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Album-Klassiker des Jazz vorgestellt im Gespräch - Vol. 19 Hören wir Classics und reden darüber

Unser Sende-Format "Hören wir Gutes und reden darüber" wurde in der Kategorie "Beste Sendung" mit dem Deutschen Radiopreis ausgezeichnet. Zu ausgewählten Terminen überraschen wir uns mit Album-Klassikern des Jazz.

Bildquelle: IDA Records

BR-KLASSIK - Classic Sounds in Jazz

Hören wir Classics und reden darüber Vol. 19 12.04.23

"Hören wir Classics und reden darüber" hier zum Nachhören - mit aus rechtlichen Gründen gekürzten Musikstücken.
In dieser Sendung haben sich Beate Sampson, Ulrich Habersetzer und Roland Spiegel zum neunzehnten Mal gegenseitig mit Alben überrascht: Niemand wusste vorher, was die jeweils anderen mitbringen würden. Über folgende drei Album-Klassiker des Jazz wurde in der Sendung gesprochen.

Barney Wilen: "La Note Bleue", IDA Records IDA 010CD

Manche kennen diesen Saxophonisten nur durch eine Graphic Novel, andere haben ihn definitiv schon gehört, aber nicht im Gedächtnis abgespeichert: Denn der Franzose Barney Wilen (1937 bis 1996) wirkte im berühmten Miles-Davis-Soundtrack zu dem Film "Fahrstuhl zum Schafott" (1958) mit. Der amerikanische Jazz-Leitwolf Miles Davis hatte für diese improvisierte Filmmusik vor allem französische Kollegen um sich versammelt - darunter jener Barney Wilen, der aber ansonsten über Frankreich hinaus nur wenig bekannt ist. Und das, obwohl er zum Beispiel auch 1960 auf dem Deutschen Jazzfestival in Frankfurt auftrat und 1967 bei den Donaueschinger Musiktagen ein Konzert mit indischen Musikern gab. In den 1980er Jahren wurde ein über den Jazz hinausgehendes Publikum auf ihn aufmerksam durch eine Graphic Novel über einen Jazzmusiker: "Barney et la Note Bleue" von Zeichner Jacques de Loustal und Autor Pierre Paringaux (im Deutschen 1989 erschienen unter dem Titel "Besame mucho"). Zu dieser Geschichte über Glanz, Aufstieg und Drogen-Absturz eines Jazzmusikers erschien auch ein Soundtrack. Den spielte Barney Wilen zusammen mit dem aus Guadeloupe stammenden Pianisten Alain Jean-Marie, dem Gitarristen Philippe Petit, dem Bassisten Riccardo del Frau und dem Schlagzeuger Sangoma Everett ein. Klassiker wie "Besame mucho" und "‘Round About Midnight" (im Duo Saxophon/Klavier) und "Whisper Not", aber auch Eigenkompositionen wie Barney Wilens im Titel auf James Joyce anspielenden "Portrait de l’artiste avec saxophone" erklingen darauf in nostalgietrunkener Melancholie, die wie französisches Kino zum Hören anmutet. Barney Wilen ist dabei als Saxophonist zu erleben, der elegante und ungewöhnliche Umschreibungen berühmter Themen findet und einen klaren, konturenscharfen Ton hat. Ein Musiker, den man durchaus wiederentdecken kann - und die gezeichnete Geschichte dazu auch. Sie stammt aus derselben Zeit, in der in Frankreich der Regisseur Bertrand Tavernier den großen Film "‘Round Midnight" mit Saxophonist Dexter Gordon drehte. Loustals und Paringaux‘ Graphic Novel ist eine schöne Ergänzung zu diesem Film: mit einem europäischen Musiker als Held einer bewegenden und gut erzählten Story.

