenten kümmerte. Sie organisierte die Proben, Konzerte und Reisen des Concentus, sie schrieb die Stimmen für die Musiker*innen, sie arrangierte Interviews und Pressetermine für ihren Mann. Eine Mischung aus Care-Arbeit, Management und künstlerischer Höchstleistung. "Ich war wirklich sehr, sehr fleißig, das muss ich schon sagen", erinnerte sich Alice Harnoncourt im selben Interview. "Wir hatten nicht mal eine Waschmaschine. Wir haben wirklich bei Null angefangen und haben uns dann langsam hinaufgearbeitet. Und wir haben kaum Konzertreisen gemacht wegen der Kinder. Wir hatten jedoch Konzertzyklen in Wien. Also, es hat sich letztlich sehr schön weiterentwickelt."

Zusammen mit Nikolaus prägte Alice Harnoncourt die Originalklang-Szene

Von Biber bis Mozart spannte sich der Bogen der Komponisten, denen Nikolaus Harnoncourt mit seinem Concentus Musicus einen neuen Klang verlieh. Im Zentrum stand aber immer Bach. Mit dessen großen Oratorien und ihren preisgekrönten Aufnahmen begann die Schallplattenkarriere des "Concentus Musicus". Eines der größten Projekte war die Gesamtaufnahme all seiner Kantaten. Und Alice Harnoncourt spielte immer wieder, -und immer wieder unvergleichlich beseelt- die Sologeige.

Alice Harnoncourt war eine österreichisch-charmante, freundliche, aber auch eine sehr bestimmte Frau. In den Jahren nach dem Tod ihres Mannes kümmerte sie sich um den Nachlass und gab mehrere Bücher über die Arbeit und das Wirken Nikolaus Harnoncourts und des "Concentus Musicus" heraus.

Wie BR-KLASSIK aus dem Familienkreis erfahren hat, ist Alice Harnoncourt in den Morgenstunden des 20. Juli im Alter von 91 Jahren gestorben.

Sendung: "Leporello" ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK