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Musik und Sport Keine Olympischen Spiele ohne Klassik

Als im April die Flamme für die Sommerspiele in Paris entzündet wurde, sang Opernstar Joyce DiDonato die Olympische Hymne. Ob bei der Eröffnungsfeier, während der Wettkämpfe und den Siegerehrungen: Klassische Musik ist ein traditioneller Bestandteil der Wettkämpfe. Warum sie so gut zum Sport passt? Eine Spurensuche.

Die Olympischen Ringe auf dem Eiffelturm, wo sie 50 Tage vor Start der 2024 Olympischen- und Paralympischen Spiele in Paris augehängt wurden: am 7. Juni 2024. | Bildquelle: picture alliance / Hans Lucas | Amaury Cornu

Bildquelle: picture alliance / Hans Lucas | Amaury Cornu

Musik bei der Eröffnungsfeier

Die Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele ist nicht nur ein Spektakel für die Augen, sondern auch für die Ohren. Musik präsentiert die kulturelle Vielfalt des Gastgeberlandes und stellt eine emotionale Verbindung zum Publikum her. Sie untermalt die Choreografien, unterstreicht die Botschaften und sorgt für unvergessliche Momente. So zum Beispiel die Eröffnungsfeier der Spiele in London 2012: Die Briten zeigten damals, wo der Pop zu Hause ist, mit Paul McCartney, Dizzee Rascal, Mike Oldfield und den Arctic Monkeys. Aber auch die Klassik hatte ihren Auftritt mit Sir Simon Rattle und dem London Symphony Orchestra. Gespielt wurde "Chariots of Fire von Vangelis" mit einem besonderen Gast am Keyboard. Legendär!

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Mr. Bean Live Performance at the London 2012 Olympic Games | Bildquelle: Olympics (via YouTube)

Mr. Bean Live Performance at the London 2012 Olympic Games

Trainingserfolge durch Musik

Rebekka Haase bei den Europameisterschaften in München, 21.08.2022 | Bildquelle: picture alliance / ZUMAPRESS.com | Sven BeyrichJP Rebekka Haase in München 2022 nach ihrem Sieg in der Teamstaffel 4x100m bei den Europameisterschaften. | Bildquelle: picture alliance / ZUMAPRESS.com | Sven BeyrichJP Wenigen ist bewusst: Viele Athleten nutzen Musik, um den Rhythmus ihrer Bewegungen zu regulieren. So steigert ein gleichmäßiger Takt die Effizienz und verbessert die Ausdauer. Rebekka Haase, deutsche Leichtathletin und dieses Jahr zum dritten Mal bei den Olympischen Spielen, nutzt die Musik zum einen ganz konkret, aber auch als Sinnbild: "Wenn man jeden Tag an wirklich kleinen Details arbeitet, kann es manchmal sein, dass man die Hinweise, die man immer wieder bekommt, nicht mehr umsetzen kann. Man merkt gar nicht mehr, was der Trainer sagt, und mein Trainer wechselt dann stellenweise die Perspektive und sagt einfach: Bekki, wir sind jetzt wieder in einem Musikstück. Deine Noten fließen nicht. Das passt noch nicht, es hakt. Und dann weiß ich auch genau, was er meint und kann da Gefühl dann irgendwie auf die Bahn bringen."

Die schnellste Flöte der Welt

Rebekka Haase macht Musik seit sie ein Kind war und spielte lange Zeit Querflöte in der Bläserphilharmonie Thum im Erzgebirge, ihrer Heimat. Für sie gibt es zwischen der Musik und Ihrem Sprint deutliche Parallelen: "Ein Sprint ist wie ein Musikstück von vorne bis hinten. Du hast einen vorgegebenen Rhythmus in einer Geschwindigkeit, den du wirklich treffen musst. Es ist nicht, wie man vermutet so, dass der Startschuss kommt und man so schnell wie möglich ins Ziel rennt. Man muss am Anfang eine gewisse Ruhe haben bei der Beschleunigung und man darf dabei nicht verkrampfen. Und bei der Musik ist das genauso. Man muss den Takt halten, sonst fügt sich das Stück nicht zusammen. Und wenn man dabei irgendwelche Läufe hat und verkrampft, dann gibt es Fingerknoten.

Ein Sprint ist wie ein Musikstück von vorne bis hinten.
Rebekka Haase

Motivation durch Musik

Nowitzki (r.) und sein Entdecker und Trainer Holger Geschwindner | Bildquelle: picture-alliance/dpa Dirk Nowitzki mit seinem musikbegeisterten Trainer Holger Geschwindner. | Bildquelle: picture-alliance/dpa Musik kann die Motivation der Athleten erheblich steigern. Studien zeigen, dass Musik die Ausschüttung von Dopamin im Gehirn fördert, was zu einem Gefühl des Wohlbefindens führt. Das hilft Sportlern, sich weniger erschöpft zu fühlen und mehr Durchhaltevermögen zu zeigen. Ins Training integriert, kann es sogar zu größeren Erfolgen führen. Der ehemalige Basketballer Holger Geschwindner, der Dirk Nowitzki entdeckt und zu einem der besten Basketballer überhaupt geformt hat, sagte BR-KLASSIK: Sport funktioniert ohne Rhythmus nicht.

