Das Münchner Ensemble "Opera incognita" hat sich für seine neueste Produktion das Müller'sche Volksbad als Spielstätte ausgesucht. Dabei trifft die Musik von Claudio Monteverdi auf Popsongs von Queen.
Bildquelle: © Aylin Kaip
Das plätschernde Wasser im blau leuchtenden Schwimmbecken spiegelt das schimmernde Licht der Theaterscheinwerfer auf die Jugendstilornamente des Müller'schen Volksbades in München. Oben, auf der Galerie der Damenschwimmhalle, eingequetscht zwischen der steinernen Balustrade und den hölzernen, dunkel gestrichenen Umkleidekabinen, legt das Orchester los. Unten schreiten zwei Darstellende in goldenen Roben genüsslich die symmetrisch um den Wasserspeier angeordneten Treppen ins Becken hinab. Sie beginnen um mondän wirkende Töpfe mit Palmen, die auf der Wasseroberfläche treiben, herum zu schwimmen, als badeten sie in Reichtum und Dekadenz.
Dieser Raum ist für Fortgeschrittene!
Auf einem schmucklosen Plastikstuhl am Ende des Beckens sitzt mit Regiebuch und Taschenlampe Andreas Wiedermann. Wie alle hier hat er nicht nur aufgrund der hohen Luftfeuchtigkeit in der Schwimmhalle Schweißperlen im Gesicht: "Wir haben einen wahnsinnig engen Zeitplan. Wir können erst ab 17 Uhr in die Damenschwimmhalle, also haben wir nur die Abendproben und müssen innerhalb einer Woche die Stellproben, jede musikalische Justierung, das gesamte Lichtdesign hier reinbasteln", erzählt der Regisseur der Produktion.
Frauke Mayer (Poppea), Karin Torbjörnsdóttir (Nerone), Carolin Ritter (Ottone) in der Produktion "Queen Poppea" | Bildquelle: © Aylin Kaip Andreas Wiedermann ist Mitbegründer von "Opera incognita". Ein Münchner Opernprojekt, das sich auf die Fahnen geschrieben hat, Opern auch für ein junges Publikum aufzubereiten. Für seine Produktion "Queen Poppea" hat sich das Ensemble also das Müller'sche Volksbad, ein Jugendstilbad gleich neben dem alten Münchner Gasteig, als Spielstätte ausgesucht. Keine einfachen Gegebenheiten, die das Team hier antrifft, nicht nur aufgrund der klimatischen Verhältnisse: "Auch die Kommunikation ist schwierig, der Raum ist ja überhallig. Man kann nicht einfach abbrechen und miteinander reden, man muss brüllen und die Leute zusammenrufen und wieder auf Position gehen lassen. Also dieser Raum ist für Fortgeschrittene!"
Genauso geht es auch dem musikalischen Leiter der Produktion Ernst Bartmann. Das Timing im extrem halligen Schwimmbad ist kompliziert, die Sängerinnen und Sänger müssen schon vor seinem Schlag einsetzen. Dennoch liebt das Team von "Opera Incognita" das Volksbad, man müsse nur die Not zur Tugend machen, erklärt Ernst Bartmann, die plätschernde Geräuschkulisse akzeptieren und eben auf andere Instrumente umsteigen. "Wir haben gesagt, dass hier eine Aufführung mit historischen Instrumenten allein durch die Luftfeuchtigkeit nicht funktionieren würde. Und durch unsere Kombination mit den Queen-Songs sind wir dazu übergangen, das Stück im Kleid des 21. Jahrhunderts zu sehen und mit E-Cembalo, E-Bass und dergleichen zu hantieren."
Wasser ist ein wunderschönes Element, das einem Eleganz verleiht.
Ja, richtig gehört: Queen-Songs. Denn als ob das Schwimmbad noch nicht Experiment genug wäre, wird dem Renaissance-Komponisten Claudio Monteverdi Musik von Freddy Mercury zur Seite gestellt. Eine passende Kombination, findet Ernst Bartmann, denn eigentlich strahlten sowohl die Musik von Monteverdi als auch die Songs von Queen ein ähnliches Lebensgefühl aus. Die Hauptrolle der Produktion – Poppea – singt Frauke Mayer. Sie wagt während der Aufführung sprichwörtlich den Sprung ins kalte Wasser und singt auch mal beim Rückenschwimmen. Kein Problem für sie, das schwierigste sei eher, das Orchester zu hören.
Carolin Ritter (Ottone), Karin Torbjörnsdóttir (Nerone), Frauke Mayer (Poppea) in "Queen Poppea" | Bildquelle: © Aylin Kaip Starke Bilder erschafft "Opera incognita" im Müller'schen Volksbad. Und für alle, die weder die Texte der Oper noch der Queen-Songs kennen, gibt es oben an der Wand, unter den Eidechsen- und Hummerornamenten, die deutsche Übersetzung zu lesen. "Queen Poppea" ist genau das Richtige für Musikfans, die etwas Neues erleben wollen. Oder auch für verirrte Badegäste von nebenan. Die erfüllen zumindest schon mal den Dresscode. Denn eines steht fest: je lockerer das Publikum angezogen ist, desto besser. Bei der Inszenierung kann nämlich schon mal Wasser spritzen. Und das wäre doch schade um die teure Abendgarderobe ...
Sendung: "Leporello" am 25. August 2023 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK.
Kommentare (1)
Samstag, 02.September, 19:13 Uhr
Zeh, Claudia
Je lockerer die Leute Angezogen sind...
klingt ja gut aber ein Paar mit Kind 6 Jahre alt wird rausgeschmissen, weil die ältere Herrschaft nicht ein paar Fragen im Flüsterton erträgt. Was macht man eigentlich mit Erwachsenen, die ständig mit dem Handy vor der Nase filmen und ständig quatschen??? Natürlich haben wir drei Mal für Erwachsene bezahlt. Summa Summrum wird der Eindruck erweckt es wüdde sich um etwas ein etwas anderes "Projekt" handeln mit sagen wir Mal einer gewissen offeneren Haltung. Pustekuchen.... keine 30 Minuten durften wir bleiben... geplant waren ihnen maximal eine Stunde, da wir ja auch den Nachwuchs, der gut genug zum Rente bezahlen ist ja schließlich ins Bett bringen müssen.