Über 1500 Vorstellungen, knapp zwei Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer: Das mit Abstand bekannteste Werk von Franz Hummel ist das Musical "Ludwig II.". Doch der im Altmühltal geborene Komponist schrieb auch große Opern und zeitgenössische Musik. Am 20. August ist Franz Hummel im Alter von 83 Jahren gestorben.
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Sissis Liebeslied aus dem Musical "Ludwig II." – schwärmend und schwelgend. Solche Musik brachte dem Komponisten Franz Hummel den großen Erfolg, obwohl er sie nur eine Handgelenksübung nannte: das Musical "Ludwig II. – Sehnsucht nach dem Paradies". Von seiner Uraufführung im April 2000 im eigens dafür gebauten Festspielhaus in Füssen, in Sichtweite zum Schloss Neuschwanstein, bis zur letzten Aufführung am 31. Dezember 2003 und einer Wiederaufnahme im Theater Regensburg 2019 wurde es über 1.500 Mal gezeigt und zog eineinhalb Millionen Zuschauer an. Bis dahin hatte Hummel acht Opern geschrieben. Und meinte deshalb, für dieses Musical der richtige Komponist zu sein: "Das kann nur ich. Der Überzeugung bin ich einfach. Ich bin arrogant, eitel, überheblich", sagt Hummel in einem Interview mit dem BR scherzhaft. Und meint es doch ganz Ernst: "Diese Diskrepanz zwischen der avancierten Musik, der philosophierenden Musik und der Musik, die in erster Linie genossen werden will, ist eigentlich unnatürlich aufgebauscht worden. Ich hatte immer eine Neigung zu allerlei Musikgattungen. Aber Musik mit Spiritualität und mit Lebensfreude, egal welcher Genese liegt mir und da bin ich auch immer mit dabei."
Schwierigkeiten zu komponieren kannte der 1939 in Altmannstein im Altmühltal geborene Hummel auch keine: "Ich schreib seit meiner Kindheit Noten. Eigentlich immer. Die Welt ist mir zu langweilig, zu öde. Und dann schreib ich eben." Die erwähnte Lebensfreude kam im König-Ludwig-Musical nicht zu kurz. Allerdings nicht ganz so, wie es sich der Autor und Produzent des Musicals, Stefan Barbarino, gewünscht hatte. Dessen Wunschkandidat war Konstantin Wecker gewesen, der aber wegen eines Kokainskandals nicht weiter in Frage kam. Hummel platzierte Ludwig dann zwischen Gefühlsseligkeit und bayerischem Lokalkolorit.
Franz Hummel kurz vor der Uraufführung von "Ludwig II." in Füssen. | Bildquelle: picture-alliance / dpa | Frank Leonhardt Das Künstlerische war Franz Hummel schon an der Wiege gelegt worden. Seine Mutter Lore Hummel war eine bekannte Designerin, Kinderbuchautorin und Illustratorin. Er lernte Klavier spielen, begegnete noch als Kind Richard Strauss und dem Dirigenten Hans Knappertsbusch. Deren freundschaftlicher Anschub lenkte ihn auf die Laufbahn des Musikers. Mit sechs Jahren komponierte Hummel schon, mit fünfzehn spielte er sämtliche Beethoven-Klavierkonzerte auswendig. Bis 1975 war Franz Hummel ein bekannter und gefragter Konzertpianist.
1975, als 35-jähriger, gab Hummel das Pianisten-Dasein auf und wandte sich ganz dem Komponieren zu. Besonders in seiner Instrumentalmusik schreckte er nicht vor den bekannten zeitgenössischen Klängen zurück. Ähnlich wie bei Friedrich Gulda, mit dem er befreundet war, war für Franz Hummel das Komponieren ganz eng mit dem Improvisieren verbunden:
Also wenn Sie komponieren, dann improvisieren Sie ja im Kopf. Und dann machen Sie das dingfest.
Dass die Musik aber nicht so stehen bleibe wie sie als Improvisation schon vorhanden ist, liege bei Hummel eher an einer Eitelkeit. "Man will also die Kleinigkeiten, die da nicht ganz dem Ehrenkodex des Könners entsprechen, die will man einfach so weit zurechtfeilen, dass man denkt, es ist perfekt. Das ist eigentlich das Komponieren."
Dingfest machte er seine Arbeit vor allem auf dem Gebiet der Oper. Neunzehn Opern und Opernprojekte umfasst sein Werkverzeichnis; ohne Scheu vor großen Themen plante Opern über Richard Wagner und Anton Bruckner. Hummels Zarathustra-Oper wurde 2010 in Regensburg uraufgeführt. Am bekanntesten wurde die Oper "Gesualdo" über den Renaissance-Fürsten und Komponisten. Sie erklang 1996 in Kaiserlautern erstmals. Aber wenn etwas nachklingt, vor allem in Bayern, dann wird es das Musical sein, Franz Hummels "Ludwig II.".
Sendung: "Leporello" am 22. August 2022 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK
Kommentare (1)
Freitag, 26.August, 12:13 Uhr
dr.christoph.lickleder@t-online.de
Franz Hummel verstorben
Viele Menschen trauern um Franz Hummel. Auch diejenigen, die mit Musik gar nichts am Hut hatten. Diese Tatsache lässt erspüren, dass er ein Menschenfreund war. Er konnte mit Jedermann, das zeichnet ihn aus. Blitzgescheit und der Sprache mächtig, wie kaum ein anderer ließ er sich auf die Menschen ein, die ein Gespräch suchten und in ihm einen zugewandten Partner fanden, egal welchen Bildungsstands. Sein gekonnter bayerischer Dialekt, den er natürlich neben seiner nicht gekünstelten Hochsprache besaß, ließ Vertrauen entstehen.
Der Künstler und Komponist Franz Hummel ist für mich ein Gottes-Geschenk, auch wenn er das jetzt nicht hören möchte. Hochtalentiert , mit Kunstverstand und immensem Können ausgeattattet, ging er ans Werk als Pianist, Komponist und Publizist. Er konnte sein Publikum erreichen mit seinen Mitteln. Mit der Thematik seiner Opern goss er Öl in die Wunden unserer Zeit. Er hat damit Zeichen gesetzt und die Menschen wachgerüttelt. Er lebt weiter.