Auf dem Höhepunkt der Schäfermode komponierte der Pariser Jacques-Christophe Naudot die beste Musik dazu. Mit Dudelsäcken, Drehleiern und Flöten schuf er ländliche Rokoko-Idyllen.
Bildquelle: Chateau de Versailles
Im Rokoko war die Schäfermode auf ihrem Höhepunkt angelangt. Besonders der französische Adel liebte es ländliche Schäferidyllen in Form musikalischer Picknicks in barocken Gärten und Salons nachzuspielen. Die Musik dazu sollte pastoral sein mit jederart Flöten. Aber auch Sackpfeifen und Drehleiern waren wegen ihrer Volkstümlichkeit hochwillkommen.
Viele französische Komponisten wetteiferten damals mit ihren Schäfermusiken um die Gunst des Adels. Die vielleicht schönsten Pastoralkonzerte stammen von Jacques-Christophe Naudot. Der Pariser Flötenvirtuose und Komponist war der Musiklehrer zahlreicher Adelssprößlinge und hatte unter Aristokraten und reichen Bürgern etliche Gönner. Die rissen ihm seine Noten förmlich aus der Hand. Seine "Sechs Konzerte in vier Teilen für Drehleiern, Musetten, Querflöten, Blockflöten und Oboen, 2 Violinen und Bässe" waren besonders beliebt, gerieten aber nach dem Ende der Schäfermode in Vergessenheit.
Der Flötenvirtuose und Dirigent Alexis Kossenko hat Naudots Konzerte wiederentdeckt und mit Musikern seiner beiden Ensembles Les Ambassadeurs und La Grande Écurie eingespielt. Diese "Fantaisies Champetres - Ländlichen Phantasien" eignen sich bestens für eine Flucht aus dem grauen Alltag in ein barockes Schäferstündchen. Wirklich reizend sind Naudots beiden Konzerte für Musette, also Sackpfeife. Das sind zierliche Dudelsäcke mit zwei Melodiepfeifen, so dass man sie mehrstimmig spielen konnte. Diese angeblich so ländlichen Instrumente waren besonders in Adelskreisen populär.
Ähnlich beliebt war auch die Drehleier. Das mittelalterliche Streichinstrument wurde im barocken Frankreich mit einem lautenähnlichen Korpus versehen, hatte aber immer noch seine typisch schnarrenden Obertöne. Und natürlich darf in Naudots ländlichen Konzerten das Hirteninstrument schlechthin nicht fehlen: die Flöte. Der Flötenvirtuose liefert gleich drei entzückende Konzerte, eines für Blockflöte, eines für Querflöte und eines für Piccoloflöte. Alexis Kossenko und seine versierten Kollegen präsentieren uns mit großer Spielfreude und beträchtlichem Können Barockkonzerte auf teilweise recht ungewöhnlichen Instrumenten. Diese Schäferkonzerte von Jacques-Christophe Naudot ergänzen jede noch so gut sortierte Klassik-Sammlung aufs Schönste.
Jacques-Christophe Naudot
Les Ambassadeurs & La Grande Écurie
Alexis Kossenko (Leitung)
Label: Chateau de Versailles
Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 7. Januar 2024, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK