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Laienchöre in Franken Zukunftssorgen?

Der Nachwuchs bleibe weg. Diese Klage, hört man in der Chorszene oft, vor allem bei den Kirchenchören. Aber stimmt sie auch? Die Statistik erzählt etwas anderes. BR-KLASSIK-Reporter Quirin Seilbeck war in Franken unterwegs.

Chorsingen | Bildquelle: picture-alliance/dpa

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Zukunftssorgen?

Laienchöre in Franken

Ein heller Raum mit knarzendem Holzboden im Pfarrheim St. Georg bei Nürnberg-Ziegelstein: Der Palestrina-Chor probt für sein nächstes Konzert. Am Flügel sitzt Chorleiter Rolf Gröschel und dirigiert. Was da klingt, ist allerdings eindeutig keine Renaissance-Musik. Die 20 Sängerinnen und Sänger proben gerade ein "Ave Maria" von Rachmaninoff. In den Konzerten des Chores steht also nicht nur alte, sondern auch romantische Musik auf dem Programm.

Ein Chor in Nachwuchssorgen

Rolf Gröschel hat den Chor 1977 Palestrina zu Ehren gegründet und leitet ihn somit seit fast 50 Jahren – ehrenamtlich! Inzwischen dirigiert der 85-jährige nur noch im Sitzen. Und sollte sich einmal kein Nachfolger finden, wird der Chor wahrscheinlich aufgelöst. Ob ihm das Sorgen bereitet? Früher vielleicht, sagt er. "Aus dem Alter bin ich raus, dass mir das Sorgen machen muss. Ich habe meinen Teil dazu getan, Jahrzehnte lang, und jetzt müssen Jüngere kommen, die das machen."

Jetzt müssen Jüngere kommen, die das machen
Rolf Gröschel, langjähriger Chorleiter

Gröschl weiß allerdings auch: Der Nachwuchs lässt sich nicht mehr so leicht locken wie früher einmal, "schon gar nicht mit Palestrina oder Lasso".

Fränkischer Sängerbund blickt optimistisch in die Zukunft

Dem widerspricht Gerald Fink. Der Musikwissenschaftler und Bundeschorleiter des Fränkischen Sängerbunds, hat die gesamte Laienchorszene in Franken und der nördlichen Oberpfalz im Blick. Und zweite Überraschung: seiner Beobachtung nach, hat es nicht mit dem Repertoire zu tun, ob Chöre attraktiv für junge Menschen sind oder nicht. "Junge Leute lassen sich auch für Renaissance-Musik sehr begeistern. Ebenso wie meine Generation sich auch für Gospel begeistern lassen kann. Die Musik ist eigentlich gerade das Bindemittel, das diese Generationen-Grenzen überwinden kann."

Laut Fink zählt der gesamte Verbund aktuell über 30.000 Sängerinnen und Sänger, verteilt auf 1426 Ensembles. Die Tendenz zeige zwar, dass viele Chöre wie der Palestrina-Chor auf Grund ihres Alters oder mangels Chorleitung vor dem Aus stünden. Dem stünde aber auch eine ansehnliche Zahl an Neugründungen gegenüber. Schon allein deshalb blickt der Fränkische Sängerbund optimistisch in die Zukunft.

Singen ist ein gutes Lebensmittel – und zwar für Jung und Alt
Gerald Fink, Fränkischer Sängerbund

Eines sollte sich allerdings dringend verbessern: Singen müsse wieder selbstverständlicher werden, sagt Fink: "in den Kindertagesstätten, in den Seniorenheimen, in den Schulen ... an jeder Stelle muss man mit Singen in Berührung kommen. Und dann wird sich auch die Chorszene wieder so diversifizieren, dass kein Chor wegen Mitgliedermangel schließen muss." Und egal ob Kirche oder Konzertsaal, ob alte oder neue Musik, Gerald Fink ist sich sicher: "Singen ist ein gutes Lebensmittel – und zwar für Jung und Alt."

Am Ende der Probe des Palestrina-Chors erklingt natürlich doch noch Renaissance-Musik: Rolf Gröschel dirigiert das "Jubilate Deo" von Orlando di Lasso. Man merkt allen Beteiligten an, dass sie dieses Repertoire aus dem Effeff beherrschen – es ist und bleibt eben die DNA des Chores. Und die möchte Rolf Gröschel noch möglichst lange in Gottesdiensten und Konzerten verbreiten. Solange ihm Gott die Kraft dazu gebe, sagt er.

Sendung: "Allegro" am 3. Mai ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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