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Donnerstag, 03.10.2019

12:30 bis 13:00 Uhr

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Mads Pankow stellt die ganz großen Fragen: Wie könnte ein automatisierter Staat aussehen? Werden wir in Zukunft von Algorithmen regiert, oder braucht es in der Politik und sogar in der Bürokratie Menschlichkeit damit es gerecht zugeht? | Bildquelle: BR

Bildquelle: BR

Backstage Talks | Zündfunk Netzkongress 2018

Algorithm rules! Wenn künstliche Intelligenz entscheidet

Ein Algorithmus schickt das Kindergeld automatisch aufs Konto, ganz ohne Antrag und Formular? Schön! Künstliche Intelligenz und Algorithmen sind eine riesen Chance, auch um Verwaltungsprozesse zu optimieren. Aber wollen wir der gläserne Bürger sein, dessen Verhalten stets analysiert und, so wie derzeit in China, auch sanktioniert wird? Wollen wir, dass der Preis unserer Flüge und Kleidung sich nach unserem Verhalten richtet? Künstliche Intelligenz und Algorithmen bergen auch Gefahren. Sie können ungerecht, sexistisch und rassistisch sein und sie könnten unsere Demokratie gefährden. Panik oder Party, das diskutieren Caro Matzko und Franziska Storz im Zündfunk Backstage Talk mit Mads Pankow, Max Schrems, Michael Seemann, Katharina Mosene und Francesca Schmidt.

Mitwirkende

 
Moderation Franziska Storz, Caro Matzko
Redaktion Armin Olbrich
Der Zündfunk Netzkongress 2018 stand unter dem Motto „Cashtag“ und warf die Frage auf, was uns das Netz wirklich kostet. Entsteht ein neuer digitaler Kapitalismus, oder wird das Netz Opfer des Turbo-Kapitalismus? Ist die Digitalisierung mit Algorithmen und künstlicher Intelligenz eine große Chance für unsere Gesellschaft, oder schafft sie einen Raum für noch mehr Ungerechtigkeit?

Im Backstage Talk sprachen Caro Matzko und Franziska Storz mit..
Mads Pankow - Er stellt die ganz großen Fragen: Wie könnte ein automatisierter Staat aussehen? Werden wir in Zukunft von Algorithmen regiert, oder braucht es in der Politik und sogar in der Bürokratie Menschlichkeit damit es gerecht zugeht? Mads Pankow hat in Marburg, Malmö und Weimar Medien-, Kultur- und Organisationswissenschaft studiert und sich auf technikphilosophische und -soziologische Fragen spezialisiert. Mit seinem Wissen berät er Ministerien, schaut in die Zukunft und fragt, welche Auswirkungen der digitale Wandel für unser Leben hat und wie Politik und Verwaltung darauf reagieren müssen.

Max Schrems - Europas Datenschutz-Held und Facebooks mutmaßlich gefährlichster Gegner. Er glaubt, dass die EU die Privatsphäre ihrer Bürger auch gegen die Interessen der großen US-Internetkonzerne schützen kann - und damit in der digitalen Welt wichtige Standards sichern würde. Bei den österreichischen Big Brother Awards 2011 bekam Max Schrems als 24-Jähriger den Ehrentitel Defensor Libertatis. Forbes zählte ihn zu einem der 30 wichtigsten Menschen unter 30 Jahren. Schrems hat Facebook vor der zuständigen irischen Datenschutzbehörde verklagt und führt seit 2011 Prozesse gegen den Konzern. 2013 hat der österreichische Jurist und Datenschutz-Experte gegen die Weitergabe von Daten europäischer Bürger an US-Behörden geklagt. 2015 gab ihm der Europäische Gerichtshof Recht und erklärte das zugrundeliegende „Safe-Harbour-Abkommen“ zwischen USA und EU für ungültig.

Michael Seemann – Digitalexperte und Philosoph, Kulturwissenschaftler und Publizist. Seine These: Durch den digitalen Wandel verändern zentrale Kategorien des Kapitalismus radikal ihren Sinn. Wenn Uber kein einziges Fahrzeug braucht, um den Transportmarkt auf den Kopf zustellen, oder AirBnB keine einzige Immobilie, um weltweit Unterkünfte anzubieten, wie ändern sich dann die Spielregeln? Braucht ein Wirtschaftssystem, dem Kapital, Eigentum, Profit, Konkurrenz oder Arbeitskraft nichts mehr bedeuten, morgen noch Geld? Der Kapitalismus steckt nach Seemanns Diagnose in einer tiefen Identitätskrise. Selbst wenn er überlebt, wird er kaum wiederzukennen sein.

Katharina Mosene und Francesca Schmidt – Die Netzexperten kämpfen gegen zunehmende Überwachung und ausufernde digitale Gewalt, die sich im Netz besonders gegen auch sonst benachteiligte Gruppen richtet. Die Tendenz, vorhandene Diskriminierungen unreflektiert zu übernehmen, sehen sie ebenso bei der Entwicklung von künstlicher Intelligenz. Programmierer würden damit sexistische oder rassistische Algorithmen produzieren, die in Zukunft gesellschaftliche Entscheidungen treffen. Mit dem 2018 gegründeten Verein „netzforma* wollen Mosene und Schmidt diesen Entwicklungen eine feministische Netzpolitik entgegensetzen.

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