Er war einer der Großen der historisch informierten Spielpraxis, der Musik vom Mittelalter bis heute interpretierte – immer mit dem Ziel, der Idee des Komponisten nahe zu kommen. Musik von Josquin, Purcell oder auch Strawinsky.
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Stichwort | 01.04.2012
Christopher Hogwood
"Ich habe erst sehr spät mit der Musik begonnen, etwa mit 14. Ich spielte Klavier, dann Cembalo, später ging ich nach Cambrigde und fing an, klassisches Philologie zu studieren, und dann wandte ich mich der Musik zu. Thurston Dart, Gustav Leonhardt, Mary Potts - das waren in dieser Zeit so meine Lehrer."
so fasste Christopher Hogwood die ersten 15 Jahre seines musikalischen Werdegangs zusammen. Immerhin - als schon zur zweiten Generation der Alten-Musik-Pioniere gehörend, musste er nicht alles selbst erforschen; es gab schon Lehrer. Schon als Student gehörte er außerdem mit David Munrow zur Gründungstruppe des Early Music Consort of London, wo er sich vor allem mit mittelalterlicher und Renaissancemusik befasste. 1973 gründete er dann die Academy of Ancient Music, damals eines der ersten Barockorchester auf historischem Instrumentarium in England. Wobei es ihm gar nicht ums Repertoire, sondern tatsächlich um Authentizität ging:
"Mich fasziniert nicht die Alte Musik - ich möchte einfach die Musik - jede Musik - so spielen, wie der Komponist hoffen würde, dass sie gespielt wird. Das gilt auch für Strawinsky."
Zu Beginn seiner Zeit mit der Academy standen Komponisten wie Purcell und Händel im Mittelpunkt, doch bald schon wurde die Besetzung für klassisches Repertoire erweitert, und so gehören etwa eine Aufnahme der meisten Klavierkonzerte und aller Symphonien von Mozart oder eines Teils der Haydn-Symphonien in den 80er und 90er Jahren zu den Meilensteinen seiner Arbeit mit dem Orchester. Insgesamt entstanden über 200 Aufnahmen, bevor Hogwood die Leitung der Academy 2006 abgab.
"Ich finde, nach 33 Jahren braucht ein Orchester einmal einen neuen Leiter."
Wobei er das Dirigieren nicht aufgab - nur war Hogwood dann bis zu seinem Tod im Jahr 2014 vor allem im besser bezahlten Bereich der modernen Symphonieorchester zugange, wo er sich häufig auch mit Komponisten des 20. Jahrhunderts, wie Strawinsky, Martinu oder Britten befasste. Doch war nicht seine einzige Beschäftigung - seine Zeit war exakt aufgeteilt: "50 Prozent Dirigieren, 50 Prozent Zeit für mich, für Aufnahmen, Forschung, Unterrichten und Editionen."
Denn auch das war - neben seiner Arbeit, seinen Auftritten als Cembalist - ein großes Interesse des Briten: Er gab Werke von so unterschiedlichen Komponisten wie Mendelssohn, Elgar, Strawinsky, Brahms, Mozart oder Purcell heraus, die er alle gleichermaßen schätzte. Er verfasste aber auch Biografien und wissenschaftliche Werke über einzelne Komponisten.
Einen Lieblingskomponisten hatte er jedoch nicht - er mochte die meisten:
"Ich habe keinen Liebling. Ich mag natürlich Haydn, Mozart, Bach, Händel - Beethoven mag ich nicht."
…und warum?
"Manche Leute sind Vegetarier..."
Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 1. April 2012, 13.05 Uhr auf BR-KLASSIK