"Solang wir aus Fleisch und Blut sind, kommen wir ja ohne Rhythmus nicht aus. Das zeigt mein Herzschlag an, über die Atmung, die man schon ein bisschen anhalten kann, aber dann wird‘s eng. Das heißt Wiederholung ist das Thema, Spielzüge haben immer mit Wiederholung zu tun und beim Einüben und beim Lernen usw. Das heißt, das liegt eigentlich auf der Hand, dass auch die Sportler, die zunächst wenig mit Musik zu tun haben, nicht ohne Musik auskommen." Geschwindner vergleicht so eine Basketballmannschaft gern mal mit
einem Jazzensemble. Alle kriegen irgendwann ihr Solo, spielen alle individuell auf höchstem Niveau. Aber erst wenn sie gemeinsam ihren Rhythmus finden, entsteht der Groove. Er lässt auch heute noch Jugendspieler zu Jazz dribbeln. Und übrigens: Gschwindner hat Dirk Nowitzki dazu gebracht, Saxophon zuspielen.

Komponieren für Olympia

Die erste - und seit 1958 offiziell anerkannte - Melodie für die Olympische Hymne stammt vom griechischen Komponisten Spyros Samaras, er schuf sie 1896 für die Ersten Olympischen Spiele der Neuzeit. Zwischendurch versuchte man es auch mit anderen Kompositionen. Etwa Richard Strauss für die Spiele 1936 in Berlin. Eine dunkle Episode der Olympischen Spiele mit reinster Nazipropaganda. Strauss stand zwar nicht hinter der Ideologie, war aber von der "deutschen" Musik überzeugt und bekam bei den Olympischen Spielen die Möglichkeit, diese einem Weltpublikum zu präsentieren. Im Jahr 1984 fanden die Spiele in Los Angeles statt und Philipp Glass komponierte für die Eröffnungszeremonie die Hymne für den Fakeleinlauf: "The Olympian - Lighting of the torch".

Sportliche Disziplinen mit Musik

Viele Sportarten sind fest mit der Musik verbunden, wie z.B. die Rhythmische Sportgymnastik, Kunstturnen, Synchronschwimmen, Dressurreiten oder Eiskunstlauf, wobei letzteres in Paris nicht zu sehen sein wird, sondern erst wieder bei den Olympischen Winterspielen 2026 in Mailand und Cortina d’Ampezzo. All diese Sportarten beinhalten einen hohen künstlerischer Anteil. Die Musik unterstützt die Geschichte, die erzählt wird, sie beeinflusst die Choreographie und ist relevant und „taktgebend“ für die Sportler:innen. Aber auch für die Jury. Zum Beispiel gibt es bei der Rhythmischen Sportgymnastik Punktabzug, wenn die Gymnastinnen erst, nachdem die Musik vorbei ist die Schlusspose einnimmt. Das muss gleichzeitig mit Ende der Musik passieren. Bei den Wertungsvorschriften für die Kampfrichter:innen gibt es die ganz klare Vorgabe: Die Gymnastin, ihre Übung und die Musik müssen harmonieren, sogar ihr Gesichtsausdruck soll das widerspiegeln, was in der Musik passiert. An diesem Beispiel sieht man schon sehr deutlich, wieviel die Musik ausmacht und welchen Stellenwert sie bei dieser Disziplin hat. Die Klassik bietet bei den Küren oft die Grundlage, wie beispielsweise bei dieser einmaligen Band-Übung der russischen Gymnastin Evgeniya Kanaevas zur "Fantasie Impromptu" von Frédéric Chopin. Sie erhielt die höchste Gesamtwertung und gewann bei den Olympischen Sommerspielen 2012 in London Gold.

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Evgeniya Kanaeva's beautiful Rhythmic Gymnastics Routine to "Fantasie Impromptu" | Music Monday | Bildquelle: Olympics (via YouTube)

Evgeniya Kanaeva's beautiful Rhythmic Gymnastics Routine to "Fantasie Impromptu" | Music Monday

Kegeln und Komponieren

Diese beiden Dinge gehörten für Wolfang Amadeus Mozart einfach zusammen. Zu seiner Zeit war Kegeln en vogue und ganz nebenbei entstanden seine 12 Hornduos. Auch wenn kegeln nicht olympisch ist, war der Sport und die Musik für Mozart unzertrennlich, denn das Autograph der Hornduos trägt die Überschrift: "Di Wolfgang Amadé Mozart mp. Wien den 27t Julius 1786 untern Kegelschieben" - daher werden sie auch die Kegel-Duette genannt. Und es gibt sogar Zeugen. Einer seiner Kegelbrüder, ein Typ namens Georg Nikolaus Nissen hat aufgeschrieben: "Im Jahre 1787 componierte Mozart während des Kegelspiels in dem vor der Stadt gelegenen Garten seines Freundes Duschek mehrere Stücke zu der Oper Don Juan. Wenn die Reihe des Spiels ihn traf, stand er auf; allein kaum war diess vorüber, so arbeitete er sogleich wieder fort, ohne durch Sprechen und Lachen derer, die ihn umgaben, gestört zu werden."

Musik als untrennbarer Teil des Sports

Musik ist viel mehr als nur ein akustisches Beiwerk bei den Olympischen Spielen. Sie ist ein integraler Bestandteil des Erlebnisses, sowohl für die Athleten als auch für das Publikum. Und auch die klassische Musik wird hier einem breiteren Publikum zugänglich gemacht, aus dem ruhigen Konzertsaal in einen sportlichen Kontext gebracht. Von der Stimmungsregulation über die Unterstützung der sportlichen Leistung bis hin zur Schaffung unvergesslicher Momente – die Verbindung zwischen Musik und Sport ist tief und facettenreich.

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