"Coleman Hawkins encounters Ben Webster", Verve 0602498840368

CD Cover Coleman Hawkins encounters Ben Webster | Bildquelle: Verve (Universal Music) Bildquelle: Verve (Universal Music) Hier ist alles in Balance! Zwei Tenorsaxophonstars, begleitet von einer Allstar-Band, eine wunderbare Auswahl an Stücken, manche sehr bekannt, andere seltengespielte Perlen und am Beginn ein Blues, der lässiger, augenzwinkernder, groovender nicht sein könnte. "Coleman Hawkins encounters Ben Webster" heißt das Album, aufgenommen im Oktober 1957 und beide Tenorsaxophonisten werden begleitet von Pianist Oscar Peterson, Gitarrist Herb Ellis, Kontrabassist Ray Brown und Schlagzeuger Alvin Stoller. Produzent Norman Granz witterte wohl, dass sich ein Gipfeltreffen dieser beiden Meistersaxophonisten kommerziell ganz gut machen würde, dass es aber auch musikalisch so ein Leckerbissen sein würde, ahnte niemand. Die Töne und Klänge der beiden ergänzen sich perfekt: Hawkins zupackendes Spiel schlängelt sich mit ausgefuchsten melodischen Wendungen durch die Harmonien und sein die leichte Schärfe im Ton, ist der perfekte Kontrast zu Ben Websters himmlischem Sound, der Geschmeidigkeit pur ist, wie eine wärmende Decke legen sich seine Töne aufs Trommelfell. Sein Spiel hat zu jeder Zeit den Blues als Bezugspunkt, ist harmonisch weniger ausgefeilt als das von Hawkins, manchmal aber noch sinnlicher. "Coleman Hawkins encounters Ben Webster" ist ein Jazzklassiker, der unbedingt in jede Sammlung gehört. Eine Musik, die nichts beweisen muss und an der man sich wegen ihres entspannten Untertons und ihrer feinstofflichen Spannung nicht satthören kann!

Carmen McRae: "Carmen sings Monk", RCA Records Label PD83086

Cover: Carmen McRea sings Monk | Bildquelle: BMG Bildquelle: BMG Die am 8. April 1920 als Tochter jamaikanischer Einwanderer in New York geborene Carmen McRae hat am Beginn ihrer Karriere neben Gesangsengagements in der Count Basie Band, bei Earl Hines und Mercer Ellington in den späten 40er Jahren auch als Hauspianistin und Sängerin im Bebop-Tempel "Minton´s Playhouse" in New York gearbeitet. 1954 wurde sie zum "New Star" in der Kritikerumfrage des Down Beat Jazz Magazins gekürt, nahm ab dann in rascher Abfolge eine Reihe von Alben auf, tourte ab 1960 zunächst durch die U.S.A, wo sie auf allen wichtigen Festivals vertreten war, von Newport bis Monterey, und ließ sich 1967 in Kalifornien nieder. Perfekte Intonation, beeindruckender Stimmumfang, die kraftvolle Performance swingender Scats und gefühlvoller Balladen und die intelligente, gesangliche Textgestaltung von Songs gehörten zu ihren Stärken. Sie war nicht so berühmt wie ihre Freundinnen Billie Holiday und Betty Carter, aber doch eine ebenso eigenständige und beeindruckende Stimme des Jazz. Eines ihrer schönsten Alben ist ihr mit "Carmen sings Monk" gelungen, das sie 1988 mit dem wenig bekannten, großartigen Pianisten Eric Gunnison, dem Tenorsaxophonisten Clifford Jordan, dem Bassisten George Mraz und dem Schlagzeuger Al Forster einspielte. Mit dieser stellaren Band widmete sie sich den Kompositionen ihres 1982 verstorbenen, guten Freundes Thelonious Monk und präsentiert fünfzehn bezwingend swingende Versionen von Klassikern des Pianisten und Jazzsolitärs mit pointierten Texten von Jon Hendricks, Abbey Lincoln, Sally Swisher, Mike Ferro und Bernie Hanighen. Es sind zeitlos gültigen Interpretationen von Stücken wie "Blue Monk", "Straight no chaser", "Ruby, my Dear", "I mean you" oder "In walked Bud".

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