In der Veste Oberhaus in Passau spukt es ab Freitag wieder: Regisseur Jürgen Pöckel inszeniert Puccinis erste Oper als Auftritt der sprichwörtlichen "Weißen Frau". Kombiniert wird das unbekannte Werk bei den Burgenfestspiele Niederbayern am Landestheater Niederbayern mit der populären "Cavalleria Rusticana".
Bildquelle: © Peter Litvai/Landestheater Niederbayern
Vorbericht
"Le Villi" und "Cavalleria Rusticana" in Passau
Das wäre im Fernseh-Quiz wohl mindestens die 50.000-Euro-Frage: Was sind eigentlich "Willis", nicht zu verwechseln mit dem gleichklingenden männlichen Vornamen? Der richtige Telefonjoker wäre dann der Regisseur Jürgen Pöckel, der in Passau bei den Burgenfestspielen Niederbayern Giacomo Puccinis ziemlich unbekannte erste Oper "Le Villi" inszeniert und daher diese Antwort parat hätte: "Die Villis sind Elementargeister, Frauen, die aufgrund der Untreue und des Verrats ihrer Liebhaber ums Leben gekommen sind, also die sich aus enttäuschter Liebe das Leben genommen haben. Und dann als Wiedergängerinnen die untreuen Liebhaber ins Verderben locken."
Blick auf Passau mit dem Dom St. Stephan und der Veste Oberhaus | Bildquelle: B.O.A. Videofilmkunst/BR Es geht also um eine Gespenstergeschichte, noch dazu eine, die im Schwarzwald spielt, was für den jungen Giacomo Puccini wohl eine besonders exotische Gegend gewesen sein muss. Deutschlands Schauplätze faszinierten jedoch Italiens Komponisten des späten 19. Jahrhunderts, das war richtig in Mode. Und so entstand Puccinis gruselige Spukgeschichte über eine Försterstochter, deren Verlobter sich dann doch im nahe gelegenen Mainz anderweitig verliebt und seine einstige Angebetete einfach sitzen lässt. In Passau wird die unglücklich verliebte Anna als eine Art "Weiße Frau" bei den Burgfestspielen in der Veste Oberhaus spuken. Eine Herausforderung für das Theater-Team, wenn es an lauen Sommerabenden noch hell ist und nicht – wie in einer Geistergeschichte zu erwarten – düster und dunkel. Aber da sei eben die Fantasie der Ausstattung, der Theatermacher gefragt, so Jürgen Pöckel.
Der italienische Verismus, der um 1900 angesagt war, steht ja im Ruf, mit recht grellen musikalischen Farben zu arbeiten, es eher zu übertreiben mit der Gefühlstemperatur. Das gilt auf jeden Fall für Mascagnis Einakter "Cavalleria Rusticana" über ein heißblütiges sizilianisches Eifersuchtsdrama, aber auch Puccini gilt eher als Komponist, der keine Berührungsängste zum sentimentalen Schmelz hat. "Man wollte eben das Leben auf der Bühne abbilden und keine historischen Figuren", sagt Jürgen Pöckel. "Und da war dann jedes Mittel recht und auch der italienische Überschwang. Aber Puccini ist schon ein Meister, der auch in seinem Opern-Erstling Maß zu halten versteht."
Ungewöhnlich, dass am Landestheater Niederbayern bei den Burgenfestspielen die populäre und bekannte "Cavalleria Rusticana" mit einem fast unbekannten Puccini-Werk kombiniert wird: Viel häufiger wird doch Leoncavallos "Bajazzo" dazu gestellt, zwei Hits an einem Abend sozusagen. Doch gerade das könne auch eine Bürde sein, meint Jürgen Pöckel. Zwei starke Stücke an einem Abend – da könne das ein durchaus das andere oft ein bisschen "töten".
Man wollte eben das Leben auf der Bühne abbilden und keine historischen Figuren.
Der Innenhof der Veste Oberhaus ist natürlich ein denkbar romantischer und somit perfekt passender Ort für italienischen Verismus. Wer Zeit hat, genießt vorher und nachher den spektakulären Ausblick über Passau und erklimmt die Festung zu Fuß. Weitere Vorstellungen in Landshut und Straubing folgen.
Passau: 23. Juni 2023, 19:30 Uhr, Veste Oberhaus
Landshut: 30. Juni 2023, 19:30 Uhr, Prantlgarten
Straubing: 11. Juli 2023, 19:30 Uhr, Theater am Hagen
Sendung: "Allegro" am 22. Juni 2023 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK
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