Katharina Wagner äußert sich zum Missbrauch des Namens ihres Urgroßvaters durch die Söldnertruppe von Jewgeni Prigoschin. Und nutzt die Gelegenheit für ein Plädoyer für künstlerische Innovation in Bayreuth.
Bildquelle: BR/Deutschen Filmförderfonds/Filmfernsehfonds Bayern/Filmförderungsanstalt/Filmwelt Verleihagentur/MDR/Naxos Music Group/Ralf Richter/Roland Wagner
Der Walküren-Ritt als Soundtrack zum Angriff der Kampfhubschrauber im Filmklassiker "Apocalypse Now": für Katharina Wagner ist das nur ein Beispiel und zugleich die künstlerische Zuspitzung einer langen Tradition. Immer wieder sei Wagners Musik mit Krieg, Nationalismus, Antisemitismus und "politischem Wahn" in Verbindung gebracht worden, sagt Katharina Wagner in einem Gastbeitrag "Mein Blick auf Prigoschins Wagner-Söldner" für "Die Welt".
Anlass ihrer Wortmeldung ist die nach Richard Wagner benannte Söldnertruppe von Jewgeni Prigoschin. Dessen Begeisterung für Wagner habe einen traurigen Anlass: "Es ist nun gar nicht zu leugnen, vielmehr muss immer wieder herausgearbeitet werden, wie sich im Werk meines Urgroßvaters die übelsten Formen politischen und rassistischen Wahns in das dramatische Geschehen einfügen." Trotzdem sei bereits die Okkupierung von Wagners Werk durch die Nationalsozialisten abscheulich gewesen. Und wenn "sich ein russisches Söldnerheer, dessen Grausamkeiten nicht zu überbieten sind, den Namen Wagner auf ihre blutigen Fahnen schmiert, dann stockt nicht nur mir der Atem."
Die Festspielleiterin ergreift in ihrem langen Text aber auch die Gelegenheit, die Bayreuther Festspiele unter ihrer Ägide deutlich von dieser belastenden Tradition abzusetzen. Offenbar sieht sie in der kritischen Befragung der Werke ihres Urgroßvaters durch innovative Regiekonzepte eine Antwort darauf. Auf der Suche nach einem "zeitgenössischen, modernen Bayreuth" habe sie sich an der Neuausrichtung der Festspiele in der Nachkriegszeit der 1950er-Jahre orientiert. Sie verteidigt künstlerische Neuerungen und den Werkstattcharakter des Festivals. Eine Ästhetik, für die sie als Festival-Chefin auch immer wieder angegriffen wurde, wie jüngst von Ioan Holender. Und zeichnet so eine Vorstellung von einem "modernen, gelebten Konservatismus", den sie in Bayreuth pflege.
Ein Beispiel für diesen "modernen Konservatismus" ist für sie die Aufnahme von Wagners Frühwerk "Rienzi" in den offiziellen Spielplan der Festspiele. Wagner selbst hatte den "Rienzi" nicht für bayreuthwürdig befunden. Für seine Urenkelin gehört das Frühwerk jedoch nun offenbar zum Kanon: "Und ich bin sicher, Richard Wagner hätte in seiner künstlerischen Rastlosigkeit aus heutiger Sicht seine Freude daran gehabt."
Kommentare (5)
Donnerstag, 13.Juli, 23:07 Uhr
Walter Lange
Katharina Wagner über die Wagner-Truppe
Katharina Wagner hat völlig recht, daß die Musik ihres Großvaters immer wieder mit Krieg, Tod und politischem Wahnsinn in Verbindung gebracht wird. Aber ist nicht auch der Tod von Richard Wagner immer noch von Zweifeln und Ungewissheiten umgeben? Warum taucht z. B. der Name Carrie Pringle, der britischen Sängerin, nicht in den Beschreibungen von Wagners Ende auf? Sie sollen ein Liebesverhaeltnis miteinander gehabt haben, über das es zwischen Richard und Cosima - kurz bevor er starb - zu einer heftigen Auseinandersetzung gekommen sein soll.
Mittwoch, 12.Juli, 17:48 Uhr
Iris Arnold-Pellenat
Wagner
In Rienzi stockte mir der Atem, war sehr gerührt von diesem Werk, es passt wunderbar in dieser Zeit, welche Mütter geben ihre Söhne als Kanonenfutter hin ?
Mittwoch, 12.Juli, 11:15 Uhr
Herby Neubacher
Wagner
Ihr stockt der Atem oh Schreck. Sie.sollte mal hinter sich auf die Bühne gucken und den Mist wahrnehmen den sie dort regietechnisch zulässt. Da stockt dem Publikum der Atem. Due Wagner Gruppe kommt nicht nach Bayreuth aber der schlechte Geschmack ...
Mittwoch, 12.Juli, 09:50 Uhr
Dorfrichter Adam
Tannhäuser/Kratzer
Die - m. E. hervorragende - Tannhäuser-Inszenierung von Kratzer hat wohl kaum das Publikum vergrault, sonst wäre sie in ihrem letzten Jahr 2023 nicht ausverkauft (was sie beim Online-Direktkauf auch relativ schnell war, die zeiweilige gelbe Ticketampel dürfte auf den üblichen Rückläufern beruht hsben). Dass sie einigen wenigen "Unbeschuhten Wagnerianern" (H. Rosendorfer), die bei Videotechnik und einer dunkelhäutigen Drag Queen sofort Schnappatmung bekommen, missfällt, ist hinzunehmen.
Zum Ring von Schwarz will ich mich nicht äußern, den habe ich erst für nächstes Jahr eingeplant.
Dienstag, 11.Juli, 19:04 Uhr
Jürgen
Regie
Holander hat Recht.einige Inszenierungen wie Tannhäuser und Ring sind wohl nicht in seinem WagnersSinne.man vergrault systematisch das Stammpublikum und die Jungen können und wollen die Preise nicht zahlen. Schade um das Fluidum und die Begeisterung,die Bayreuth zum Glück noch heute eingeschränkt ausstrahlt.