Carlo Gesualdo war ein italienischer Adliger, der während der Spätrenaissance Madrigale komponiert hat. Aus Rache brachte er seine Frau und ihren Liebhaber um.
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Eine Geschichte, die anmutet wie ausgedacht: Stoff für englische Krimis oder Hollywood-Filme. Es ist das Jahr 1590: Don Carlo Gesualdo, der Fürst von Venosa, ist 24, als er zum Mörder wird. Zusammen mit einigen Angestellten lauert er seiner Frau und ihrem Liebhaber auf und tötet sie auf brutalste Weise. Obwohl das Recht zu jener Zeit auf seiner Seite ist, bleibt er ein Leben lang schuldbeladen.
Der Mörder Gesualdo war ein äußerst begabter Komponist. Gerne wird die große Tiefe und Dramatik von Gesualdos Madrigalen und geistlichen Werken als psychische Folge der Bluttat gedeutet. Starke Erlebnisse hinterlassen auch starke Spuren: Gesualdo konnte seine Schaffenskraft kanalisieren und so außergewöhnliche Musik hervorbringen.
Ich werde schweigen, aber in meiner Stille
künden meine Tränen und Seufzer von meinen Qualen.
Und wenn ich sterben werde,
wird der Tod noch einmal für mich schreien.
Vergebens, o Grausamer,
wünschst du dir, dass meine Qual und deine Strenge verborgen bleiben,
denn mein grausames Schicksal
gibt der Stille und dem Tod seine Stimme.
In einer Zeit zwischen Renaissance und Barock bleibt Gesualdos Musik dem Stil der Vokalpolyphonie verpflichtet. Allerdings galt sein exzessiver Gebrauch von Chromatik und unerwartete Wechsel der Tonart – unter scheinbarer Missachtung kompositorischer Konventionen seiner Zeit – lange als exzentrisch. Gesualdo war jedoch keinesfalls ein Alleingänger und folgte mit seinen avantgardistischen Ideen auch Vorbildern – und war dafür von Zeitgenossen geschätzt und angesehen.
Für Komponisten des 20. Jahrhunderts war Gesualdo eine reiche Inspirationsquelle. Strawinsky bearbeitete in den 1950er Jahren einige seiner Madrigale, Komponisten wie Klaus Huber oder Claus-Steffen Mahnkopf beziehen sich in einigen Werken auf Gesualdo und es gibt sogar mehrere Opern über ihn – etwa von Alfred Schnittke, Salvatore Sciarrino und zuletzt 2010 Marc-André Dalbavie. Die Person Gesualdo hat auf diese Weise eine einzigartige Eigendynamik entfaltet: als tragische Figur und begnadeter Komponist, der tiefgreifende Erlebnisse ausdrucksstark in Musik setzten konnte.
Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 14. Oktober 2012, 13.05 Uhr auf BR-KLASSIK